Kapitel 15

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Zum Glück erwidert Jesus nichts auf deine Bemerkung hin, doch dir ist überdeutlich klar, dass er sich darüber ärgert. Die Jünger sind sein Werk, sie sind wie seine Familie und wer es wagt diese zu beleidigen ist für ihn Scheusal, das letzte. Du bist dir dessen sicher, denn du weißt es von früher. Es hatte oft Streit gegeben, wenn sich jemand sich gegen die Cliquentreffen der Jünger abfällig geäußert hat. Oft waren es Römer gewesen, die die Treffen als verdächtig erachteten und Gerüchte über heimliche Orgien waren seit jeher im Umlauf. Du hattest immer gehofft mitmachen zu können bei einer dieser mysteriösen Orgien, doch es ist schwierig sich einzugliedern. Heute wirst du sie treffen dürfen. Die Aufregung liegt in der Luft, doch der Zeitpunkt ist der falsche. Das Schicksal meint es nicht gut mit dir. Bereits jetzt weißt du, dass das Treffen heute als totale Katastrophe enden wird und es graut dir daran zu denken.


. . .

 

Inmitten einer verlassenen Straße bleibt ihr stehen. Teuer aussehende Gebäude ragen aus der Erde hinauf und kein einziger Penner hat hier sein Lager aufgeschlagen. Verwirrt schaust du zu dem Auferstandenen auf. Er hat den Mund zu einem Strich zusammen gepresst und starrt dich bösartig an. 

"Ja?", fragst und weitest deine Augen lächelnd, ziehst die Schultern bis zu den Ohren an. 

"Verhalte dich etwas freundlicher!", ermahnt er dich zischend und scheint schlimmes zu ahnen.

 "Ich werde es versuchen", versprichst du.

Mit einem flinken Fußwechsel dreht er sich in eines der Gebäude ein und du folgst ihm verblüfft. In dem Gebaüde angekommen erblickst du einen großen runden eingangsbereich, an dessen Wand ein riesiges Loch klafft.  Es ist halb so groß wie der vorherige Eingang . Bloß ein Fassdeckel ist davor gehalten auf dem in roter Farbe "Galiäa" geschrieben steht.

 So wie das Gebiet auf der anderen Seite des Meeres? 

Stirnrunzelnd beobachtest du, wie Jesus sich hinunterbeugt, ein Klopfzeichen gibt und der Verschluss von Innen weggezogen wird. Er strafft seinen Rücken und geht auf die Knie, sodass er auf allen vieren in den verborgenen Raum schlüpfen kann. Sein Hinterteil wackelt einladend im Rhythmus seiner Schritte und erinnert dich an die vergangene Nacht. Du gibst ein lautes Stöhnen von dir, imitierst die Lustvollen Laute, die dir in Erinnerung kommen und grinst dreckig vor dich hin, als dir Jesus mit seinem Hinterbein einen Tritt verpasst. Leise lachend gehst du ebenfalls auf alle viere und fühlst dich dabei irgendwie wohl. Fluchs krabbelst du ihm hinterher und kommst in einem schön geschmückten Raum an, in dem ein riesiger gedeckter Tisch steht. Drei große Fenster hüllen das Essen in heiliges Licht und dreizehn leere Stühle wurden ordentlich an den Tisch geschoben. 

Drei gut bebaute Männer stehen im Kreis neben den Fenstern und unterhalten sich angeregt. Ein weiterer reicht Jesus die Hand und redet aufgeregt auf ihn ein. Er hat einen gepflegten weißen Bart und nur noch wenige Haare auf dem Kopf. Seine Erscheinung scheint herzlich und sein Charakter belebend.

"Wir haben dich begraben, wir waren uns sicher du kommst nicht zurück" und "Was hat Gott dazu gesagt, dass einer in der Runde dich verraten hat" hörst du heraus und begreifst schnell worum es geht. Ohne wirklich hinzuhören bestaunst du weiter den einladenden Raum und bemerkt, wie das verkrampfende Gefühl der Wut von dir abfällt.

"Und wer bist du?", fragt nun der Alte an dich gerichtet. Verwirrung liegt in seinem Blick und irgendetwas sagt dir, dass du nicht willkommen bist. "Du kommst mir bekannt vor."

"Oktavius, Sohn des Daedalus", verkündest du und reichst ihm freundschaftlich die Hand. Er zögert und schaut abgeneigt zu Jesus, der ihn wissend zulächelt und beruhigend nickt. Der römische Name muss für sie sehr abschreckend sein und du fühlst dich unwohl ihn zu tragen.

 "Nun wo können wir uns denn bereits begegnet sein? Dein Gesicht- Es ist mir so bekannt.", fragt er grübelnd und neigt den Kopf. "Oh Verzeihung, ich bin Simon Petrus. Nenn mich bitte einfach nur Petrus."

"Gerne.", sagst du und und fühlst dich unwohl in der folgenden Stille und dem Wissen, dass du seine erste Frage umgehst.

 Was ist, wenn sie dich verraten? 

Jesus läuft auf die drei Männer zu, die sich angeregt unterhalten und sein Eintreffen nicht bemerkt zu haben scheinen. Sobald er in ihre Runde tritt wird es ruhig und es flogt aufgeregtes Gejubel. Du lächelst leicht, so ist es doch niedlich wie sie sich über die Wiedergeburt freuen, auch wenn das irgendwie zu erwarten ist. Schließlich passiert es nicht alle Tage, dass jemand von den Toten aufersteht. 

Ein wenig verloren stehst du im Raum herum und lässt den misstrauischen Blick des Petrus über dich ergehen, der dich nicht aus den Augen lässt. Unsicherheit wächst viel zu schnell in dir an. Vermehrt sich ins unendliche, wie Bakterien die sich teilen und exponentiell vermehren. Du fühlst dich wie ein Verbrecher, der du eigentlich auch bist, doch so ungewollt hast du dich lange nicht mehr gefühlt. Klar, in die Öffentlichkeit kannst du eigentlich nicht gehen und dir ist zu jeder Zeit schmerzlichst bewusst, dass du der Abschaum der Gesellschaft bist und dich die Leute tot sehen wollen. Doch das jetzt ist schlimmer. Es ist das direkte Verurteilen einer Person, die es dich spüren lassen will und das nicht einmal wegen den unzähligen Verbrechen, die du begangen hast. Ein verlegenes Lachen verlässt deine Lippen, als Petrus dich ein weiteres Mal prüfend mustert.

Das Klopfzeichen ertönt ein zweites Mal am Eingang. Es pocht laut gegen das fragile Holz des Weinfasses und kurz hast du Angst es würde zerschmettern, doch dann ist es vorbei und es folgt eine schreiende Stille. Alle Gespräche sind beendet und aus irgendeinen Grund sind die Blicke auf Jesus gerichtet. Selbst Petrus hat seine widerlichen Glupscher von dir abgewand. 

"Lasst ihn rein", seufzt Jesus dann bedrückt und dreht sich zum Fenster, weg von der Öffnung des Raumes. Petrus stößt ebenfalls den Rest Luft in seinen Lungen hinaus und bückt sich um das Eintreten des weiteren Gastes zu genehmigen. Gespannt beobachtest du, wie sich die Person hinkniet und dabei seine rote Toga anhebt um diese nicht schmutzig zu machen. Darauf folgen die starken Arme und dann schaut ein hübsches Gesicht mit kurzem Bart aus der Öffnung zu euch herein. Schwarze Locken umspielen sein breites Gesicht und legen Schatten auf seine Haut, betonen die Wangenknochen und geben seinem Gesicht Kontur. Er Lächelt listig und kommt herein ebenfalls herein gekrabbelt.

"Hallo Judas", knurrt einer der Jünger noch bevor dieser zum stehen kommt. 

JesusxreaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt