Kapitel 59

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Dann ließ sie sich erschöpft auf ihr Bett sinken. „Ich wollte helfen, eine Heldin sein. So wie es jeder von mir ab einer gewissen Zeit erwartet hat. Alle gehen davon aus, dass Harry Potter und seine Schlammblutfreundin die Welt retten, weil sie selbst alle zu feige sind etwas zu tun. Sie alle schicken lieber ihre Kinder in den Krieg, Emilie." dann sah sie zu Tom und Tränen schossen ihr in die Augen. „Und jede Sekunde, die ich hier bin, kann ich nicht an ihrer Seite sein. Ich kann meine besten Freunde nicht beschützen und ich bin mal wieder vollkommen nutzlos. Ich kann nur auf eine Nachricht warten, die mir sagt, ob meine besten Freunde tot sind, oder der Mann, den ich liebe. Oder vielleicht sogar alle."


Abraxas war der erste, der die angespannte Stille durchtrennte. „Komm." sagte er und fasste nach Emilies Hand. „Wir lassen euch allein." Tom und Hermione antworteten nicht, sondern schwiegen weiter. Plötzlich setzte Tom sich neben Hermione auf das Bett. „Du... hattest also einen Horkrux von mir?" fragte er leise. Hermione nickte. „Es... war ein schreckliches Gefühl, diese dunkle Macht um den Hals zu tragen, Tag für Tag." flüsterte sie. „Habt ihr ihn zerstört?" fragte er. „Willst du das wissen, damit du dein Versteck in der Zukunft besser wählen kannst? Ach, weißt du was? Es ist eh zu spät." murmelte sie, doch Tom unterbrach sie. „Wie war es für dich, als er zerstört wurde?" fragte er. Vorsichtig sah Hermione auf. „Befreiend." sagte sie dann. „Also hast du dich gut gefühlt, als er zerstört war?" fragte er. 

Langsam nickte sie, dann stand er auf. „Du hast dich also gut gefühlt, als ein Teil meiner Seele zerstört wurde." sagte er. „Dann musst du mich ja richtig aufrichtig lieben, wenn du so erfreut bist, mich sterben zu sehen." Hermione wollte etwas sagen, doch er unterbrach sie mit einer Handbewegung. „Vergiss es." sagte er und verließ ihren Schlafsaal. „Tom!" rief sie, doch er hörte nicht auf sie. Kurz hatte sie das Bedürfnis ihm hinterher zu laufen, doch sie wusste, dass das nichts bringen würde.

Missmutig ließ sie sich zurückfallen. Die übergroße Bettdecke schmiegte sich an ihren Körper und Hermione wünschte sich, damit verschmelzen zu können. Alles lief aus dem Ruder. Sie hatte ja gewusst, dass er ihr nicht sofort verzeihen würde, doch dass sie nun auch mit ihrer besten Freundin stritt, war wirklich nicht in ihrem Plan enthalten, alles gut zu machen.
Emilie war am Abend nicht mehr zurück in den Schlafsaal gekommen, also machte Hermione sich am nächsten Morgen allein auf den Weg in die große Halle. Ihr Blick wanderte über die Bänke des Slytherintisches, dann setzte sie sich ganz allein an das Ende. 

Eigentlich wollten sie so tun, als sei alles in Ordnung, doch das konnte Hermione einfach nicht, nicht nach diesem Streit. Ihr Gesicht war schrecklich blass, ihre Augen rot und sie fühlte sich einfach krank. Doch sie wusste, dass sie eigentlich gesund war. Liebeskrank. Wenn früher die anderen Mädchen darüber geredet hatten, hatte Hermione nur ein belustigtes Schnauben dafür übrig. Doch jetzt wusste sie genau, was sie meinten. „Hermione." Alicia Davis stand neben ihr. „Was tust du denn hier so ganz allein? Stimmt was nicht?" fragte sie und strich über ihre Schulter. Hermione lächelte leicht. „Alles in Ordnung." murmelte sie und wollte sich grade ihrem Frühstück zuwenden, als sich die Sechstklässlerin neben ihr auf der Bank niederließ.


„Wenn du möchtest, dann rede mit mir, ja?" fragte sie freundlich. Sie wusste, dass das Davis-Mädchen einfach nur hinterhältig und keine gute Freundin war, doch sie hatte einfach sonst niemanden. „Tom und ich haben gestritten." murmelte sie und ließ ihr kaum angetastetes Brötchen auf ihren Teller fallen. Allein der Gedanke an den Vorabend ließ sie einfach keinen Hunger mehr verspüren. „Aber so ein kleiner Streit, ist doch kein Weltuntergang, es ist doch nichts Schlimmes, oder?" fragte sie besorgt. Hermione schossen Tränen in die Augen. „Das wird er mir nie verzeihen." flüsterte sie. „Was wird er dir nicht verzeihen?" fragte das blonde Mädchen neben ihr. Hermione schüttelte den Kopf. Dann stand Alicia auf. „Ich lasse dich lieber allein, okay?" fragte sie vorsichtig und Hermione nickte.

Den Samstag verbrachte Hermione allein in der Bibliothek. Sie hatte durch ihre geistige Abwesenheit einiges in Zaubertränke aufzuholen. Sie hatte sich in eine stille Ecke gesetzt, in der sie niemand so schnell finden würde und langsam fühlte sie sich zum ersten Mal seit langem wieder wie Hermione Granger. Sie war in diesem Moment nicht das Mädchen, das zusammen mit ihren Freunden die Welt retten musste, sie war auch nicht das Mädchen, das in die Vergangenheit geschickt wurde, um eine Katastrophe zu verhindern und sie war auch nicht das Mädchen, das sich in eine Katastrophe verliebt hatte. Sie war einfach nur der Bücherwurm wie früher, die kleine Miss know-it-all.


Für einige Stunden war alles vergessen. Sie arbeitete sich durch einen Stapel von Büchern, las und schrieb eifrig alles auf, was zu wichtig war, um es einfach im Buch zurückzulassen. Es war schon längst dunkel, als sie endlich ihren Aufsatz für Zaubertränke fertig hatte. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk und war sich sicher, das war der beste Aufsatz, den sie je geschrieben hatte. Langsam und so leise wie möglich packte sie ihre Sachen zusammen und sortierte die Bücher zurück in die Regale. Ein Blick auf ihre Uhr verriet ihr, dass es bereits kurz vor Sperrstunde war und sie bemerkte, dass sie vollkommen allein in der Bibliothek war. Schnell aber leise eilte sie durch die Korridore, als sie plötzlich ein Kichern hörte.

„Jetzt hab dich doch nicht so, Tom." hörte sie ein Mädchen sagen. Schnell versteckte Hermione sich hinter einer Säule und sah vorsichtig den Gang hinab. Tatsächlich erkannte sie Tom, welcher von einem großen Blonden Mädchen mit sich gezogen wurde. „Ich weiß nicht..." begann dieser und Das Mädchen blieb stehen. Im Schein einer Fackel erkannte Hermione, dass es sich um Alicia Davis handelte. Sie legte eine Hand auf seine Wange. „Ich weiß, dass du es auch willst."

Kann man jemanden lieben, den man eigentlich hassen sollte?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt