"I don't even know what we talk about. I just listen to the sound of his voice and to his laugh. And to the sound of him listening to me." -Sonya Sones
Ich hatte mit der Kälte gerechnet, die meinen Körper umhüllte, aber die Schwärze überraschte mich. Nie in meinem bisherigen Leben hatte ich absolute Dunkelheit erlebt, nie, bis zu diesem Zeitpunkt. Man konnte keine Umrisse erkennen, war praktisch völlig ausgeliefert. Die Dunkelheit verursachte ein Schwindelgefühl, mein Gleichgewichtsorgan spielte völlig verrückt. Wäre ich in diesem Moment auf meinen Beinen, auf festem Boden gestanden, dann wäre ich garantiert erheblich geschwankt. Ein weiteres Problem Unterwasser war meine Desorientiertheit. Ich hatte keinen Plan wo oben und unten war und mein Sauerstoffvorrat ging gefährlich schnell zu neige. Wie lange konnte ein durchschnittlicher Mensch die Luft anhalten?
Ein ungewöhnlicher Druck, eine Strömung schien mich nach unten zu ziehen. Es musste das Auto sein, das mich mit auf den Grund ziehen wollte. Es bildete einen Sog, der alles um sich herum mit ihm sinken ließ.
Mein Gehirn schaltete nur langsam, begriff jedoch, dass ich auf keinen Fall zulassen durfte, noch weiter runter zu kommen. Ich begann zu strampeln, nahm meine ganze Kraft zusammen und versuchte nach oben zu schwimmen zumindest da hin, wo ich die Wasseroberfläche glaubte. Trotz meiner Bemühen, kam ich nur quälend langsam voran, nicht schnell genug und meine Lunge schrie bereits nach Sauerstoff.
Ich kämpfte gegen den Dran an einzuatmen, klammerte mich an den kleinen Sauerstoffrest, der noch in meinem Körper steckte. Die hellen Punkte, die vor meinen weit aufgerissenen Augen tanzten, signalisierten mir, dass mir nicht mehr viel Zeit blieb. Sie wurden immer größer, breiteten sich über mein gesamtes, schwarzes Blickfeld aus. Selbst als meine Arme und Beine taub wurden, sich nicht mehr bewegen wollten, wollte ich nicht aufgeben. Meine Gedanken klammerten sich an Jason. Er wäre enttäuscht von mir. Aber würde ich das dann überhaupt noch mitbekommen, wenn ich sterben würde?
Ein Teil von mir hoffte inständig, er hätte es an die Wasseroberfläche geschafft. Natürlich war es völlig absurd in so einem Moment an meinen Entführer zu denken, zu hoffen er hätte überlebt, aber Jason war - und das beängstigte mich sehr - bereits viel mehr für mich als nur mein Entführer. Ich hatte absolut keine Ahnung, wie viel mehr er mir bedeutete, dafür hätte ich Zeit gebraucht. Zeit ihn kennenzulernen, Zeit nachzudenken. Zeit, die ich bestimmt nie haben würde.
Etwas warmes streifte meinen Arm, flüchtig und zuerst glaubte ich, ich hätte es mir lediglich eingebildet. Dann noch einmal, dieses mal an meiner Hand, Finger die die meinen umschlossen. Kurz darauf durchstieß mein Kopf die Wasseroberfläche. Mein Körper schnappte nach Luft und wurde fast gleichzeitig durch heftige Hustenanfälle geschüttelt. Mein Mund erbrach viel Wasser und ich war heilfroh, dass Jason einen Arm um meine Hüfte geschlungen hatte, sodass ich über Wasser blieb.
Als sich meine Lunge einigermaßen beruhigt hatte, schleppten wir uns an das Ufer, ließen uns - bibbernd und triefend nass - in das hohe Gras fallen. Unsere AUgen hielten wir geschlossen, lauschten unseren schnellen Atem, der teilweise nur stoßweise über unsere Lippen kam.
"Was machen wir jetzt?" durch die Kälte, die durch die nassen Klamotten verstärkt wurde, zitterte meine Stimme.
"Wir werden uns erstmal ein neues Auto besorgen und dann untertauchen." Ich hatte Schwierigkeiten Jason durch mein lautes Zähneklappern zu hören.
"Wie lange?"
"Zwei oder drei Wochen, dann werden wir wieder zurückkehren."
"Warte mal." Misstrauisch beäugte ich ihn, während er mir aufhalf. "Wie meinst du das, ein Auto besorgen?"
Ein schiefes Grinsen bildete sich auf Jasons Gesicht, das Grinsen, das mich jedes mal aufs Neue den Atem raubte.
"Du willst doch nicht etwa eines klauen?" Mit hochgezogenen Augenbrauen stemmte ich mir meine Hand an die Hüfte.
Jasons Hand kniff einmal kurz in meine Wange. "Ich finde es verdammt süß, wie du auf kleine Straftaten immer noch schockiert reagierst, obwohl du schon längst schlimmeres mitgemacht hast." Grinsen zeigte ich ihm die Zunge. Er hatte ja recht, ein Diebstahl mehr oder weniger, würde auch keinen Unterschied machen.
"Wie wär's mit..." er warf einen Blick über seine Schulter "...den hier." Seine Wahl fiel auf einen roten Truck mit relativ großer Ladefläche. Nur mit Mühen konnte ich mir ein lachen verkneifen, die Vorstellung Jason mit so einem Auto fahren zu sehen war einfach zu amüsant.
"Was?" lachte er.
"Es ist nur..." unschuldig ließ ich meinen Blick schweifen "...ich dachte eher an etwas...schnelleres?"
Das schallende Gelächter Jasons erfüllte die Nachtluft. "Wenn du in der Fahrerkabine übernachten willst, gerne. Aber ich glaube eine Nacht unter freiem Himmel auf der Ladefläche des Trucks wäre um einiges gemütlicher." Mit einem Lächeln - einem wirklichen Lächeln - im Gesicht folgte ich ihm. Diese Seite an Jason mochte ich wirklich. Die unbeschwerte, humorvolle und auch fürsorgliche Seite an ihm, die sich nur sehr selten zeigte. Sie weckte Gefühle in mir, die ich selbst nicht verstand.
"Vielleicht." gab ich zu.
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R e b e l ∞
Teen FictionR e b e l - "Manche Rätsel waren nie dazu da gelöst zu werden." Kidnapping. Etwas, von dem man hauptsächlich in den Medien hört. Für die schüchterne und unerfahrene Eve Clarks wird dieser Albtraum wahr. Sie wird unwiderruflich in eine Welt voller W...