Kapitel 65

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„Bei Merlin" keuchte Hermione und klammerte sich am Treppengeländer fest. Sie hatte Tom einen Moment lang unschlüssig angestarrt und war dann aus dem Gemeinschaftsraum geflüchtet. Sie war in die Eingangshalle gerannt und die erste Treppe hinaufgestiegen. Während des Rennens hatte sie ihren Zeitumkehrer hervorgeholt und sich in ihre Zeit bringen lassen. Es war ihr egal gewesen, wie viele Schüler sie dabei beobachtet hatten. Sollten sie doch wissen, dass sie Zeitreisende war, sie würde wahrscheinlich eh nicht lebend zurückkehren.


Es war still. Zu still, für die Schlacht, die folgen musste. Wo waren denn alle? Plötzlich hallte ein greller, lauter Schrei durch das ganze Schloss, dann folgte ein nächster. Sie drehte sich um und kam zum Entschluss, dass die Schreie aus der großen Halle kommen mussten. Sie hastete die Treppen hinab in die Eingangshalle und stieß die schweren Türen der großen Halle auf. Die ganze Schule hatte sich in der Halle versammelt, Harry und Draco in der Mitte aller. Sie starrten Hermione an, doch niemand kam dazu etwas zu sagen, denn plötzlich hallte die kalte Stimme Voldemorts durch die Halle. „Ich weiß, dass viele von euch entschlossen sind, zu kämpfen. Einige von euch halten es wohlmöglich sogar für klug. Aber es ist Irrsinn!" Voldemorts Stimme war eisig kalt, so kalt, dass sich die Raumtemperatur senkte und die Fackeln an den Wänden beinahe erloschen. „Gebt mir... Harry Potter." Es war eine Art lautes Flüstern. Die Stimme war so laut, dass jeder sie hören konnte, doch dies lag nur an dem Zauber. „Hört auf mich, dann wird niemand zu Schaden kommen. Gebt mir Harry Potter und ich lasse Hogwarts unversehrt. Gebt mir Harry Potter und ihr werdet belohnt." Harrys Name hallte einige Sekunden lang durch den Raum. „Ihr habt eine Stunde Zeit."


So schnell die bedrückende Stimmung und die Dunkelheit gekommen war, so schnell ging sie auch wieder. Das Feuer in den Fackeln stieg auf und die Schüler atmeten auf. Alle starrten Harry an. Gespannt, was er nun sagen würde. Doch noch bevor er etwas sagen konnte, trat Pansy Parkinson hervor. „Worauf wartet ihr alle noch? Jemand muss ihn schnappen!" Hermione schritt durch die Halle zu Harry und auch Ginny stellte sich schützend neben ihn. Draco hingegen blieb ganz ruhig. Immer mehr Schüler traten vor, die Patil-Schwestern, Luna, Cho, Neville und auch Ron tauchte mit Kingsley von irgendwoher auf.
„Schüler aus den Betten! Schüler aus den Betten!" Der Hausmeister kam mit seiner Katze auf dem Arm in die große Halle gestürzt. „Sie wurden angewiesen ihre Betten zu verlassen, sie jämmerlicher Trottel!" entgegnete Professor McGonagall. „Oh, Entschuldigung..." murmelte Filch betroffen. McGonagall schritt auf den Squib zu. „Aber zufällig, Mr Filch, sind sie genau zum richtigen Zeitpunkt erschienen. Begleiten Sie doch bitte Miss Parkinson und alle, die nicht kämpfen können und wollen in die Kerker und sorgen dort für ihre Sicherheit." wies sie ihn an. Völlig bedeppert nickte er und eilte mit gut 50 Schülern in Richtung Kerker. Kurz war es still in der großen Halle, niemand schien zu wissen, wie so ein Krieg denn jetzt wirklich ablief. Zugegeben – Hermione hatte von sowas auch keine Ahnung, doch irgendjemand musste doch etwas tun, oder nicht?


Sie klatschte in die Hände und zog so die Aufmerksamkeit der Schülerschaft, Lehrer und des mickrigen Ordens auf sich. Sie holte tief Luft und sortierte kurz ihre Gedanken. „Professor McGonagall, sie werden mit Professor Flitwick, Molly und Shacklebott die Schutzzauber um Hogwarts verstärken und wenn nötig weitere errichten. Seamus schnapp dir Neville und stattet die Holzbrücke mit allem aus, was sie in ihre kleinsten Einzelteile zerlegen wird. Die Vertrauensschüler aus den fünften Klassen bringen alle Erst- bis Drittklässler und alle die nicht kämpfen wollen in den Gemeinschaftsraum der Hufflepuffs, er liegt tief genug, dass da wohl niemand hinkommen wird, um ihn anzugreifen." bestimmte sie. „Warum nicht in den der Slytherins? Er liegt noch tiefer als das Haus Hufflepuffs und außerdem sind die anderen auch schon da." warf Draco ein. Hermione schüttelte den Kopf. „Die meisten Todesser waren Slytherins. Wer weiß ob sie auf die grandiose Idee kommen, ihrer Vergangenheit einen Besuch abzustatten." Sie atmete einmal tief durch. „Holt die Schüler aus dem Sytherinraum und bringt sie nach Hufflepuff." wies sie die Vertrauensschüler an. „Der Rest der kämpfen will bleibt hier in der Halle. Uns bleibt nichts anderes übrig, als auf den ersten Schlag der Gegner zu warten."



„Hermione." Draco legte von hinten eine Hand auf ihre Schulter. Sie drehte sich zu ihm um und zwang sich zu einem Lächeln. „Bist du dir sicher, dass wir sie den ersten Schritt machen lassen sollten?" fragte er. Hermione zuckte mit den Schultern. „Was sollen wir machen? Ich fühle mich schon schlecht diese Kinder in den Krieg zu schicken. So viele Eltern werden heute Nacht ein oder gar mehrere Kinder verlieren. Und einige Kinder werden vielleicht sogar zu Waisen. Da können wir sie nicht noch in den sicheren Tod schicken. Sich zu verteidigen ist die eine Sache, anzugreifen eine Andere."

„Ich weiß, ich habe schon oft genug in diesem Krieg gekämpft. Ich rede auch nicht davon alle loszuschicken." murmelte er. „Du meinst eine Art Ablenkung?" fragte sie und zog dabei eine Augenbraue hoch. „Ich glaube nicht, dass sie von zwanzig sterbenden Schülern beeindruckt sein werden." antwortete sie. Draco schüttelte den Kopf. „Ich spreche hier nicht von Zwanzig. Ich rede von Einer." Er schwieg kurz. „Hör zu, ich hasse mich dafür, auch nur daran zu denken. Aber ich glaube an dich und ich glaube auch, dass du die Einzige bist, die den Sieg in diesem Krieg einfahren kann. Nicht die gesamte Schülerschaft, nicht der Orden, nicht Harry Potter. Nur du." Hermione drehte sich von ihm weg und sah durch die Fenster der großen Halle. „Daran habe ich auch schon gedacht." gestand sie. „Aber wie soll ich zu ihm gelangen? Du glaubst doch nicht, dass er allein dasteht. Er wird von seinen engsten und gefährlichsten Todessern flankiert sein, mal abgesehen davon, dass er mich sofort töten wird, wenn er mich sieht."


Draco starrte ebenfalls durch die bunten Gläser in den schwarzen Himmel. „Seid ihr schon wieder im schlechten auseinandergegangen?" fragte er. Hermione schüttelte lächelnd den Kopf. „Im Gegenteil, aber er will diesen Krieg gewinnen. Ich denke, jetzt wo ich ihn wieder verlassen habe und mein Werk nicht vollenden konnte, ist er doch noch auf die böse Schiene geraten. Er weiß, dass ich ihn mit wenigen Worten dazu bringen könnte, all das hier zu beenden."
„Ist es nicht eigentlich total egal, was du hier tust? Ich denke, du wirst wieder zurückgehen, stimmts?" fragte er. „Ja, und ich werde ihn nie wieder verlassen." flüsterte sie. „Und warum bist du denn dann hier? Wenn sich dann doch sowieso alles ändert?" Hermione schwieg. „Irgendwie laufen alle Zeiten parallel weiter, während ich hier bin, läuft sich Tom trotzdem die Füße wund und fragt sich, ob ich zurückkomme. Das heißt, wenn ich einfach bei Tom bleiben würde, würde heute Nach wohlmöglich die Schule mit all ihren Schülern untergehen und die Dunkelheit würde die Zaubererwelt regieren. Und das bis zu dem Moment, in dem Toms Schalter vollständig umgelegt ist. Und wer weiß, wann der letzte Tropfen Finsternis erlischt? Ich muss dafür sorgen, dass wir am Ende auf der Siegerseite stehen, Draco. Und in dieser Zeit bin ich definitiv gegen Tom Riddle."

Kann man jemanden lieben, den man eigentlich hassen sollte?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt