Part 14

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"Wir müssen hier weg, sofort."


Kalte Nachtluft umhüllte meinen dünn-ummantelten Körper. Der Wind schlug mir ins Gesicht, während wir nahezu fluchtartig den Club verließen. Die Nacht war klar, lediglich der Mond -der im Nachthimmel eingenäht zu sein schien - erhellte die Straßen. 

Ich war völlig verwirrt, versuchte vergeblich die ganze Situation zu analysieren. Doch ich verstand Jasons Reaktion einfach nicht. Selbst, als ich einen flüchtigen Blick über meine Schulter warf, konnte ich niemanden sehen, der uns verfolgen sollte. Denn Jasons Verhalten nach, waren wir auf der Flucht, anders konnte ich es mir einfach nicht erklären. Der abrupte Aufbruch, die Eile und Hektik, die in jeder seiner Bewegung lag. 

Wahrscheinlich übertrieb er lediglich.

Gerade, als wir am Wagen angelangt waren und Jason das noble Auto entsicherte, ertönte ein ohrenbetäubender Knall. Kurz darauf spürte ich eine kleine Druckwelle, die mich gegen das Auto presste und mir den Atem raubte. Die Kälte war verschwunden, stattdessen war es ungewöhnlich warm.   Mit fürchterlichen Vorahnungen fuhr ich herum. Der Club, in dem wir uns vor kurzem noch selbst befanden, stand in Flammen. Sie krochen die Wände hoch, füllten jedes Fenster mit orangem Licht und zauberten dicke Rauchwolken in den Nachthimmel. Undefinierbare Teile lagen brennend am Boden.

Mit starren Augen löste ich mich vom kalten Metall des Wagens hinter mir. Ich spürte, wie meine Handflächen zu schwitzen begannen. Bilder der tanzenden Menschen schossen mir in den Kopf. So viele, die sich noch in dem Gebäude befinden mussten. 

Ohne wirklich darüber nachzudenken setzten sich meine Füße in Bewegung, steuerten direkt auf das in Flammen stehende Haus zu. Mein Atem ging stoßweise, die unglaubliche Hitze, die sich mit jedem Meter den ich auf das Haus zumachte stieg, trieb mir den Schweiß auf die Stirn. 

Natürlich war es naiv zu glauben, die Menschen dort drinnen hätten die Explosion überlebt. Aber es war für mich einfach unmöglich nur da zu stehen und zuzusehen, wie das Gebäude in sich zerfiel. 
Bevor ich den Haupteingang erreichen konnte, wurde ich grob zurückgerissen. Durch den Schwung, knallte ich gegen eine harte Brust. 

"Was soll der scheiß?!"knurrte Jason. Ich versuchte mich von ihm loszureißen, doch war viel zu schwach. Mein Blick ging wieder auf das brennenden Haus und ich merkte, wie einzelne Tränen meine Wangen hinunterliefen. So viele unschuldige, wer tat so was? 

"Wer macht so etwas?!" meine Wut wandte sich gegen Jason. Wieso ließ er mich sie nicht retten? Woher hatte er gewusst, dass es passieren würde? Als er merkte, dass ich kurz davor stand zusammenzubrechen, lockerte sich sein Griff. 

"Eve." Ich liebte es, wie er meinen Namen aussprach. Seine raue Stimme, die im einen Moment warm und voller Gefühl sein konnte und im nächsten Moment alles erfrieren lassen konnte. 

"Ich weiß, dass es schrecklich ist. Aber sie haben es alle nicht überlebt. Verstehst du? Es geht nur um uns, sie wollten uns erwischen, die anderen waren nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Wr müssen hier weg, okay?" Ich nickte, wich seinem Blick aus und ließ mich widerstandslos über seien Schulter werfen. 


Am Auto angelangt, setzte er mich sanft auf den Beifahrersitz und startete schnellstmöglich den Wagen. 

Ich beschwerte mich nicht über Jasons Geschwindigkeit, die deutlich höher lag, als erlaubt. Er sah schon so aus, als müsste er sich beherrschen nicht etwas auseinander zulegen. Seine starken Hände hatten sich um das Lenkrad verkrampft, sodass seine Knöchel weiß hervortraten. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Diese Seite von Jason machte mir Angst.

Um mich abzulenken, wandte ich meinen Blick deM Fenster zu, doch die schwarze Nacht ließ so gut wie nichts erkennen. 

Ein Licht, das im Rückspiegel auftauchte, zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Ein schwarzes Auto, mit getönten Scheiben fuhr direkt hinter uns. Der Abstand war zu gering, um Zufall zu sein, irgendetwas sagte mir, dass wir verfolgt wurden. 

Automatisch spannte sich mein Körper an.

"Ja-Jason." Meine Stimme klang brüchig.

"Halt bitte einfach die Klappe." fauchte er. Bei seinem harschen Tonfall zuckte ich kurz zusammen, ließ mich jedoch nicht beirren. 

"Uns folgt jemand." Einen Atemzug lang war alles still, bevor sich Jason neben mir verkrampfte und mit voller Wucht auf das Lenkrad schlug. 

"Verdammt." Jasons Fuß legte sich auf das Gas, mit einem Ruck beschleunigte das Auto, sodass ich in den Sitz gedrückt wurde. 

"Schnall dich an." Jasons Stimme klang beherrscht. Wortlos gehorchte ich. Unser Auto raste über die verlassene Autobahn. Es war so dunkel, dass ich mich wunderte, ob Jason überhaupt etwas erkennen konnte. Die hohe Geschwindigkeit drückte auf meinen Magen und ich betete, dass ich mich nicht übergeben würde. Ich hatte nie eine besonders gute Orientierung, als wir jedoch in die bekannte Seitengasse, einbogen und den Steigung hinunterrasten, wusste ich, was er vor hatte. Er steuerte direkt auf den Hafen zu.

 "Du fährst direkt auf das Wasser zu." kreischte ich panisch. Miene Hände klammerten sich an den Sitzt unter mir, mein Magen schien jeden Moment abzuheben. 

Ich spürte, wie sich das Auto vom Asphalt abhob, direkt auf das schwarze Wasser zu. Ich kreischte, konnte lediglich meine Augen weit aufreißen, denn schon im nächsten Moment landeten wir direkt im Wasser.

Wie von selbst landeten meine Hände am Türgriff, ich versuchte die Türe aufzubekommen, doch der Druck, den das Wasser ausübte war viel zu groß. Panisch stemmet ich mich dagegen. Wir würden ertrinken.

"Jason."Mein Tränenschleier vernebelte meine Sicht. "Wieso hast du das getan?!" ich begann um mich zuschlagen, kurz davor ohnmächtig zu werden. Miene Atmung war wieder einmal viel zu schnell, glich fast einer Schnappatmung. "Wir werden ertrinken...wir...." 

"Eve du musst dich beruhigen." seine Hände schlossen sich um meine Oberarme schüttelten mich, im verzweifelten Versuch mich wieder zur Vernunft zu bringen. Wie konnte er nur so ruhig belieben? Wir würden ertrinken?!

Der Wagen begann zu sinken, eisiges Wasser trat durch unsichtbare Löcher in die Fahrerkabine. 

"Wie soll ich mich denn verdammt noch mal beruhigen?! HUH!?! Wir...wir werden..." weiter kam ich nicht, den Jasons Lippen pressten sich auf meine. Ich versuchte loszukommen, ihn wegzuschieben. Doch Jasons Lippen ließen die meine nicht los. Stattdessen vertiefte er den Kuss. Seine Lippen schmeckten salzig, von meinen Tränen, die immer noch mein Gesicht überfluteten. Seine Nähe lenkte mich ein klein bisschen von meiner Todesangst ab, meine Atmung verlangsamte sich etwas, sodass die schwarzen Punkte, die eben noch vor meinen Augen getanzt hatten, wieder verschwanden. 

"Geht's wieder?" Jasons Stirn lehnte sich gegen meine. Er wollte es offenbar nicht riskieren, mich ganz loszulassen, falls ich wieder durchdrehen würde. "Wir werden warten, bis sich die Fahrerkabine ganz mit Wasser gefüllt hat, sodass der Druck hier bei uns, gleich groß ist wie draußen. Ich werde dir ein Zeichnen geben. Dann wirst du mit all deiner Kraft die Autotür öffnen und nach oben schwimmen. " Mit geschlossenen Augen nickte ich. 

"Sie werden glauben, dass wir ertrunken sind, das wird uns Zeit verschaffen." murmelte er, eher zu sich selbst, als zu mir. 
Das Wasser sammelte sich an der Ablage, an der ich gerade eben noch meine Füße hatte. Mit zitternden Händen löste ich den Gurt und zog meine Beine an. Ich würde dem eisigen Wasser nicht mehr lange entkommen, aber ein paar Sekunden Wärme, wollte ich mir auf jeden Fall noch verschaffen. 

Es kam mir vor, wie in einem schlechte Film. Während wir dasaßen und warteten. Auf das Wasser warteten, das uns sowieso schon längst umzingelte. Sollte ich so sterben? In den letzten Tagen und Wochen hatte ich viele Sterbearten in Betracht gezogen. Erfrieren, erschossen werden oder Selbstmord, aber nie hatte ich nur in meinen Träumen an Ertrinken gedacht. 

Langsam erreichte das Wasser meine Hüfte, ließ mich frieren. Meine Hand hatte sich in Jasons gekrallt. Sein Daumen strich immer wieder über meinen Handrücken, um mich zum regelmäßigen Atmen zu erinnern. Er selbst saß stumm neben mir, starrte hochkonzentriert in die Dunkelheit. 

Dann, ein Zeichen, ein kurzes Nicken, ein letzter tiefer Atemzug, und wir tauchten ganz in die Dunkelheit des Wassers ein. 





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