Wie von Moon vorhergesagt, wurde der Seiteneingang nicht bewacht. Zuerst führte die junge Arenaleiterin die Truppe in einen Pausenraum. Dort befanden sich mehrere Personen – ein paar gefesselte Mitarbeiter sowie zwei Mitglieder von Team Rocket. Bevor die beiden Wärter, die absolut nicht mit einem Angriff gerechnet hatten, reagieren konnten, wurden sie bereits von den Leuten von Team Veritas überrumpelt. Wenige Augenblicke später waren alle Mitarbeiter befreit und die beiden Rüpel gefesselt und geknebelt.
Von den befreiten Personen erfuhren sie, was im Gebäude vor sich ging. In den Büroräumen des Obergeschosses gab es weitere Gefangene.
„So etwas habe ich noch nie gesehen! Wir haben ein anderes Pokémon in den Raum geschickt und sofort wurde es aus dem Energienetz der Welt gerissen und an Acroria gebunden. Wenn es verletzt ist, kann Acroria einfach andere Pokémon absorbieren und sich mithilfe derer Energie wieder heilen", erklärte ein Forscher begeistert, nachdem er ihnen verraten hatte, dass das Pokémon im Keller gefangen gehalten wurde. „Aber passt bitte auf euch auf, dort unten ist ein Vorstandsmitglied von Team Rocket und das Pokémon ist wütend. Insbesondere seit Team Rocket versucht, es einzufangen. Die lassen leider nichts unversucht." Der Forscher überlegte kurz. „Ich frage mich aber immer noch, wieso es geschlafen hat. Hat es sich selbst in seinen Schlaf versetzt? Das glaube ich eigentlich nicht. Aber wer war es dann?"
Bevor er weiterreden konnte, ergriff Fatima das Wort. „Moon, Hanna, Palma, K. Ihr kommt mit mir in den Keller. Der Rest geht nach oben und macht einen ordentlichen Tumult. Das ist zwar ein wenig riskant für euch, verschafft uns aber hoffentlich genug Luft, um das gefangene Pokémon zu befreien." K war der Spitzname eines Mitglieds von Team Veritas. Seinen echten Namen schien niemand aus der Truppe zu kennen. Er trug stets ein rotes Hemd, sprach nie ein Wort, war aber fleißig und gehorsam.Der Weg zur Kellertreppe wurde von drei Rüpeln bewacht und so mussten sie sich den Weg freikämpfen. Damit keines der Rocket-Mitglieder Alarm schlagen konnte, knöpften sie sich alle drei auf einmal vor. Die drei Mädchen schickten ihre Pokémon in den Kampf, während Fatima und K die Unaufmerksamkeit der Gegner ausnutzten und ihnen den Fluchtweg abschnitten. Nachdem ihre Pokémon eine Menge Smogon, Rettan und Rattikarl besiegt hatten, fesselten sie die Verlierer und sperrten diese in eine Abstellkammer.
Im Keller angekommen verschanzten sie sich zunächst in einem kleinen Raum, um ein hektisches Gespräch belauschen zu können. Wie es schien, hatten die anderen genügend Chaos gestiftet und Verstärkung angefordert. Eine weiblich klingende Stimme befahl ihren Untergebenen schroff, ins Obergeschoss zu gehen und dort für Ordnung zu sorgen.
Als die Schritte verhallt und wieder Ruhe eingekehrt war, setzte Fatimas Gruppe ihren Weg fort.
Sie kamen in einen großen Raum voller technischer Geräte. An zwei Computern saßen konzentriert wirkende Wissenschaftler, an der Wand lehnten zwei kaugummikauende Rocket-Rüpel und in der Mitte stand eine große, korpulente Frau in einem schicken Anzug mit Rocket-Insignien. Die Wand, zu der die Frau schaute, bestand größtenteils aus Glas. Der Teil, der nicht aus Glas bestand, enthielt eine Tür. Hinter dem Glas befand sich ein Pokémon, dessen Fell in einem dunklen Schwarz glänzte. Es sah aus wie eine große Raubkatze und hatte lange Reißzähne, die gefährlich aus seinem Maul ragten. An den Wänden seines Gefängnisses leuchteten Kraftfelder, die es offenkundig daran hinderten, auszubrechen.
Die Frau in der Mitte des Raumes drehte sich erschrocken zu den Eindringlingen um. „Was wollt ihr hier?", blaffte sie.
„Wir sind wegen Acroria hier", antwortete Fatima wahrheitsgemäß.
„Das Pokémon gehört Team Rocket. Verschwindet wieder."
„Oder was?"
„Oder ihr kommt hier nicht mehr raus", grinste die Frau.
Das Gespräch wurde jäh durch einen lauten Schrei des gefangenen Pokémon beendet. Es sprang mehrmals mit aller Kraft gegen das Kraftfeld und blieb schließlich erschöpft liegen.
„Geht es ihm gut?", erkundigte sich K mit erstaunlich fürsorglich klingender Stimme. Fatima schien nicht minder überrascht als die Mädchen, als sie K etwas sagen hörte.
„Was weiß ich. Schau halt nach, ihr könnt es eh nicht befreien." Die Frau wies einen der Wissenschaftler an, die Tür zu Acroria zu öffnen.
Sofort stürmte K durch die Tür und trat durch das Kraftfeld, das scheinbar nur für Acroria undurchlässig war. „Komm sofort da raus!", schrie Fatima, doch es war zu spät. Das Pokémon schlug mit einer großen klauenbewehrten Pfote nach K und riss dem schockierten Mann den Hals auf. Sie konnten nur noch dabei zusehen, wie er panisch versuchte nach Luft zu schnappen und dabei qualvoll an seinem eigenen Blut erstickte, das ihm aus dem Hals quoll. Er war noch nicht tot, als sich die Pokébälle an seinem Gürtel plötzlich öffneten und die Energie aus diesen unmittelbar in das legendäre Pokémon floss, das mithilfe dieser Mahlzeit wieder auf die Beine kam.
„Wer will als nächstes?", lachte die Frau in der Rocket-Uniform gehässig.
Das Lachen blieb ihr im Hals stecken, als Hanna ihren Gürtel auszog, diesen Palma in die Hand drückte und sich selbstbewusst freiwillig meldete.
„Hanna? Was tust du?" Palma hatte Angst um Hanna. Sie wollte ihre Freundin nicht verlieren. Die Rothaarige bedeutete ihr alles.
„Hab keine Angst. Haltet mir einfach Team Rocket vom Hals", umarmte das Mädchen seine blonde Freundin.
Die junge Trainerin war bereits auf dem Weg zur weiterhin offenen Tür, als sie sich noch einmal umdrehte, zu Palma rannte und diese küsste. „Ich komme wieder, versprochen. Weine bitte nicht." Noch ein Kuss.
Die Blondine war überfordert. In ihr herrschte in diesem Moment ein unglaubliches Gefühlschaos. Vor allem verspürte sie Angst und Liebe. Zögerlich erwiderte sie Hannas Kuss. „Pass auf dich auf. Bitte."
Sie wandte sich an Fatima und Moon, die die Szene beeindruckt beobachteten und applaudieren. Sogar die Rocket-Mitglieder schienen gerührt und stimmten in den Applaus mit ein. „Moon, schnapp du dir die beiden Rüpel an der Wand. Fatima, bring die Wissenschaftler dazu, die Barriere zu deaktivieren.", befahl Palma. Durch Hannas Kuss beflügelt machte sie zwei Schritte auf die Frau in der Mitte des Raumes zu, die verunsichert zurückwich. „Dich knöpfe ich mir vor!"Das Herz der Rothaarigen setzte für einen Schlag aus, als sie durch das Kraftfeld schritt. Angst und Ekel stiegen in ihr empor, als sie Ks Körper am Boden liegen sah. Plötzlich vernahm sie eine Stimme. Eine Stimme, ganz nah und doch fern. Sanft und doch bestimmt. Lebendig und doch uralt. „Bitte habe keine Angst. Du bist nicht allein", erklang es in ihrem Kopf.
Das Mädchen atmete tief ein und aus, bis sein Puls sich wieder beruhigt hatte. Machte einen vorsichtigen Schritt nach dem anderen auf das gefangene Pokémon zu. Acroria knurrte, griff sie aber nicht an, schien sogar ein wenig ängstlich. Hanna blieb eine gefühlte Ewigkeit vor dem Pokémon stehen, ehe sie sich langsam vor dem Pokémon hinkniete und ihm in die schmerzerfüllten Augen schaute. „Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Meine Freunde kämpfen gerade, damit wir dich befreien können. Wir helfen dir. In ein paar Minuten kannst du fliehen, wohin du willst."
Die Stimme erklang erneut in ihrem Kopf und die Rothaarige gab deren Worte wieder: „Du darfst frei sein. Doch halte dich von den Konflikten der Menschen fern. Lass dich nicht wieder benutzen, sonst musst du wieder schlafen."
Hanna wusste nicht, woher die Stimme kam und was genau die Worte bedeuteten. Doch sie wusste, dass die Stimme gut war.Es gab einen kleinen Knall und das Kraftfeld, das den Raum umgeben hatte, war verschwunden. Die Rothaarige schaute durch die Glasscheibe und beobachtete die Szene, die sich dahinter abspielte.
Fatima stand an einem der Computer und hatte einen der Wissenschaftler neben sich stehen; der andere lag bewusstlos am Boden.
Moon hatte offensichtlich die beiden Rüpel besiegt und war gerade dabei, diese zu fesseln, während ihre Pokémon diese festhielten.
Palma befand sich noch im Kampf. Ihr Quappo stand einem stark wirkenden Hundemon gegenüber; beide Pokémon schienen bereits geschwächt zu sein.
Hundemon schoss einen Strahl aus Flammen auf Quappo, das dem Hundemon sofort einen starken Hieb verpasste und es zurück in seinen Ball schickte. Nun holte Palma ihr Hundemon hervor und fesselte die Hände der Frau, während die Pokémon des Mädchens aufpassten, dass die Verliererin keinen Fluchtversuch unternehmen konnte.
„Komm mit", sagte Hanna sanft zu Acroria. Gemeinsam gingen sie zu den anderen. Fatima war inzwischen zu der gefesselten Frau gegangen. „Wer bist du?"
„Das geht dich nichts an", keifte die Angesprochene.
„Das ist Rocket-Vorstand Chi", mischte sich der Wissenschaftler ein, der Fatima gezeigt hatte, wie sie das Kraftfeld deaktivieren konnte. Chi bestrafte ihn dafür mit einem Blick, der Hanna das Blut in den Adern gefrieren ließ. Doch der Mann plauderte fröhlich weiter. „In den Ruinen auf der Zinnoberinsel befinden sich Geräte, mit denen Team Rocket Pokémon kontrolliert, die die Wege nach Fuchsania blockieren."Nach einer hitzigen Diskussion zwischen Vorstand Chi und dem Wissenschaftler, in der viele unschöne Wörter gefallen waren, fragte Palma, wie es nun weiter ging.
„Wir nehmen Chi und bringen sie auf die Polizeistation. Ich gehe davon aus, dass wir dort auch auf Team Rocket treffen werden. Danach sehen wir zu, dass wir den Ganoven die Kontrolle über die Stadt entreißen. Sobald das geschafft ist, müssen wir irgendwie zur Zinnoberinsel kommen."
„Und was ist mit deinen Leuten oben?"
„Die kommen schon zurecht. Unser Ziel hat gerade Vorrang. Wir dürfen keine Zeit verlieren."Als sie den ersten Schritt aus dem Gebäude machten, stürmte Acroria plötzlich in die Dunkelheit davon. Chi schien davon nicht sonderlich begeistert und Hanna war überraschend apathisch. Palma griff nach der Hand ihrer Freundin, doch diese zog ihre weg. „Jetzt nicht." Palma war verletzt, merkte aber, dass irgendetwas Hanna beschäftigte, also schluckte sie ihren Ärger herunter.
Wie von Fatima prophezeit befand sich die Polizeistation in der Gewalt von Team Rocket. Zum Glück gab es nur zwei Rüpel, die die Gefangenen bewachten und so dauerte es nur wenige Minuten, bis Officer Rocky und die anderen Polizisten befreit waren. Fatima schilderte kurz die Situation und übergab das Vorstandsmitglied Chi in die Hände der Polizei. Rocky bat die Gruppe, im Pokémoncenter vorbeizuschauen und machte sich selbst auf den Weg zum Labor, um die anderen Rocket-Mitglieder einzusammeln.
Nachdem auch das Pokémoncenter wieder seinen Betrieb aufgenommen hatte und das Quartett weitere Rüpel auf den Straßen besiegt hatte, eröffnete Moon, dass sie eine Idee hatte, wie sie auf die Zinnoberinsel kamen.
Wenig später saßen sie in einem kleinen Motorboot, das einer Mitarbeiterin von Moons Arena gehörte. Mitten auf dem Wasser brach Hanna ihr Schweigen und erzählte, was sie beschäftigte. Sie erzählte von der Stimme in ihrem Kopf.
„Es gibt viele Pokémon, die über die Welt wachen, sich aber nicht immer persönlich einmischen können oder wollen. Ich vermute, dass eines dieser Pokémon über dich seinen Einfluss gewirkt hat", führte Fatima nach einem Moment der Stille aus.
„Aber wieso ich?"
„Das weiß ich nicht, Kind. Aber ich weiß, dass du ein gutes Herz hast. Vielleicht deswegen."
Hanna gab sich mit der Antwort zufrieden. Palma hatte das Gefühl, dass Fatima etwas zurückhielt, schweig jedoch, um Hanna nicht zu verunsichern.Den Rest des Wasserweges gingen Hanna und Palma Hand in Hand.
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Der lange Weg zum Ruhm
FanfictionViele Kinder trainieren hart, um Pokémontrainer werden zu können. So auch Palma. Naiv tritt sie ihre Reise in der Stadt Alabastia an, in der sie auch ihr erstes Pokémon erhält. Ihr Ziel: Champ der Pokémonliga werden. Auf dem Weg dorthin trifft sie H...