26. Die Wahrheit

187 26 15
                                    

„Nun wäre es aber langsam an der Zeit, mir die Wahrheit zu verraten."

Anna, Yara und ich zuckten synchron zusammen und warfen Gandalf erschrockene Blicke zu. Wir saßen jeder auf einem stattlichen Pferd, das uns Elrond freundlicher überlassen hatte, und trabten gerade auf einem schmalen Waldweg.

Einzelne Sonnenstrahlen hatten es durch das Blätterdach nach unten geschafft, Insekten brummten und es lag ein angenehmer Frühlingsduft in der Luft.

Aber Gandalfs Aufforderung hatte binnen Sekunden dafür gesorgt, dass ich all die Schönheit nicht mehr richtig wahrnehmen konnte. Die Wahrheit sagen? Anscheinend logen wir nicht halb so gut wie gedacht.

„Blickt mich nicht so erschrocken an", meinte der Zauberer mit einem leichten Lachen im faltigen Gesicht, „ich ahne doch, dass ihr nicht aus Hogwarts stammt! Charlie, du bist doch niemals mit dieser furchtbaren Hexe Bellatrix befreundet, nicht wahr?"

Ich warf meinen Freundinnen einen genervten Blick zu. Es war doch von Anfang an klar gewesen, dass der Scherz von Yara, ich wäre die beste Freundin von Bella, absolut nach hinten losgehen würde!

„Ähm ja, das war ein Scherz. Also das mit Hogwarts", meldete sich nun eben dieses Mädchen zu Wort, „eigentlich... oh Gott, das klingt so verrückt! Eigentlich waren wir nur auf dem Eichendorff-Gymnasium in Bamberg. Und das liegt in Deutschland, aber Deutschland liegt nicht in der Nähe von Gondor, sondern..."

„In einer komplett anderen Welt", warf Anna tonlos ein.

„Genau", fuhr Yara fort, „so crazy es auch klingt, „dort gibt es keine Orks, keine Trolle, dafür aber Atomwaffen, Staatsoberhäupter mit so viel Gewissen und Menschlichkeit wie Sauron und jede Menge Technik, so zum Beispiel die Smartphones. Viele Frauen haben kurze Haare, man braucht keine Pferde zur Fortbewegung, sondern hat Kutschen, die mit Benzin oder Diesel oder Elektrotechnik vorwärtskommen, man kann sich unterhalten, obwohl man meilenweit voneinander entfernt ist und... oh Gott, du bist jetzt komplett verstört, oder?"

Ich sah Gandalf prüfend an. Doch der Zauberer wirkte nicht verwirrt, nein, er lächelte noch immer.

„Ich verstehe schon. Lasst mich raten, ihr unterhieltet euch über unsere Welt, die ihr wohl besser geht als mancher Bewohner selbst, schlieft ein und wachtet irgendwo hier auf?"

Perplex starrten wir Gandalf an. Hieß das etwa... er wusste auch Bescheid? Wobei, die Frage war echt unnötig. Natürlich wusste er von uns und unserem Schicksal.

„Das sehe ich einmal als Ja", stellte er zufrieden fest, „wusste ich es doch. 

Aber nun hätte ich tatsächlich ein paar Fragen. Die letzte ausführliche Unterhaltung mit anderen Deutschen liegt leider schon lange zurück. Und zwar: 

Was ist mit der Mauer zwischen Ost – und Westdeutschland geschehen? Steht sie noch? Oder ist der dritte Weltkrieg ausgebrochen? Wie steht es um den kalten Krieg? Sind Prinz Tscharls und Prinzessin Diana noch immer so glücklich verheiratet? Ist Helmut Kohl noch immer Bundeskanzler von Deutschland? Haben sich Kwin und Freddi Mörküri wieder vereint? Und spielt Lothar Matthäus noch immer so grandiosen Fußball wie damals?"

„Oh Gott, das war ganz schön viel auf einmal!", lachte ich und überlegte kurz, „Aber, ähm, sorry Gandalf, es hat sich ganz schön viel verändert."

In den nächsten Minuten beantworteten wir all seine Fragen, die ihn teilweise wirklich traurig stimmten. Schon die Scheidung von Diana und Charles und ihr früher Tod brachte ihn kurz aus der Fassung, und als wir noch von Freddies schrecklicher Krankheit erzählten, sammelten sich tatsächlich Tränen in seinen Augen.

„Wie schrecklich", seufzte er, „mir spielte ein Weltenwandler damals das Lied Lof of mai laif auf seinem Wokmän vor, und ich verliebte mich auf der Stelle in Freddis Stimme!

Aber schön, dass Deutschland mittlerweile eine Frau an der Macht hat!

Nicht zu vergessen, dass euer Wissensvorsprung einen enormen Vorteil für unsere Reise darstellt. Ich nehme einmal an, ihr wisst, wohin es die Zwerge verschlagen hat? Denn lange wird sich ihre Spur nicht mehr halten..." 

Meine Freundinnen und ich tauschten erfreute Blicke. Wir wussten doch schon immer, dass unsere zahlreichen Mittelerde-Marathons irgendwann einmal sinnvoll sein würden!


Nach keine Ahnung wie vielen Wochen mal wieder ein kleines Kapitel :) Ich hab echt Probleme zur Zeit etwas zusammenzubekommen, weil ich nicht wirklich weiß wie ich was in Worte fassen soll usw, aber jetzt hab ich mich mal bemüht und fast 650 Wörter geschrieben ^^ Mir tut es auch leid, dass so wenig Handlung vorkommt, aber ich wollte unbedingt mal wieder updaten <3 Wenn die Charaktere zu den Waldelben kommen (was leider noch dauert) wird es aber wieder richtig lustig, weil ich dafür schon viele Ideen hab, so viel sei schon mal versprochen 😜

Im Pyjama durch MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt