Vorbereitungen

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Etwas planlos irrte Palma durch die Straßen von Alabastia. Sie befand sich auf der Suche nach einem bestimmten Laden – einem großen Geschäft, das Trainerausstattung führte. Nach etwa einer Stunde fühlte sich das blonde Mädchen so verloren, dass es nicht mehr anders konnte, als einen Passanten nach dem Weg zu fragen. Den Tränen nahe sprach sie eine junge Frau an. „Entschuldigen Sie?" Die Angesprochene drehte sich lächelnd zu ihr. „Können Sie mir sagen, wie ich zum Laden für Trainerausstattung komme?", bat Palma schüchtern um Hilfe und starrte dabei auf den Boden. Die junge Frau schwieg verdächtig lange und die frischgebackene Trainerin hatte schon die Sorge, die Frau könne ihr nicht helfen. Gerade als Palma sich bedanken und verabschieden wollte, hob die Frau den Arm und zeigte in die Richtung, aus der Palma gekommen war. „Die Straße runter, dann nach dem Blumenladen nach rechts. Dann erreichst du eine Eisdiele. Auf der gegenüberliegenden Seite geht eine Straße ab. Folge dieser, sie führt auf eine große Straße. Dort müsstest du auch direkt das Gebäude sehen." Palma bedankte sich und wollte gerade gehen, als sie von der Passantin aufgehalten wurde. „Du wirkst ein wenig durch den Wind. Hol dir auf dem Weg doch ein Eis." Mit einem Lächeln, das keine Widerworte duldete, bekam Palma ein paar Münzen in die Hand gedrückt. Stammelnd bedankte sich die Beschenkte und machte sich auf den Weg, der ihr beschrieben wurde. Bei der Eisdiele holte sie sich zwei Kugeln Schokoladeneis und musste auf ihrem Weg darauf achten, dass es ihr nicht von hungrigen Taubsi weggeschnappt wurde. Wie von der Frau vorhergesagt landete sie schließlich auf einer breiten Straße, auf der es nur so von Passanten wimmelte, und sah das Gebäude schon von Weitem. Zielstrebig ging sie darauf zu.

Das Geschäft befand sich in einem riesigen Gebäude, dessen Fassade aus marmorn Elementen und einer Menge Glas bestand. Pokéballmuster zierten die Türrahmen und die Schaufenster im Erdgeschoss waren voller Artikel für den Trainer.
Die Tür öffnete sich vor ihn und Palma holte noch einmal tief Luft, bevor sie eintrat. Ein Schild in Eingangsnähe zeigte ihr, wo sie welche Artikel finden konnte; ihr Ziel war jedoch erst einmal der Serviceschalter. Auf dem Weg dorthin war sie erstaunt, welche Fülle an Artikeln der Laden führte – Pokébälle, Kleidung, Taschen, Fachliteratur und vieles mehr. Hinter dem Tresen stand ein junger Mann mit dunklem Vollbart und lächelte sie freundlich an. „Guten Tag junge Dame, wie kann ich dir behilflich sein?" Die Blondine holte einen Umschlag aus ihrer Tasche legte diesen mit zittrigen Händen auf den Tresen. Freundlich lächelnd nahm der junge Mann den Umschlag entgegen, öffnete ihn, studierte das enthaltene Dokument aufmerksam und tippte ein paar Dinge in das Terminal vor sich ein. „Halte deinen Trainerpass bitte kurz an den Kartenleser hier", deutete er auf einen kleinen Kasten am Tresen. Die junge Trainerin tat wie geheißen und der Mitarbeiter schaute ein paar Male zwischen seinem Terminal und ihrem Gesicht hin und her. „Einen Moment bitte. Gleich kommt eine Kollegin und ihr beiden könnt dann nach Kleidung für dich schauen." Während sie wartete, glitten ihre Gedanken zu ihrer Familie. Ob sie sie jemals wieder sehen würde? Waren ihre Eltern stolz auf sie? Vermissten sie das Mädchen? Vor lauter Gedanken bekam sie nicht mit, dass sie angesprochen wurde. Erst als sie vorsichtig mit einem Klemmbrett angestupst wurde, nahm sie die rothaarige, leicht untersetzte Frau wahr, die vor ihr stand. „Hallo Palma, ich bin Molly." Die beiden gaben sich die Hand. „Die Pokémonliga hat die einen Gutschein für deine Grundausrüstung gegeben. Dann wollen wir doch mal schauen, was wir so für dich finden. Ich schlage vor, wir fangen mit einer Tasche an, gehen dann zu den Schuhen und suchen zu guter Letzt Kleidung für dich aus." Molly führte sie in ein riesiges Abteil voller Taschen. „Wir führen Umhängetaschen und Rucksäcke. Was bevorzugst du?" Palma entschied sich für Rucksäcke und sie gingen zu diesen. „In jedem dieser Rucksäcke befinden sich bereits je zwei Schlaftücher. Diese bestehen aus modernsten, sehr dünnen Kunststofffasern und sind regen-, schmutz- und duftabweisend. Zudem sind sie bei Temperaturen zwischen Minus Zwanzig und Plus Vierzig Grad darauf abgestimmt, deine Temperatur auf einem angenehmen Niveau zu halten. In jedes dieser Tücher würde eine erwachsene Person passen, die deutlich größer und kräftiger ist als du. Du brauchst dir somit keine Sorgen zu machen, dass du aus ihnen rauswachsen könntest. Jeder Rucksack hat zwei Außenfächer für große Getränkeflaschen und im Inneren liegt eine Lebensmittelbox, die die Lebensmittel vor hohen Temperaturen schützt. Sieh dich in Ruhe um, probiere ruhig welche an. Lass dir Zeit, wir sind nicht in Eile." Palma brauchte tatsächlich eine Weile, um sich für einen Rucksack zu entscheiden. Bevor sie Molly die Tasche zeigte, auf die ihre Wahl gefallen war, fiel ihr jedoch eine verschlossene Glastür auf, hinter der weitere Taschen zu sehen waren. Neugierig fragte sie die Angestellte nach den Taschen dort. „Das sind Taschen, die praktisch wie ein Pokéball funktionieren. Man kann sehr viele Items darin verstauen und sie sich über ein kleines Terminal ausgeben lassen. Da sie sehr teuer sind, sind sie leider nicht in deinem Gutschein enthalten.", erklärte Molly.
Nach kurzem Zögern, ob sie wirklich die richtige Wahl getroffen hatte, präsentierte das blonde Mädchen schließlich das Modell, für das es sich entschieden hatte. Der Rucksack hatte zusätzliche kleine Fächer. Außen hatte er ein Pokéballmuster auf schwarzem Grund.

Schuhe und Kleidung waren deutlich schneller ausgesucht. Palma entschied sich für bequeme braune Trekkingschuhe, die sowohl für Straßen als auch für unwegsames Gelände geeignet waren. Sie entschied sich für Kleidung, die aus dem gleichen Material gefertigt war wie die Schlaftücher. Die Hosen waren schwarz und hatten ein weißes Blumenmuster; bei den Oberteilen beschränkte sie sich auf Rot- und Blautöne.

Als alles ausgesucht war, führte Molly Palma noch in einen Nebenraum, in dem bereits ein anderer Mitarbeiter auf sie wartete. Sobald sie in Hörreichweite waren, ergriff er das Wort: „Natürlich bekommst du nicht nur Kleidung von uns, sondern auch sehr nützliche Ausrüstung für dein Leben als Pokémontrainer." Er hielt ihr ein paar Gürtel hin. „Dies sind Trainergürtel. Sie bieten Platz für deine wichtigsten Besitztümer: Jedes der Modelle hat Befestigungen für bis zu sechs Pokébälle, damit du deine Pokémon immer griffbereit hast. Zudem besitzen sie eine Tasche für leere Pokébälle, in der praktisch beliebig viele verstaut werden können. Natürlich haben sie auch eine Halterung für den Pokédex und eine Tasche für das PokéNav. Diesen erhältst du natürlich auch von uns." Kichernd nahm er Palmas fragenden Blick wahr. „Das PokéNav ist ein kleiner tragbarer Computer. Da er in Kanto erst seit kurzer Zeit zugelassen ist, gibt es leider noch nicht viele Programme für ihn. Aktuell ist nur eine Kartenapp installiert. Wir gehen jedoch davon aus, dass in den nächsten Monaten noch weitere Apps zugelassen werden. Diese können dann in jedem Pokémonmarkt kostenfrei installiert werden."
Palma schaute sich die Gürtel an und entschied sich letzten Endes für ein schlichtes, schwarzes Modell mit weißen Elementen, das perfekt zu ihrer neuen Hose passte. „Als kleines Extra befinden sich in der Balltasche bereits fünf Bälle. Ich hoffe, du weißt sie zu nutzen."
In einem kleinen Raum durfte Palma ihre neuen Sachen anziehen; ihre alte Kleidung sollte sie einfach liegen lassen. Die Mitarbeiter halfen ihr anschließend noch beim Packen ihres Rucksacks und gaben ihr Hinweise zu Gebrauch und Pflege ihrer neuen Ausrüstung. Freundlich verabschiedeten sie sich von ihr.

Die frischgebackene Trainerin warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Es war bereits spät und sie hatte noch nichts gegessen. Das Mädchen erinnerte sich daran, dass Pokémoncenter reisenden Trainern einen Platz zum Schlafen und Verpflegung boten; sein nächstes Ziel war also ein Pokémoncenter. Da sie nicht wieder ziellos umherirren wollte, entschied sie sich dazu, direkt jemanden nach dem Weg zu fragen. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und Palma ging so schnell sie wollte, da sie nicht im Dunkeln durch eine ihr unbekannte Stadt irren wollte. Die Straßen waren deutlich leerer als bei ihrer Ankunft und wirkten nun riesig und bedrohlich. Kummer und Angst überkam sie, sie wünschte sich zurück in den Schoß ihrer Familie. Früher fand sie den Gedanken, später einmal eine Trainerin zu sein toll und aufregend. Doch nun, wo es endlich so weit war, machte ihr das alles Angst. Hoffentlich war es kein Fehler gewesen, die Trainerlaufbahn einzuschlagen.

Gerade als es ganz dunkel wurde, erreichte die frischgebackene Trainerin das Pokémoncenter, das am nördlichen Stadtausgang stand. Nervös trat sie durch die Tür. Drinnen stand eine junge Frau mit pinkem Haar und sympathischer Ausstrahlung hinter einem Tresen. „Guten Abend, ich bin Schwester Joy, was kann ich für dich tun?" „Also... ich, ich suche nach einer Unterkunft für heute Nacht und... e-etwas zu essen.", antwortete die Angesprochene etwas ängstlich. Schwester Joy lächelte. „Klar, kein Problem. Dürfte ich kurz deinen Trainerpass sehen?"

Nachdem die Formalitäten erledigt waren und Palma ihre Sachen auf ein Zimmer gebracht hatte, wurde sie von Schwester Joy in einen Speiseraum gebraucht. Die Mitarbeiterin des Pokémoncenters erkundigte sich, ob Palma etwas nicht aß und verschwand für wenige Minuten. Als sie zurückkam, hatte sie einen Teller mit Kartoffelbrei, viel Gemüse und zwei Bratwürsten dabei. „Ich hoffe, dir schmeckt das Essen." Sie setzte sich zu Palma an den Tisch. „Wie ich deinem Trainerpass entnehmen konnte, bist du seit heute Trainerin. Herzlich willkommen in deinem neuen Leben." Die beiden unterhielten sich ein wenig über die Stadt und Palmas Ausbildung. Gerade als die Trainerin ihren Teller geleert hatte, fragte Schwester Joy, welches Pokémon Palma erhalten hatte. Leicht errötet gestand Palma, dass sie vor lauter Aufregung noch gar nicht nachgeschaut hatte. Schwester Joy kicherte amüsiert, hatte jedoch einen verständnisvollen Blick.

„Na, dann lass es mal aus seinem Pokéball."

Der lange Weg zum RuhmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt