Part 17

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Nervös vergrub ich meine Hände in den langen Ärmeln des Pullovers. Mein Herz dröhnte mir so laut in den Ohren, dass ich mir fast sicher war, dass jeder im Umkreis von 100 Metern es hören würde. Ich versuchte, so leise wie möglich zu sein, meine Atmung flach zu halten. Jasons Schatten vor mir leuchtet den Weg ab, seine Taschenlampe zeichnete unheimliche Schatten auf die heruntergekommene Fassade des Hauses. Das undefinierbare Rascheln -hoffentlich vom Wind verursacht- ließ mich noch näher an Jason rücken. Jede Faser meines Körpers war unheimlich angespannt.

Jason hingegen war mehr als gelassen, fast euphorisch schlenderte er vor mir auf der Suche nach den Hintereingang. Unwillkürlich fragte ich mich, wie oft er schon irgendwo eingebrochen war. 

Um ehrlich zu sein war Jason für mich ein Rätsel. Immer wenn ich dachte, ich würde ihn langsam verstehen, sein Wesen charakterisieren können, überraschte er mich auf so eine Art und Weise, dass ich meine Überlegungen wieder über Bord werfen musste. Normalerweis war ich nicht schlecht darin, Menschen ihren Charakter zuzuordnen, sie zu durchschauen. Aber Jason war eine Ausnahme, vermutlich lag es daran, dass ich noch nie jemanden kennengelernt hatte, der annähernd so war wie er. Im einen Moment war er fürsorglich, humorvoll und im nächsten völlig abweisend und gefühlskalt. Das Gespräch, das wir vor knapp ein paar Stunden geführt hatten war Beweis genug dafür, es schwirrte mir immer noch im Kopf, seine Worte wollten mich einfach nicht loslassen. 

Ich glaube nicht an Liebe. Es gibt sie nicht. Es hat sie nie gegeben, es wird sie nie wirklich geben.

Was musste er erlebt haben, dass er so dachte?

Nach seinen Worten, die so voller Überzeugung gewesen waren, hatten wir kaum noch ein Wort gewechselt. Wir hatten nur beschlossen diese Nacht nicht zu schlafen. Wir wollten uns eine Unterkunft suchen, wenn auch nur für eine Nacht, um dann weiter zu fahren. Jasons Wahl war auf dieses, seinen Worten nach verlassenen, Haus gefallen.

Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was wäre, wenn es tatsächlich bewohnt war, oder womöglich auch noch die Typen darin hausten, die uns vor ca. 9 Stunden noch in die Luft sprengen wollten. Unsere Chancen wären verdammt gering gewesen, schließlich waren wir nur mit einer Taschenlampe bewaffnet und meine Kampfkünste hatten sich kein Stück gebessert. 

Natürlich wäre es viel einfacher gewesen in ein Hotel einzuchecken. Das war auch mein erster Vorschlag gewesen, aber Jason hatte irgendetwas von "leicht nachzuverfolgen" und "nicht sicher genug" geschwafelt. Ich war nicht gerade überzeugt, dass die Bruchbude, in die er einbrechen wollte, so viel sicherer war, aber auf mich hätte er ja sowieso nicht gehört. 

Ich war so beschäftigt alles in meinem Kopf noch einmal durchzugehen, sodass ich nicht einmal bemerkte, wie Jason stehen geblieben war und lief so geradewegs in ihn hinein. Da mein Körper fast die Hälfte von seinem war, prallte ich an seinem Rücken ab. Jasons Arm schlang sich um meine Taille, bevor ich das Gleichgewicht verlieren konnte, bewahrte mich vor einem Sturz direkt auf den schlammigen Boden. Seien Berührungen - die nicht einmal so selten waren - ließ mich noch immer nach Luft schnappen. Wie lange würde es dauern, dass ich in seiner Nähe nicht mehr nervös war? Wann würde seine Wirkung auf mich nachlassen? 

"Kannst du nicht aufpassen?!" Zischte er. Es erschreckte mich immer wieder, wie schnell er von 0 auf 180 sein konnte.

" 'tschuldigung." nuschelte ich. Meine Entschuldigung besänftigte ihn etwas, wenn auch nur so weit, dass er nicht länger darauf einging und sich stattdessen der verschlossenen Hintertüre widmete. 

Ich versuchte währenddessen Rückendeckung zu geben, leuchtete den vernachlässigten Garten ab. Das Rascheln des Windes, der durch die Baumkronen fuhr, half mir nicht gerade, meine Angst zu unterdrücken. Es war alles wie in einem schlechten Horrorfilm. Die Explosion, die Verfolgung und jetzt dieses unheimliche Haus. Ich hätte nie gedacht, dass ich das Quartier, in dem ich in den letzten Wochen gefangen gehalten worden war, einmal so vermissen würde. 

R e b e l ∞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt