Kapitel 9

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"Jetzt links", flüsterst du Jesus zu. Verwirrt bleibt er stehen und schaut auf die steinerne Wand zu seiner Linken. 

"Soll ich durch die Wand laufen oder was?", fragt er dich scherzhaft doch auch ein wenig verärgert. 

"Das klingt nach keiner so guten Idee du rammst dir nur eine Beule in den Schädel!", gibst du zu bedenken und schaust amüsiert zu Jesus hinüber der genervt die Augen verdreht. Rasch legst du deine Lippen auf seine weiche Stirn und lächelst gegen seine Haut. 

"Deine schöne Stirn", murmelst du und schüttelst lächelnd den Kopf. Viel zu schöne Stirn.

"Jetzt rück mal mit der Sprache raus uns bleibt nicht viel Zeit verdammt!", knurrt Jesus und drückt dich von sich weg. Er hat Recht. Nicht oft war die Straße leer und würde einer kommen könnten sie sich nach einem anderen Unterschlupf umschauen. Unauffällig waren sie Beide nicht. Jeder würde den Wiedergeborenen, den Messiah erkennen. Besonders jetzt, wo die Gespräche über ihn, über die Sichtungen seiner nur so die Runde machen. Er hat echt nicht versucht unauffällig zu bleiben und auch, dass du schon mehrmals mit ihm gesehen wurdest ist in ganz Rom bereits bekannt. Ihr Beide wurdet gesucht, es zeugt also nicht von Intelligenz sein Leben zu riskieren nur um über Jesus scherzen zu können. Doch du kannst nicht anders. Es reizt dich so sehr. Du hast ihn den ganzen Weg hier her auf den Arm genommen, immer wieder ein wenig geneckt und es in dieser kurzen Zeit lieben gelernt. Es macht dir Spaß zu Beobachten, wie sein Gesicht vor Empörung entgleitet und er zweifellos versucht dies zu verstecken. Dein Körper kribbelt vor Glück, wenn er dich danach ansieht und grinsen muss, weil es ja doch irgendwie komisch ist. 

"Ich liebe es, wie du es wagst mich zu verhöhnen", hat er zuvor gesagt. Es war kur bevor ihr Beiden hier zum Stehen kamt. 

"Du hast Recht", gibst du also zu und schaust dich noch einmal schnell um. Die Straße liegt noch immer unverändert in ihrer gespenstischen Leere. Du hoffst, dass sich Niemand versteckt, ein Wache der sich auf die Lauer legt und euch beobachtet. Denn das ist das einzige Versteck, dass du kennst und benutzen kannst. Für eine Flucht ist es zu früh, denn eine Flucht muss geplant werden. Schnell schaust du noch in den Himmel empor, auf den Wolkenlosen blauen Himmel. Ob Gott euch beobachtet? Eins war klar du solltest dich beeilen, hast schon viel zu viel der wertvollen Zeit vergeudet. 

"Ich zeig dir wie man rein kommt", sagst du schnell und beachtest das wütende Schnauben Jesus nicht, der ungeduldig die Arme vor der Brust verschränkt. 

Zwei Schritte gehst du nach rechts, hältst Ausschau nach einem Schatten und da ist er. Sachte fährst du mit deiner Hand über die Kante des hellen Steins und biegst mit einer flinken Drehung in die Vertiefung der Wand ein. Dort, links in der Ecke ist sie versteckt. Die Decke, die den Eingang zur Wohnung deines Onkels verschließt. Schnell schlüpfst du unter ihr hindurch und spürst, wie eine zweite Person folgt. So stehen Jesus und du in dem Raum, geschützt vor anderen Blicken. Die erste Hürde ist geschafft. Hier müsst ihr nicht mehr so vorsichtig sein. Ohne bedenken könnt ihr durch den Schrank ins Versteck und gemeinsam in Sicherheit etwas planen. Du hoffst bloß, dass Gott euch nicht gesehen hat-

"Wen schleppst du denn hier schon wieder mit nach Hause" Die kratzige Stimme deines Onkels erfüllt den Raum, ertönt aus der hinteren Ecke und lässt dich vor Scham erröten. Muss dein Onkel dies jetzt erwähnen? Bei jedem anderen dahergelaufenen Onenightstand wäre es dir egal gewesen. Sie sollen ruhig wissen, dass sie nichts ernstes waren sondern reine Begierde.

Fast schon dramatisch tritt dein der Bruder deines Vaters aus dem Schatten heraus und mustert Jesus von Unten bis Oben. Misstrauisch.

"Schlepp nicht immer so viele Männer hier an, die Leute denken noch ich bin prostituiert", sagt er dann bloß und schlürft aus dem Raum. Das konnte man auch leicht denken, so lief dein Onkel stets halbbekleidet herum, trug seine Toga fahrlässig. Halbherzig baumelt das Stück Stoff von seinen Hüften und offenbart seinen behaarten und auch irgendwie unansehnlichen Bauch. 

Ruckartig kommt er doch zum Stehen, kurz bevor er in einem anderen Raum verschwindet und schaut noch einmal zurück. "Sag mal- Der sieht ja aus wie Jesus!", er lacht leicht in sich hinein doch kommt abrupt zum Schweigen als euch eure beschämten Blicke verraten. 

"Auch du- Das wird euch der liebe Gott nie verzeihen", haucht er mit weit aufgerissenen Augen. "" Lieber" Gott", zürnst du spöttisch, gibst deine Meinung offen kund. An dir geht jedoch nicht vorbei, wie Jesus bei deiner Bemerkung hoch schreckt. Ob du ihn verletzt hattest? Reue steigt in dir hoch und du schaust beschämt zu Boden. Dein Onkel starrt dich fassungslos an und schaut einmal zu Jesus herüber, lächelt ihm aufmunternd zu. Dann schlürft er kopfschüttelnd weiter und diskutiert mit sich selbst über dich und den Unfrieden, den du über das Haus bringst. 

"Septimus!" , rufst du und willst ihm nach, doch Jesus greift nach deinem Arm. 

"Lass ihn. Er braucht jetzt Ruhe um zu verarbeiten.", zischt er dir zu und du senkst den Kopf.

 "Man muss uns verarbeiten?", fragst du traurig und blickst zu ihm hoch. In seine warm leuchtenden Augen. Er schaut so süß. So süß wie das honigbraun seiner Augen, welches sachte deine Seele umstreicht.

"Naja, was denkst denn du", murmelt er und kratzt sich verlegen den Nacken. Etwas zieht sich zusammen, tief in deiner Brust. Du wolltest nicht, dass euer Verhältnis schwierig wird. Du wolltest keine Hindernisse, die die Beziehung erschweren. Enttäuscht seufzt du und greifst nach seiner Hand. Ein angenehmes Kribbeln breitet sich in deiner Handfläche aus und wandert deinen Arm weiter hinauf. Du lächelst.

"Dann komm mit. Wir sind noch nicht im Versteck.", murmelst du und läufst auf den Schrank zu und anschließend in dein Versteck. Zusammen steht ihr in dem düsteren Raum. Die Luft ist schwer, doch es gibt Wein. Du lässt Jesus einen Moment um die Gegend zu akzeptieren und gibst dann zu: "Nun es ist nicht sehr schön, aber es lässt sich leben hier drin"

"Es ist mehr als genügend", haucht er und vereint seine Lippen mit den deinen.

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