Kapitel 1

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Dein Atem stockt. Wie lange würdest du es noch aushalten das Tempo zu halten? Fuß heben, Aufprall, Fuß heben. Immer weiter, bloß nicht stoppen. Deine Muskeln ziehen sich wehleidend zusammen, leiden unter der Anstrengung des langen Sprints. Der Schmerz ist betäubend, betäubt deine Beine, deine Gedanken, bis du alles und doch nichts mehr spürst.Eine Sache jedoch, das beißende Stechen in deinem Fußgelenk ist deutlich spürbar, merkwürdig präsent. Es brennt sich in deine Gedanken, wie das Brandmal auf deiner Schulter.

Ein Schweißtropfen läuft deinen Rücken hinunter. Langsam bahnt es sich deinen Körper hinab. Schwerkraft. Deutlich spürst du das Feuer, den Sauerstoff, der sich unangenehm in deiner Lunge ausbreitet und doch nicht ankommt. Qualvoll zieht sie sich zusammen, bei jedem weiteren Atemzug, jedem weiteren Schritt, den du läufst. Tränen steigen auf, deine Augen sind trocken vom Staub, der mit dem Luftzug in ihnen landet. Der dreckige Steinweg vor dir verschwimmt langsam zu einem graubräunlichen Fluss.

Panisch presst du die Augen aufeinander, versperrst dir die eigene Sicht und hoffst, dass die Wege hindernislos weitergehen. Ein Stein oder eine ungeschickliche Bewegung und du würdest über deine Toga stolpern, fallen. Mit dem Gesicht im Dreck. Das wäre es dann. Das Ende. Hinrichtung, Kreuzigung vermutlich. Typisch Römer. Hektisch drehst du deinen Kopf nach hinten, hoffst nicht zu fallen.

Mist! Die zwei Legionäre waren dir immer noch dicht an den Fersen. Verzweifelt beschleunigst du, hoffst dein Körper wird dich noch ein wenig weiter tragen.

Dein Versteck war nicht mehr weit von hier. 300 Meter vielleicht, doch das stellt dich vor eine weitere Herausforderung. Wie solltest du dort ungesehen hineinschlüpfen?

Die Gedanken in deinem Kopf werden schneller, drehen sich um Nichts und kommen zu nichts. Mit jedem weiteren Schritt näherst du dich dem Ziel, doch dann? Die Legionäre sitzen dir noch immer im Nacken. Bedrohlich, wie ein Parasit. Wann werden sie dich beißen?

Mit einem flinken Haken stürmst du zur Seite, biegst in eine kleine Gasse ab und wirfst deinen Kopf nach Hinten. Deine Verfolger bremsen abrupt ab, wären fast an dir vorbei gestürmt. Ein paar Meter hast du aufgeholt. Stolz lächelst du, läufst unbeirrt weiter.

Von jetzt auf gleich verspannt sich dein Nacken. Dein Körper spielt dir einen Streich, während du die Sandalen der beiden Römer immer immer näher kommen hörst. Klack klack klack. Deine Seite sticht, zwingt dich zum langsamer werden und auch deine Lunge scheint zu explodieren. Eine starke Hand greift nach dir, packt dich an deiner nassgeschwitzten Toga. Zerrt nach dir. „Das wars", denkst du „Wäre Jesus bloß am Leben". Tränen laufen ungewollt deine Wangen hinunter. Diesmal jedoch aus Verzweiflung.

„Lasst ihn los", ertönt eine tiefe Stimme. Du zuckst heftig zusammen. War das nicht? Konnte das sein? Doch! Du bist dir sicher. Niemand sonst hat eine so betörende und gleichzeitig angsteinflößende Stimme. Erschrocken drehen sich die Römer zu der Stimme hin. Unglauben spiegelt sich in ihren Augen.

Vor ihnen stand Jesus. Jesus, der drei Tage zuvor am Kreuze gestorben war. Eine lockere bräunliche Toga hängt von seinen Schultern, zeigt seine definierten Arme und muskelbepackte Brust. Die Hände hat er zu Fäusten geballt. Weiß stechen seine Knöchel hervor, die Haut darum ist leicht rot gefärbt. Er sieht so lebendig aus und doch- an seinen Handrücken waren Wunden. Deutlich erkennbar. Löcher durch die ganze Hand, die ihn zeichneten. Ohne Zweifel, vor dir steht Jesus Christus. Diese Schönheit kann man wirklich nicht verwechseln. Langsam hebst du deinen Blick, traust dich in das dir bekannte Gesicht zu sehen.

Ohne Zweifel er ist es. Seine vollen braunen Locken liegen ihm auf den Schultern, umrahmen sein hübsches Gesicht. Wütend funkelt er die Legionäre an und sah dabei irgendwie... sexy aus. Wie gerne würdest du unter ihm liegen und diesen Blick auf dir spüren. Du sehnst dich so sehr nach diesen kaputten kalten Händen, willst, dass sie deinen Körper erkunden. Oder die Lippen... Eine Leichtigkeit durchfährt deinen erschöpften Körper und du kannst nicht anders als zu lächeln.

„Was- was?", stammelt einer der Römer und macht einen Satz nach Hinten. Der Andere hat sich schneller wieder im Griff und packt Jesus am Kragen. Seine hellen Finger umklammern die braune Toga, ein faszinierender Kontrast. Der Stoff verrutscht ein Stück und offenbart eine wunderlich schöne Männerbrust. Du entdeckst kleine Haare. Nicht zu viele, aber auch nicht so wenige, dass es unmännlich gewesen wäre. Du zwingst dich wegzusehen und ergreifst deine Chance und läufst. Keiner bemerkt es, zu groß war der Schock über die Wiederauferstehung Jesus. Wiederauferstehung? Konnte das sein? Er lebt, daran besteht kein Zweifel. Schnell verkriechst du dich in der Wohnung deines Onkels. Schleichst unter der schweren Decke durch den Eingang hindurch und schlüpfst durch einen Geheimgang im Schrank in einen dunklen und kalten Keller. Hier bist du sicher. Schlaff lässt du dich die Hauswand hinunter gleiten, kommst zwischen zwei Weinfässern zum sitzen. Du solltest nicht mehr hinaus gehen. Nicht die nächste Zeit, doch tief im inneren weißt du, gleich Morgen wirst du es wieder tun. Du schließt die Augen und rufst das Bild von Jesus wieder in Erinnerung. Dieses böse Funkeln, die starken Hände. Du lächelst, hoffst ihn Morgen wieder zu treffen.

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