6. Oder etwa doch nicht?

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Es war ein wundervoller Nachmittag und eine wundervolle Nacht. Man könnte meinen, wir hätten das aufgeholt, was wir alles in den letzten Jahren verpasst hatten. Und so hat es sich auch angefühlt. Er war so stark und dennoch so zärtlich. Es war einfach die beste Nacht meines Lebens und ich hatte schon viele hinter mir. Jorge kannte mich einfach so gut, er wusste genau, wo er mich berühren musste. Ach, es war einfach perfekt.

Ich war schon längst wach, aber ich schwelgte noch immer in meinen Träumen. Doch selbst die schönsten träume mussten einmal enden, also schlug ich die Augen auf und Jorge lag tatsächlich neben mir. Er war auch schon wach und hatte einen nachdenklichen Blick. Ich konnte nicht anders, als zu lächeln, auch wenn mir sein Blick Sorgen machte. „Na, Prinzessin?“ fragte er und lächelte. Ich mochte es irgendwie, dass er mich so nannte. „Na, mein Held?“ erwiderte ich und er lächelte gequält.

„Was hast du?“ fragte ich ihn besorgt und er vergrub sein Gesicht im Kissen. „Das gestern….“ War wundervoll? Geil? Superschön? „Das hätte nicht passieren sollen. Es war ein riesen Fehler.“ Was? Ich war geschockt. „Das ist nicht dein ernst, oder?“ Er nickte traurig. „Doch.“ Sagte er, setzte sich auf und stand auf. Ich setzte mich ebenfalls auf, um sich seine Hose wieder anzuziehen. „Dir hat es nicht gefallen, oder?“ Er drehte sich um und setzte sich wieder halb aufs Bett. „Tini. Die Nacht war atemberaubend schön. Dafür gibt es keine Worte. Aber das macht keinen Unterschied. Es war falsch.“

Seine Worte verletzten mich mehr als ein Messerstich ins Herz. „Du liebst mich nicht mehr, ist es das?“ riet ich und musste gegen die Tränen ankämpfen. Jorge schüttelte den Kopf und stand wieder auf. „Nein. Es ist nur so… du bist wie zwei Personen auf einmal. Einerseits bist du dieses kleine Mädchen, süß und einfach zum Knuddeln. Andererseits bist du diese starke, junge Frau, die weiß was sie will und sich dafür einsetzt. Sie kann alles schaffen, wenn sie will.“ „Lass mich raten: Du liebst nur eine davon.“ Sagte ich trocken.

Er zog sich sein T-Shirt über und setzte sich wieder zu mir. Diesmal konnte ich mir meine Tränen nicht verkneifen und Jorge strich mir über die Wange. „Nein, wo denkst du hin? Ich liebe alle Seiten an dir.“ „Und wo ist dann das Problem?“ „Die eine darf ich nicht lieben.“

„Wieso denn nicht?“ fragte ich zweifelnd. „Tini. Falls du es nicht gemerkt haben solltest, bin ich fünf Jahre älter als du. Du bist minderjährig!“ „Ja und?“ „Wenn deine Eltern das rauskriegen, können die mich verklagen, wenn sie damit nicht einverstanden sind, so sieht es aus.“ „Peter ist ein Jahr älter als du.“ „Wovon deine Eltern auch nichts wissen.“ Ups, ertappt. „Und genau da liegt mein Problem.“ „Heißt das, wir können erst zusammen sein, wenn ich 18 bin?“ Es kam kein Nicken, aber auch kein Kopfschütteln, sondern nur ein Schulternzucken.

„Ich könnte mit meinen Eltern reden.“ Schlug ich vor. „Und wie willst du das anstellen? ‚hey, wie fändet ihr es, wenn ich mit einem Typen zusammen wäre, der 5 Jahre älter ist als ich, aber keine Sorge, das ist nur eine Frage und ich bin nicht wirklich in den verliebt.‘ Wohl kaum.“ Zugegeben, es war nicht gerade gut durchdacht. „Und was wird dann aus uns?“ „Keine Ahnung. Ich weiß es wirklich nicht, aber ich will auf keinen Fall, dass du wegen mir Ärger kriegst. Ich würde jetzt noch sagen: Du könntest jeden haben, jemand besseres als mich, aber Peter ist definitiv nicht besser und anscheinend stehst du auf ältere, also kann ich dir nur sagen, dass ich versuche, eine Lösung zu finden.“

Er verschwand nach einem langen, letzten Kuss und ich war allein. Ich verstand ihn ja. Das mochte ich an ihm, dass er so verantwortungsbewusst war, auch wenn er viel Unsinn im Kopf hatte. Aber noch eine heimliche Beziehung stand ich wirklich nicht durch, also war das vielleicht die beste Entscheidung. Doch es versetzte mir einen tiefen Stich. Direkt neben dem ersten Loch, das vor vier Jahren entstanden ist.

Was mich zu meinem nächsten Problem brachte. Peter. Ich konnte das unmöglich vor ihm geheim halten. Er wusste, dass ich Jungfrau bin…war. Sofort googlete ich danach und ließ mich wieder hoffen. Ich musste nur vorgeben, schon mal eine Sportverletzung gehabt zu haben oder so – das stand da nämlich als Möglichkeiten – und er würde keinen Verdacht schöpfen.

Aber das schlimmste war, dass ich es nicht einmal Marla erzählen konnte und wir erzählen uns echt – fast – alles.

Tja, das Liebeschaos geht weiter, sonst wär's ja langweilig. Aber wir sind ja erst am Anfang...
Ich hoffe, euch gefällt die Geschichte bisher. Ganz anders als die davor, aber naja.
Gute Nachricht: Es ist Wochenende, d.h. ich kann viel mehr schreiben. ❤❤❤

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