Kapitel 12

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Die Schiefertafel liegt schwer in deinen Händen und die Tinte hängt dir gefährlich in den Armen, als du versuchst durch die Schranktür wieder in das Versteck zu gelangen. Eher beschwerlich öffnet sich der Durchgang, doch irgendwie schaffst du es ihn weit genug zu öffnen um hindurchschlüpfen zu können. Jesus sitzt dort auf dem Boden und bewegt seinen Oberkörper vor und zurück, ist schon längst in seiner Gedankenwelt versunken. Hat sich in dem dunklen Labyrinth der Planung verlaufen und findet den Weg nicht mehr hinaus. Den Ausgang, der ihn zurück in die Realität bringt.

Also kommt er dir auch nicht zu Hilfe, bemerkt dich nicht mal, als du mit vollbepackten Armen in den Raum marschierst. Das Glas mit Tinte fällt beinahe zu Boden, als du dich schreiend mit ihm hinunter schmeißt und es im letzten Moment zwischen deinen Beinen zu packen bekommst. "Verflucht hilf mir doch!", murrst du doch wirst gekonnt von dem Auferstandenen ignoriert. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf deine Lippen, so kann es dich einfach nicht verärgern wie er da sitzt und angestrengt eure Flucht plant. Er sieht dabei einfach unwiderstehlich aus. Zum anbeißen.

Geräuschvoll lässt du die Schiefertafel neben dem Sohn Gottes zu Boden gleiten und stellst das Tintenfass vorsichtig daneben. "Da hat der Herr seine Schiefertafel.", lachst du und legst ihm eine Hand auf die freie Schulter. Er lächelt dir dankbar zu und drückt dir einen kleinen Kuss auf die Wange, welche sich kontinuierlich rot verfärbt, vor Entzücken über diese liebliche Tat. Glücklich beobachtest du ihn von der Seite, studierst sein gar perfektes Seitenprofil. Seine markanten Gesichtszüge stechen heraus und werden in dem dunklen Raum durch riesige Schatten verstärkt. Seine Nase schaut weit nach Vorne heraus und du erkennst einen kleinen Hubbel seines Nasenbeins, welcher dein Herz vor Entzücken höher schlagen lässt. Mit flachem Atem setzt du dich hinter ihn und massierst seine starken Schultern. Das verspannte Fleisch formt sich elastisch um deine Finger und du beobachtest, wie sich eine Gänseaut über den Körper Jesu legt. Du lachst vergnügt in dich hinein und lehnst dich gegen seinen warmen Rücken, schlingst deine Arme um ihn und betrachtest über seine Schulter hinweg die Übersicht, die er auf die Schiefertafel malt. Seine Hand übt gekonnte, flüssige Bewegungen aus und der Griffel kratzt berühigend gegen das Material. "Ich wusste wirklich nicht, dass du schreiben kannst.", nuschelst du und verbirgst dein Gesicht in seinem Nacken. "Du erstaunst mich immer wieder."

"Du bist der, der erstaunliches tut.", antwortet Jesus endlich und seine Hand verharrt regungslos über der Tafel. "Du bist der erstaunlichste Mann, den ich kenne", haucht er und fügt noch etwas zu dem Bild hinzu, quetscht es in die unterste Ecke.

Tränen der Freude bilden sich in deinen Augen, die du lachend deine Wangen hinunter fließen lässt. Kopfschüttelnd schaust du auf das Endergebnis, euren grandiosen, unverbesserlichen Plan, der euch problemlos aus Rom führen soll.

Leise diktiert Jesus dir die geschriebenen Worte. Seine Stimme brummt angenehm in deinen Ohren und lässt all die Anspannung aus deinem Körper schwinden. Es ist wirklich ein guter Plan, den Jesus sich da erdacht hat, so findest du und du gibst ihm ein anerkennendes Nicken, willst ihm deinen Stolz zeigen ohne zu übertreiben.

"Gleich Morgen fängt es also an", greifst du nochmal den Anfang des Ganzen auf und schließt lächelnd die Augen, so kannst du kaum erwarten mit Jesus das Weite zu suchen. Mit ihm auf Reisen zu gehen und dabei noch die Spannung der Flucht und eine verbindende Zweisamkeit zu verspüren. Deine Lippen formen ein vorfreudiges lächeln, als du den Mann vor dir betrachtest. Zufrieden verteilst du kleine Küsse auf seinem Nacken, was ihm ein angenehmes Seufzen entlockt.

"Ja. ich möchte vorher allerdings noch zu meinen Jüngern. Sie denken sicher noch ich sei tot-", murmelt Jesus, ein wenig verärgert über sich selbst. "Da bin ich ja tatsächlich Baden gegangen, bevor ich meine Jünger aufsuche."

"Sie haben sicher davon gehört, dass du auferstanden bist. Das geht um die ganze Welt! Es ist trotzdem eine gute Idee sich nochmal zu verabschieden", rätst du ihm und greifst nach seiner Hand. Weich liegt sie in deiner und du hoffst, dass es ihm hilft.

"Danke, dass du mich unterstützt."

Ein warmes Gefühl breitet sich in deinem Magen aus und wächst über deinen ganzen Körper, wandert über jedes Organ und ummantelt es sorgsam, lässt dich auf einmal leicht und unbeschwert fühlen. Du bist eifach nur glücklich Jesus helfen zu können und für ihn da sein zu können. Dennoch schleicht sich ein ungutes Gefühl in deine Venen. Was, wenn der Plan schief geht? Und wieso hast du eigentlich keine Freunde von denen du dich verabschieden kannst?

Doch ein Blick auf Jesus reicht auf um die Sorgen wegzuwehen zu lassen und positiv auf die nächsten Tage zu blicken. Müde legst du dich auf den ungemütlichen Boden. Deine Wirbel lockern sich und passen sich dem kalten Untergrund an. Knackend, erlösend.

"Wir sollten schlafen gehen, damit wir Morgen alles hinbekommen.", forderst du Jesus dazu auf sich zu dir zu legen, was er auch wenige Augenblicke später tut. Vorsichtig lässt er sich neben dir nieder und du drückst dich fest an ihn, willst ihn nie wieder befreien aus der herzhaften Umklammerung. Wie ein Teddybär liegt er in deinen Armen, warm und weich und hilft dir zu Ruhe zu kommen. Sein regelmäßiger Atem berühigt dich und sein männlicher Geruch, der euch umgibt. Mit einem begaglichen Gefühl merkst du, wie du immer müder wirst und schließlich einschläft; mit dem Sohn Gottes in deinen Armen. Die schönste Nacht deines Lebens.


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