Entscheidung

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Wütend sieht Naira zu Thorin, dem es bei ihrem Blick kalt den Rücken runter läuft. Doch er möchte es nicht einfach hinnehmen, dass diese Kreatur dort die Liebe seines Lebens sein soll. Es musste doch etwas geben, um sie wieder zurück holen zu können. "Loelia, bitte höre mir genau zu. Es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe. Ich war nicht ich selbst", versucht er einen Schritt auf sie zu zu machen. Doch sie reagiert nur wieder mit einem Fauchen. "Glaub mir bitte. Ich würde es mir nie verzeihen können dich ein weiteres Mal zu verlieren", startet er einen neuen Versuch. "Ich liebe dich Loelia", schiebt er noch traurig hinter her und sieht sie wehmütig an. Etwas verändern diese Worte in ihr, doch sie versteht das alles nicht. Diese Unwissenheit macht sie nur noch wütender. Ein letztes Mal faucht sie alle noch einmal an und erhebt sich dann in die Luft.

Weiter oben lässt sich Naira auf einem Felsen nieder. Was ist nur los mit ihr? Noch nie hat sie in diesem Zustand etwas gefühlt, geschweige denn ihre Taten überdacht. Alles dreht sich bei ihr nur um den Tod. Doch als sie Fili dort schwerverletzt am Boden liegen sah, konnte sie auf einmal etwas spüren. Mitleid und Trauer. Und dann auch noch die Worte von Thorin.Was sollte das bloß? Gefühle sind nicht für sie bestimmt! Wütend schreit sie ihren ganzen Frust heraus. "Naira", ertönt plötzlich eine Stimme. Verwundert sieht sie zu der Gestalt vor ihr. Sie ist fast durchsichtig und strahlt leicht ein blaues Licht aus. Es ist Fili. Oder eher gesagt seine Seele. "Naira, meine Zeit scheint hier wohl nun vorbei zu sein, aber deine nicht. Du musst nur wieder zu dir zurück finden und du selbst werden", meint er und sieht sie zuversichtlich an. Völlig überfordert sieht sie ihn an. Was soll das hier gerade werden? Sie reißt sich zusammen und lächelt ihn bösartig an. Entschlossen macht sie einen Schritt auf ihn zu und zwingt ihn durch sie hindurch in das Reich der Toten zu gehen.

Doch plötzlich scheint eine Art Barriere da zu sein und Fili und Naira werden auseinander geschleudert. Verwirrt rappelt sich Naira wieder auf und sieht verwirrt zu der Seele des Zwergenprinzens. Wütend versucht sie es erneut, doch wieder gelangt er nicht ins Reich der Toten. "Was ist das?", fragt dieser auch sichtlich verwirrt. "Was hast du nur getan?", schreit sie ihn wütend an. Verständnislos sieht sie Fili an. "Ich habe gar nichts getan", verteidigt sich dieser. Plötzlich taucht eine weitere Seele auf. Geschockt weiten sich Filis Augen. "Kili", haucht er tonlos und nimmt seinen Bruder fest in den Arm. "Nicht du auch noch Brüderchen", murmelt er traurig, woraufhin ihm Kili ein wehmütiges Lächeln schenkt. Doch Naira ist immer noch wütend und die beiden Brüder vor ihr verbessern ihre Gefühlslage definitiv nicht. "Was habt ihr mit mir angestellt?", schreit sie nun beide Zwergenprinzen an, "warum fühle ich plötzlich etwas? Macht, dass es aufhört!" Nun klingt sie schon fast verzweifelt und sackt kraftlos auf ihre Knie. Sie fühlt sich fast so, als würde eine Mauer in ihr die Gefühle die ganze Zeit zurückhalten. Doch nun scheint diese Mauer Risse bekommen zu haben und vereinzelt gelangen verschiedene Gefühle hindurch.

Etliche Momente vergehen und keiner der drei weiß genau wie viel Zeit vergeht, doch alle verharren still in ihren Positionen. Doch plötzlich taucht wieder jemand neben ihnen auf. Naira hebt genervt ihren Kopf, jedoch weiten sich ihre Augen sofort, als sie sieht wer derjenige ist. "Onkel", murmeln Kili und Fili bedrückt. "Was ist das hier?", verwirrt blickt sich Thorin um. "Eigentlich müssten wir durch den Anker in das Reich der Toten, aber irgendetwas stimmt nicht. Wir kommen nicht durch", antwortet Fili und deutet dabei auf Naira. Immer noch starrt sie Thorin mit weit aufgerissenen Augen an. Ihre Mauer bekommt immer mehr Risse bei dem Anblick der drei Zwerge vor ihr. Das die Seelen der drei wichtigsten Personen, der menschlichen Naira, nun vor ihr stehen, setzt ihr mehr zu als es eigentlich sollte. Letztendlich schafft sie es nicht ihre Mauer weiterhin stabil zu halten und mit einem markerschütternden Schrei ihrerseits bricht sie schließlich zusammen. All die Gefühle, die sie vorher nie spüren konnte brechen auf sie ein und sie verliert ihre angsteinflößende Gestalt. Sie wird wieder zu der menschlichen Naira, oder besser gesagt wird sie wieder zu der Zwergin Loelia.

Tränen strömen über ihr Gesicht, als sie ihren Blick wieder hebt. Doch die drei sind auf einmal verschwunden. Schnell rappelt sie sich auf und klettert so schnell sie kann zurück zu den Ruinen. Dort angekommen breitet sich ein schreckliches Bild vor ihr aus. Die Gemeinschaft steht zusammen um drei am Boden liegende Körper und haben alle die Köpfe gesenkt. "Nein, nein, nein!", murmelt sie mit tränenerstickter Stimme und rennt auf sie zu. Sofort machen alle für sie Platz. Schluchzend lässt sie sich neben Thorin nieder und nimmt sein Gesicht in ihre Hände. "Thorin", murmelt sie und heiße Tränen laufen ihr über die Wange. Sanft streicht sie ihm eine Strähne aus dem Gesicht. "Ich weiß, dass du noch hier bist. Bitte komm zurück zu mir", fleht Naira ,"ich liebe dich auch Thorin Eichenschild!" Sanft drückt sie ihm einen letzten Kuss auf die Lippen.

Plötzlich durchfährt Naira ein eiskalter Schauer und ihr ganzer Körper fängt an zu kribbeln. Ein Raunen geht durch die Gemeinschaft und einige treten einen Schritt zurück. Sprachlos weicht auch Naira etwas zurück. Etwas bläulich leuchtendes schwebt über Thorin. Langsam legt es sich über den König unter dem Berge, bis es schließlich vollkommen verschwunden ist. Plötzlich schnappt Thorin nach Luft und richtet sich auf. Sein Atem geht schnell, als wäre gerade auf der Flucht gewesen. Verwirrt dreht er sich um und bleibt schließlich bei Naira hängen. Sofort legt sich ein warmherziges Lächeln auf seine Lippen und er versucht aufzustehen. Doch seine Kräfte scheinen noch nicht vollkommen da zu sein, weshalb er kurz wieder zusammen bricht. Direkt ist Naira bei ihm und stützt ihn, damit er aufstehen kann. Plötzlich erscheinen auch über Fili und Kili diese bläulichen Lichter. Kurz darauf schnappen auch sie nach Luft. Sie scheinen ebenfalls mächtig verwirrt zu sein, doch lächeln als sie anscheinend verstehen was passiert ist.

"Was ist gerade passiert?", unterbricht als erstes Bilbo die Stille und spricht wohl das aus, was sich gerade alle fragen. "Loelia hat die richtige Wahl getroffen", lächelt Gandalf, den bis dahin keiner bemerkt hatte. Lächelnd sieht das Mädchen zu dem alten Zauberer. "Ja, das habe ich wohl und das nur dank euch", lächelt sie Kili, Fili und Thorin an. Langsam erwachen wohl auch die restlichen Zwerge aus ihrer Starre und laufen glücklich auf die drei Totgeglaubte zu. Freudig werden alle in die Arme geschlossen und einige Freudentränen werden vergossen. Lächelnd tritt schließlich Balin vor Naira. "Wie auch immer du das angestellt hast, danke", meint der alte Zwerg und zieht sie in eine feste Umarmung. "Ich weiß es selbst nicht Balin, aber ich weiß, dass ich nun glücklich bin", lächelt sie ihn ebenfalls an und erwidert die Umarmung.

Das verlorene MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt