Entkommen

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Es war bereits beinah Sonnenaufgang, als ich in dem Versteck ankam, in dem ich zwei Nächte mit Levi verbracht hatte.
Es war das näheste, was an der Mauer lag, jedoch zog es mich auch magisch zu sich.

Ich stieg die schmale Steintreppe hinunter und sofort weckte es Erinnerungen in mir. Welche Angst ich verspürt hatte, als ich zu Levi ans Bett gekrochen war, um mir etwas zu Essen zu stehlen.

Eigentlich hätte es mir damals schon klar sein sollen, dass er nur auf das Eine hinaus war, doch ich war nunmal naiv.
Ich schmiss mich auf eines der Betten und schloss meine Augen.
Ich würde mein Leben wieder so führen, wie damals. Alleine, aber auch ohne diesen Kummer und das Drama.

Ich hatte ungefähr noch zwei Stunden Zeit, bis Levi mich zum Frühstück abholen würde und feststellen würde, dass ich nicht mehr im Zimmer war.
Bis er zu Erwin gerannt war und ihm alles erklärt hätte, würde es auch ein wenig dauern und ich schätzte, dass sie frühstens am Abend los ziehen würden, um mich zu suchen.

Wenn sie es denn überhaupt täten.
Wahrscheinlich war ich es gar nicht Wert, dass die Soldaten ausrückten und mit 30% weniger zurück kamen.

Ich schloss meine Augen und döste vor mich hin. Das vertraute Getrampel der Titanen über mir, ließ mich jedoch nicht fest zur Ruhe kommen. 


Gegen Abend, als es wieder still wurde und ich wusste, dass die Titanen nicht mehr aktiv waren, erhob ich mich vom Bett und sah mich kurz um.
Ein kleiner, idiotische Teil von mir wollte eine Nachricht an Levi hinterlassen.

Dann fiel mir ein, dass ich ja seinetwegen geflüchtet war und ich begann die Spuren zu verwischen.
 

Ich trat nach draußen und sah mich um, doch es waren keine Titanen zu sehen. Ich ging los zum nächsten Versteck. Ich würde wieder die ganze Nacht unterwegs sein, doch es würde sich lohnen, denn es wäre für den Aufklärungstrupp schwieriger mich zu finden.

.

.

.

Seit drei  Wochen war ich nun draußen und ich hatte noch niemanden vom Aufklärungstrupp gesehen.
Es dämmerte und ich sammelte in der Nähe meines Verstecks ein paar Äpfel vom einem Baum, als ich plötzlich Pferdegetrappel hörte.

Ich stopfte die Äpfel ein und rannte über die Wiese, um mich in meiner Höhle zu verstecken. Es lag in einem Steinspalt eines Berges. Es ging mehrere Meter hinein und es gab kleine Abzweigungen, sodass man sich, wenn man sich nicht auskannte, schnell verlief.

Ich stellte mich dicht hinter den Eingang, sah jedoch nach draußen. Das Getrampel wurde lauter, ehe es dicht bei mir verstummte.

"Seht euch hier um!"
Sofort bekam ich eine Gänsehaut, als ich Levis Stimme erkannte und ich hasste wieder mal meinen Körper dafür.

Ich hörte, wie sie von den Pferden abstiegen und leise trat ich weiter in die Höhle. Ich schlich einen Weg entlang, der zwar ich eine Sackgasse führte, jedoch am unscheinbarsten war und ich hoffte, dass sie mich nicht entdecken würden.

Ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass sie hier überhaupt noch auftauchen würden und ich lehnte meinen Kopf gegen die Steinwand.

Ich hörte Schritte, die die Höhle betraten und ich atmete so leise ich konnte.
Es waren mehrere, das erkannte ich an den Schritten und sie kamen immer näher.

Ich spürte wie mein Herz donnerte und ich hatte das Gefühl, es wäre viel zu laut. Ich schloss die Augen und sendete ein Stoßgebet gen Himmel, als plötzlich die Schritte direkt vor mir stoppten und ich die Augen öffnete.

Ich sah in aufgerissene, blaue Augen und vor mir stand Armin.
Ich hörte aus dem anderen Ende der Höhle, wir die Soldaten bestätigten, dass niemand hier sein und nur noch Armin fehlte mit seiner Auskunft.

Ich sah ihm in die Augen und ich wusste, dass wenn er mich verraten würde, wäre es vorbei mit mir.
Einen Moment herrschte absolute Stille in der Höhle und ich war schon bereit, meine Arme ergeben zu heben, als sich Armin zu Wort meldete:
"Hier ist niemand!"

Ich sah geschockt zu ihm, doch er drehte sich um und verschwand, ohne noch einmal zu mir zu sehen.
Ich wartete noch eine ganze Weile, ehe ich absolut sicher war, dass sich niemand mehr in der Höhle befand, als ich zitternd zusammen sackte.

Armin hatte mich nicht verraten, aber warum? Er hatte sicherlich einen Auftrag und hatte sich ihm widersetzt. Das passte nicht zu ihm.


Es waren schon eine Weile keine Pferde mehr hin und her gelaufen, doch ich hatte mich immer noch kein Stück vom Fleck bewegt.
Dann hörte ich wieder ein Pferd, was direkt vor der Höhle stoppte. Ich riss erschrocken die Augen auf.
Hatte Armin mich doch noch verraten?
Er war ein schlechter Lügner und ich denke unter Levis Blick, würde er schnell schwach werden.

Ich hörte Schritte näher kommen, doch es war dieses Mal nur eine Person.
So leise ich konnte, zog ich mein Schwert heraus und als die Schritte direkt vor mir waren, sprang ich nach vorne und wollte zu stechen, doch die Person schrie erschrocken auf und zuckte zurück.

"Verdammt, Armin! Ich hätte dich fast umgebracht!", meckerte ich ihn an und er kratzte sich verlegen den Kopf.

"Sorry! Aber ich wollte dich unbedingt noch mal sprechen."

"Bist du alleine?", fragte ich skeptisch und er nickte. Ich zögerte noch einen Moment, ehe ich das Schwert senkte und wieder einsteckte.

"Wieso hast du mich nicht verraten?"
Ich wusste immer noch nicht, ob ich ihm trauen konnte oder ob ich in einer seine brillianten Fallen getappt bin.

Doch wieder lächelte er mich an und es wirkte so ehrlich, dass ich meine Sorgen beinah wieder über Bord geworfen hätte.
"Ich fand es damals schon schlimm, dass sie dich gezwungen haben, dem Aufklärungstrupp beizutreten. Es sollte jeder für sich entscheiden und wenn du lieber hier draußen leben willst, finde ich, dass wir nicht das Recht haben, dir etwas anderes aufzuzwingen."

Ich spürte, wie mir wieder Mal Tränen der Rührung aufstiegen und am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen. Doch bevor ich etwas sagen konnte, sprach er weiter:
"Jedoch würde ich gerne verstehen, warum du dich von uns abgewand hast. Ich weiß, dass es irgendwas mit dem Hauptgefreiten zu tun hat. Und dass er die wehgetan hat, aber ich kann dir sagen, dass er in den letzten paar Wochen gelitten hat."

Er wurde zum Ende hin immer leiser und ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte.
"Meinst du nicht, dass ihr irgendwie wieder gerade biegen könnt und dass du doch noch mal zurück kommst?"

Ich konnte ihn nicht ansehen, denn sein Hoffnungsvoller Blick zeriss mir das Herz. Er seufzte und ich glaubte er verstand mein Schweigen richtig.

Er erhob sich und lächelte mir zu.
"Vielleicht sehen wir uns irgendwann mal wieder. Wir werden noch den morgigen Tag hier in der Nähe bleiben und danach weiter richtung Norden ziehen."

Ich nickte und er drehte sich um und verschwand aus der Höhle.

"Danke, Armin!" <3

Levi x Reader ~Hinter der Mauer~ //BEENDET//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt