"Du bist wirklich besser geworden..." flüsterte Jason, ein stolzes Funkeln lag in seinen Augen, das ich noch nie an ihn gesehen hatte.
"...zum Glück, du wirst es jetzt brauchen."
Obwohl Jasons Augen auf mich gerichtet waren, schien er durch mich hindurch zu sehen. Er wirkte hochkonzentriert, versuchte jedes Geräusch, jede verborgene Bewegung genau abzuwägen. Obwohl seine Miene nahezu verzerrt war, sah er genau so perfekt aus, wie in jeder Minuten in der ich ihn bis jetzt erlebt hatte. Obwohl mich meine Angst vor dem, was nun kommen würde nahezu lähmte, kam ich nicht umhin meine Hand, die zu seiner Haut einen merklichen Kontrast bildete, in seinen Arm zu krallen.
Meine Bewegung schien ihn aus seinem Trance ähnlichen Zustand katapultiert zu habe, seine Augen verschränkten sich mit den meinen. Ein Blick, der viel tiefer ging als jeder einzelne Kuss den wir jemals geteilt hatten. Es lag etwas beruhigendes darin, als wüsste er, dass ich Angst hatte.
Ich hätte Jason fragen können, wer uns zu suchen schien, wessen Gefahr uns drohte. Aber das alles schien einfach nicht wichtig genug. Stattdessen formten meine Lippen ein völlig anderes Wort.
"Wieso...?" Ich musste meine Frage nicht einmal aussprechen, Jason verstand. Ich wollte endlich die Wahrheit wissen. Keine Lügen mehr, und vor Allem aus seinen Mund hören, dass er mich nur als ein Mittel zum Zweck sah. Wenigstens das war er mir schuldig, mehr wollte ich nicht.
"Nicht jetzt." Das reichte mir. Er würde es mir sagen.
"Du wirst hier bleiben. Ich muss wissen, wie viele es sind." Bevor ich protestieren konnte, hatte Jason seinen Augen geschlossen, mir einen kleinen Kuss auf die Stirn gedrückt und war in der Dunkelheit verschwunden. Nur die Kälte die mich nun umhüllte zeigte mir, wie viel Wärme von Jason ausgegangen war.
Frustriert seufzte ich auf. Das konnte einfach nicht wahr sein. Ich schlitterte von einem Albtraum in den nächsten. Wie war so etwas nur möglich? Wie um alles in der Welt war ich hier nur hineingeraten? Das musste alles einfach ein riesiger Fehler sein, eine Verwechslung, ein Missverständnis für das es eine ganz einfache Erklärung gab. Jason würde mir alles erklären, es würde alles so wie früher werden. Ich konnte die Sätze sooft ich wollt ein meinem Kopf wiederholen, ich war trotzdem noch einigermaßen bei Verstand um nicht naiv genug zu sein daran zu glauben.
Mühsam rappelte ich mich hoch, ignorierte den Schmerz an meiner Hand und das Blut, das immer noch auf den Waldboden sickerte. Die Wunde sah schrecklich aus, trotz des verschmierten Blutes konnte man die Schwellung sehen, die sich deutlich an den Wundrändern gebildet hatte. Ich schwankte leicht, als ich durch die Dunkelheit stolperte und schlussendlich auf einer kleinen Lichtung landete.
Jason stand, mit seinen Rücken zu mir vor einem Angreifer. Seine Fäuste bearbeiteten immer abwechselnd das schon zerschundene Gesicht. Obwohl Jason eine irre Kraft aufwandte stand sein Gegner noch. Keiner von beiden schien mich bemerkt zu haben, sodass ich in Erwägung zog mich wieder zu verstecken, bevor mich jemand sah. Doch auch diese Idee wurde, wie so viele andere zuvor, einfach zerstört.
"Wem haben wir den da?" Automatisch wankte ich eine Schritt zurück. Vor mir stand ein weitere, fast schon vermummter Mann. Ein falsches Grinsen zierte sein Gesicht. Er hatte eine Waffe, ein Messer, dessen Klinge bedrohlich im Mondschein glänzte. Mir war übel, für einen kurzen Moment schloss ich die Augen um die schwarzen Punkte, die vor meinen Augen tanzten weg zu blinzeln.
Ein Fehler. Denn kurz darauf hatte mich der Fremde auf den Boden gedrückt, die Klinge genau über meiner Kehle. Er hatte nicht vor, mich lange zu quälen.
Irgendetwas in mir wollte noch nicht aufgeben, nicht so sterben. Mit meiner ganzen und letzten Kraft versuchte ich das Messer so weit es ging wegzudrücken. Ich spürte wie mein Herz raste, meine keuchenden Atemzüge, die einfach nicht aufhören wollten.
Und ganz plötzlich, war der Druck weg. Jason musste ihn von mir weggerissen haben.
Ich sah nicht zu wie er ihn verprügelte. Stattdessen kugelte ich mich zusammen, kämpfte dagegen an nicht das Bewusstsein zu verlieren. Ich musste viel Blut verloren haben, nicht genug um zu streben, aber so viel, um meinen Kreislauf lahmzulegen.
"Eve." Ich reagierte nicht.
Jasons Hand legte sich leicht auf meinen Oberarm.
"Wir müssen soviel Abstand wie möglich gewinnen, es werden mehr werden."
"Lass mich einfach liegen...bitte." Ich machte mir nicht einmal mehr die Mühe das schluchzen zu unterdrücken.
"Bist du verletzte? Hat er dich..." Jason drehte mich um, seine Hand strich kurz über sämtliche Körperteile um sie sorgsam zu überprüfen. Er holte erschrocken Luft als er die Stelle sah, an der sich vor wenigen Stunden noch mein Ortungschip befunden hatte.
Er musste sich beherrschen nicht die Kontrolle zu verlieren.
"Wieso musstest du auch diesen scheiß' Ortungschip selbst entfernen." zischte er, sehr darauf bedacht tief ein und aus zu atmen.
"Geh einfach." bat ich ihn abermals.
Ein langgezogenes Seufzen kam über seine vollen Lippen. Er sank neben mich, drehte meinen Kopf, sodass ich ihn ansehen musste.
Mein Körper wandte sich unter seiner Berührung, wollte seine Nähe einfach nicht mehr spüren.
Sein Daumen streifte meine Wange. "Eve." Flüsterte er, eher zu sich selbst.
"Dan hat die Wahrheit gesagt. Ich hatte vor dich einfach los zu werden, wenn ich dich nicht mehr brauchen würde." Er holte tief Luft "Und es stimmt, du nervst."
Jasons Griff verfestigte sich ,hielt mich fest, sodass ich auf keinen Fall jetzt schon abhauen konnte.
"Du bist ein völliger Klotz am Bein, verkomplizierst jeden Auftrag." Keine Spur von Wut lag in seiner Stimme. Sie war so voller Zärtlichkeit, sodass mir abermals die Tränen kamen.
"Du weinst, viel zu oft." Sein Daumen strich eine meiner Tränen weg um seine Worte zu unterstreichen und fuhr dann fort.
"Du hörst praktisch nie auf mich."
Eine lange Pause entstand.
"Aber das alles hat mich keinen Moment davon abgehalten, mich in dich zu verlieben."
Erschrocken holte ich Luft. Doch Jason ließ mich nicht einmal zu Wort kommen.
"Ich werde...ich kann dich hier nicht liegen lassen."
Mit einer schnellen Bewegung hatte er mich sanft über seine Schulter geworfen.
Mein Gehirn versuchte Jasons Worte noch einmal durchzugehen, aber sie entglitten mir einfach. Ich war nicht einmal mehr fähig, einen vollständigen Satz zu bilden. Das einzige was ich wahrnahm, waren Jasons beruhigende Atemzüge unter mir, das leichte auf und ab jeder seiner Schritte.
Noch bevor wir die Waldgrenze erreicht hatten und aus dem Schutz der Bäume treten konnten, ertönte ein Schuss und mein Blickfeld neigte sich.
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R e b e l ∞
Teen FictionR e b e l - "Manche Rätsel waren nie dazu da gelöst zu werden." Kidnapping. Etwas, von dem man hauptsächlich in den Medien hört. Für die schüchterne und unerfahrene Eve Clarks wird dieser Albtraum wahr. Sie wird unwiderruflich in eine Welt voller W...