Kapitel 36

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Emilie schlief schon längst, als Draco erneut schreib.

Ich hab ein Problem." schrieb er. „Was ist los? Was für ein Problem? Warum ruft Voldemort dich, in der Schulzeit?" schrieb Hermione aufgeregt. „Er hat einen Auftrag für mich. Also, er hatte schon am Anfang des Schuljahres einen Auftrag für mich." antwortete er sofort. „Was für einen Auftrag?" fragte Hermione. Was wollte Tom von Draco? „Er wollte, dass ich das Verschwindekabinett, welches im Raum der Wünsche versteckt wurde repariere, damit die Todesser Hogwarts übernehmen können. So war der Auftrag am Anfang des Jahres." schrieb er. Erschrocken sog Hermione Luft ein. „Tust du, was er verlangt?" fragte Hermione. Angst machte sich in ihr breit. Sie hatte sich mit Draco angefreundet. Er war ihre einzig wahre Bezugsperson. „Ja." schrieb er. Entsetzt schleuderte Hermione das Pergament weg. Er hatte sie verraten? Wie lange würde es dauern, bis die Todesser in Tom Riddles Schulzeit kamen, um sie zu töten. Plötzlich leuchtete das Pergament wieder auf. „Auf Dumbledores Wunsch." stand da. Hermione verstand die Welt nicht mehr. Warum wollte Dumbledore das? „Weil der dunkle Lord mir vertrauen muss."


Na gut... Und was ist dein Problem jetzt?" fragte Hermione. Irgendwie war das einleuchtend. Aber wie konnte Dumbledore nur zulassen, dass ein Junge von 16 Jahren für ihn spionierte? Er war doch noch ein Kind, so wie sie! „Er verlangt von mir, dass ich Dumbledore töte." schrieb er. Hermione keuchte auf. „Wenn ich es nicht tue, tötet er meine Eltern und mich." schrieb er hinzu. „Dumbledore will, dass ich es tue."
Tu es nicht." schrieb Hermione. Hermione sah zu Emilie, welche tief und fest schlief. Sie konnte doch nicht zulassen, dass der Enkel dieses Mädchens zu einem Mörder wurde. Zum Mörder von Albus Dumbledore! Draco würde nie und nimmer damit klarkommen, dass er jemanden getötet hatte. Das er seinen Schulleiter getötet hatte, dem er loyal gegenüberstand. „Hermione, ich habe keine Wahl! Entweder Dumbledore oder meine Eltern und ich. Was würdest du wählen? Das Leben meiner Eltern steht auf dem Spiel. Und seit mein Vater das in der Ministeriumsabteilung vermasselt hat, steht die Familie Malfoy nicht sonderlich gut da." antwortete Draco. Ja, was würde sie tun? Natürlich konnte sie Dracos Denkweise verstehen. Sie würde wahrscheinlich auch eher morden, als zulassen, dass man ihren Eltern etwas antat.

Es ist nicht fair. Wie kann man nur Kinder in den Krieg ziehen lassen? Und damit spreche ich nicht nur gegen Tom, der dich im Krieg einsetzt. Ich meine auch Dumbledore. Schon seit der ersten Klasse haben Harry, Ron und ich mit Tom/ Voldemort zu kämpfen gehabt. Dabei waren wir noch Kinder. Wir sind es jetzt noch immer. Nur weil du ein Malfoy bist? Nur weil Harry der Junge der lebt ist? Nur weil Ron und ich seine besten Freunde sind? Das ist kein Grund uns da rein zu ziehen. Natürlich möchte ich für eine friedliche Zukunft kämpfen, aber irgendwie hatten wir auch nie wirklich die Wahl. Außer vielleicht damals, in der ersten Klasse. Aber du und Harry, ihr hattet nie die Wahl. Ihr wurdet da einfach hineingeboren und... es ist einfach nicht fair." schrieb Hermione. Völlig aufgelöst fuhr sie sich durch das lockige Haar. Ihr war dies noch nie so bewusst gewesen, wie in dieser Nacht. Weinend saß sie auf dem Bett und wartete mit Tränen getränkten Augen auf die Antwort von Draco.

Du hast recht. Es ist nicht fair. Und wenn ich ehrlich bin, würde ich mich lieber aus diesem ganzen Scheiß raushalten und ein ganz normaler Teenager sein, aber das geht nicht. Ich muss rund um die Uhr das böse Arschloch Draco Malfoy sein und kann mir meine Freunde nicht selbst suchen. Mein ganzes Leben wurde immer von meinen Eltern, dem dunklen Lord und der Gesellschaft bestimmt." schrieb Draco. „Tu das nicht, Draco. Bitte." schrieb sie schnell zurück. „Ich konnte mir meine Freunde nicht selbst aussuchen. Ich habe nie etwas frei beschlossen. Doch. Eine Sache. Ich habe beschlossen gut zu sein, auch wenn das mein Tod sein kann. Wird. Wer weiß." antwortete er. Hermione wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht und schniefte. Er tat ihr leid. Irgendwie schien er das nie so wirklich gewollt zu haben.

Hermione zweifelte nicht daran, dass er früher bis zur dritten Klasse tatsächlich alles als richtig empfand. Aber ab der vierten Klasse hatte er sich verändert, ohne dass sie es wirklich bemerkt hatte. Natürlich hatten seine Stichelleien oder Beleidigungen nie aufgehört, doch sie waren weniger hart und seltener geworden. Und seitdem Voldemort tatsächlich wieder unter den lebenden weilte, war er gänzlich ein anderer Mensch geworden. Und niemand hatte darauf geachtet. „Es tut mir so leid, Draco." schrieb sie. Ihr fiel einfach nichts Besseres ein. Keine Worte konnten jetzt beschreiben, was sie fühlte. Sie war aufgelöst. Weinte und wollte einfach wieder zurück in ihre Zeit und Draco in den Arm nehmen, denn sie war sich sicher, dass er ebenso wie sie weinte und um ein besseres Leben trauerte.

Die ganze Nacht hatte Hermione nicht schlafen können. Sie hatte noch lange mit Draco geschrieben und darüber philosophiert, wie ihr Leben wohl ohne den dunklen Lord verlaufen wäre. Ob sie wohl Freunde geworden wären oder ob sie auch so Feinde gewesen wären. „Hey, du siehst echt... scheiße aus. Hat Draco geantwortet?" fragte Emilie, als sie aus dem Bad kam. „Ich antworte dir später. Ich muss erst ins Bad und mich fertig machen." sagte Hermione knapp und huschte ins Badezimmer.

„Und?" fragte Emilie, als Hermione wieder aus dem Badezimmer kam. „Emilie... glaub mir, du willst nicht wissen, was Draco tun soll. Es ist schrecklich. Solche Dinge möchtest du nicht über deinen Enkel hören." antwortete Hermione. Sie wollte ihre Freundin nicht mit den Problemen aus ihrer Zeit belasten. Es reichte, wenn eine von ihnen von den Sorgen zerfressen wurde. Doch anstatt das Emilie es dabei beließ, sah sie Hermione abwartend ab. „Ein anderes mal, okay? Ich muss damit erst einmal selbst fertig werden." wimmelte Hermione sie ab. Niedergeschlagen nickte Emilie. „Komm. Lass uns frühstücken gehen." murmelte die Schwarzhaarige.

Kann man jemanden lieben, den man eigentlich hassen sollte?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt