Wahrheit

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"Als ich hier im Erebor war, war ich schon lange auf Reisen durch ganz Mittelerde. Ich war auf der Suche nach einem Ort, der für mich so etwas wie Heimat bedeutet. Elrond hatte zwar dafür gesorgt, dass Bruchtal auf eine gewisse Art und Weise meine Heimat wurde, doch trotzdem hat mich nichts lange dort halten können. Schließlich führt mich mein Weg hier her. Thror gewährte mir mich hier ein wenig auszuruhen und versorgte mich mit allen nötigen Dingen. Ich blieb einige Tage lang und fühlte mich so wohl wie schon lange nicht mehr", lächelt Naira kurz und ihre Gedanken wandern zu diesem besonderen Tag. "Aber dann passierte das, was ich nie für möglich gehalten hätte. Ich habe einen ganz besonderen Zwerg in diesen Hallen getroffen und mich Hals über Kopf in ihn verliebt", erzählt sie und läuft dabei sogar ein wenig rot an. "Ach, die junge Liebe bewirkt wahre Wunder", lächelt sie Balin großväterlich an.

"Ja, das sollte man meinen. Wir hatten jedoch nie die Chance richtig zu einander zu finden. Wir mussten uns immer wieder heimlich treffen, doch ich war so glücklich wie nie zuvor. Kurz bevor wir die Chance hatten ein richtiges Paar zu werden, bekam sein Großvater eine schreckliche Krankheit. Die Drachenkrankheit. Ich tat mein bestes, doch ich konnte nichts dagegen tun. Er versuchte sich nun um ihn zu kümmern und ich unterstütze ihn wo ich nur konnte. Doch dann geschah erst die richtige Katastrophe. Smaug kam und beanspruchte den Berg und seine Reichtümer für sich. Damals hatte ich nicht das Glück wie viele andere, sondern starb in den Flammen des Drachens", murmlt sie und sieht unsicher zu Balin. "Du bist damals gestorben?", fragt er verwirrt, "wie meinst du das? Du stehst doch hier lebendig vor mir." Unsicher kaut Naira an ihrer Unterlippe und erzählt Balin schließlich alles aus ihrer Vergangenheit.

"Ein wirklich schreckliches Schicksal, das auf deinen Schultern lastet", erwidert der alte Zwerg schließlich mitleidig, "aber wenn ich das alles nun richtig verstehe warst du die Zwergin die unserem damaligen Prinzen den Kopf verdreht hat." Ein Lächeln liegt auf seinen Lippen und freudig schließt er sie in seine Arme. "Meinst du, du könntest Thorin wieder zur Vernunft bringen?", fragt er Naira hoffnungsvoll. "Ich... ich weiß es nicht. Er wird mir gewiss nicht glauben", antwortet sie unsicher. "Versuche es. Du bist unsere einzige Hoffnung", versucht er das Mädchen zu überzeugen. All seine Hoffnungen liegen auf ihr, denn es scheint die einzige Möglichkeit zu sein den König zurück zu holen. Vor seinen Augen verwandelt sich Naira in die damalige Zwergin, die Balin mehr als bekannt ist und verschwindet wieder aus der Tür.

Naira findet Thorin schließlich in einem abgelegenen Gang. "Thorin", flüstert sie fast schon ängstlich. Erbost dreht sich der König unter dem Berge um, doch als er sieht wer da vor ihm steht wird er sofort kalkweiß im Gesicht. "Loelia?", fragt er völlig ungläubig und es scheint, als würde er wieder er selbst sein. Mit Tränen in den Augen nickt sie und läuft auf ihn zu. Überfordert breitet Thorin seine Arme aus und umarmt glücklich die Liebe seines Lebens. "Du bist gestorben, wie kann das möglich sein?", fragt er und hat selbst glasige Augen. "Ich erkläre es dir irgendwann einmal", weicht sie ihm aus und umfasst sein Gesicht mit ihren Händen. Kurz schließt er seine Augen und genießt einfach nur ihre Berührungen. Doch seine Gedanken schweifen ab und etwas verändert sich. Als Thorin seine Augen wieder öffnet hat sich ein Schatten über sie gelegt. "Geh weg von mir", meint er angewidert und entfernt sich hastig von ihr. "Thorin", verwundert mustert das Mädchen ihren Liebsten. "Du bist nicht real! Das ist bloß eine List", sagt er wütend und sieht sich hektisch um. "Was denn für eine List?", fragt sie perplext nach. "Das weißt du ganz genau. Einer von ihnen ist ein Verräter", zischt er voller Hass, "und jetzt schicken sie dich, um mich abzulenken. Aber nicht mit mir. Ich bin der König unter dem Berge, nur mir steht der Arkenstein zu. Nur mir!" Schon rauscht Thorin an ihr vorbei und das Mädchen weiß gar nicht genau was gerade mit ihrem Liebsten geschieht. Schnell rennt sie ihm hinter her. "Thorin!", ruft sie ihm hinter her, doch er bleibt nicht stehen. "Verdammt Thorin, bleib doch stehen!", doch wieder erreicht sie keine Reaktion bei dem Zwerg.

Naira erreicht ihn erst, als sie auf die anderen Zwerge und den Hobbit stoßen, die ihnen verwunderte Blicke zu werfen. "Thorin, sieh mich an!", befiehlt sie ihm und packt ihn am Arm. Langsam dreht er sich um und blanke Wut und Hass spiegeln sich in seinen Augen wieder. "Fass mich nicht an", zischt er Naira an und befreit sich aus ihrem Griff. "Thorin, ich bin es. Loelia", murmelt sie schon etwas verzweifelt und versucht wieder sein Gesicht zu umfassen. Doch sie hat keine Chance dazu, denn Thorin kommt ihr zuvor. Schnell greift er nach seinem Schwert und erhebt es bedrohlich gegen sie. Stumm laufen ihr einige Tränen über die Wange, doch sie erwidert seinen Blick stur. "Du wirst mich nicht täuschen. Nur mir steht der Arkenstein zu und keinem anderen!", schreit Thorin ihr ins Gesicht. "Verschwinde aus meinem Königreich! Solltest du jemals wieder herkommen bringe ich dich um!", schiebt er noch voller Hass hinterher. Immer mehr Tränen laufen über ihr Gesicht, doch mehr verrät ihr Gesicht nicht über ihre Gefühlslage. Stumm dreht sie sich daraufhin um und geht, ohne die Gemeinschaft mit einem weiteren Blick zu würdigen, durch die Eingangshalle und verlässt den Berg wieder. Was ist nur aus ihrer großen Liebe geworden?

Das verlorene MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt