33. Ein überrumpelter Hautwechsler und blutrünstige Meerschweinchen

119 20 3
                                    

Wie ich es mir gedacht hatte, schlief ich so gut wie lange nicht mehr. Ich wachte nur einmal kurz auf und sah Bilbo, der den Ring herausholte. Erleichtert ließ ich mich wieder zu Boden sinken und schloss die Augen. Er hatte den Ring also gefunden, der Grundstein für „Herr der Ringe" war damit gelegt.

Am nächsten Morgen wachte ich mal wieder als erstes auf. Alle anderen schliefen noch tief und fest und ich fühlte mich sofort in den unangenehmen Moment zurückversetzt, wenn ich bei Freunden übernachtet hatte und als erstes aufgewacht war. Da fühlte man sich so fehl am Platz, das war nicht mehr normal.

Ich stand leise auf und sah aus dem Fenster. Draußen schien die Sonne, es war ein wundervoller Morgen. Schnell schnappte ich mir mein Handy, um den idyllischen Augenblick einzufangen. Vögel saßen in den grünen Bäumen und zwitscherten fröhlich, Ponys trabten ausgelassen über eine Wiese, ein Bach mit glasklarem Wasser schlängelte sich durch den Garten und riesige Bienen summten.

Da fiel mein Blick auch auf Beorn. Der Hautwechsler war nun in Menschengestalt und hackte Holz.

Ich betrachtete noch einige Zeit die schöne Landschaft, bis auch die Zwerge aufwachten. Eben erhob sich Bilbo von seinem Nachtlager, zog seine Jacke an und verscheuche eine der überdimensionalen Bienen.

Der Hobbit trat neben mich und sah ebenfalls aus dem Fenster.

„Welch schöner Morgen", stellte er fest und seufzte, „es erinnert mich ein wenig an mein Zuhause."

Anscheinend hatte er wirklich Heimweh.

„Du vermisst das Auenland, oder?", fragte ich vorsichtig. Bilbo biss sich nervös auf die Lippe und nickte dann.

„Ja. Ich vermisse meine Heimat. Meinen Garten. Die Schmetterlinge, die auf den Blumen sitzen. Der kleine Hund, der mich manchmal besuchen kommt. Meine Stube und den warmen Ofen." Er hielt inne und sah mich an. Dann fragte er:

„Vermisst du Deutschland?"

Ich zuckte unwillkürlich zusammen. Er hatte eben die Frage gestellt, die ich immer versucht hatte zu verdrängen. Nicht an sie zu denken. Bis jetzt war mir das auch immer gelungen, schließlich war immer etwas los hier und für solche Gedanken war dann oft einfach kein Platz mehr.

Ich räusperte mich und erwiderte dann: „Naja, ein bisschen schon. Also meine Familie fehlt mir schon manchmal. Und... meine drei Meerschweinchen hätte ich auch gern auf die Reise mitgenommen. Auf den saftigen Wiesen hier würden sie sich sicher wohlfühlen. Aber ich werde sie ja alle bald wiedersehen, von daher hält sich mein Heimweh zum Glück in Grenzen."

In Wahrheit hatte ich keine Ahnung, ob ich meine Familie jemals wiedersehen, geschweige denn nach Deutschland zurückkehren wollte. Oder ob ich das überhaupt wollte.

Länger konnte ich nicht mehr mit Bilbo über Heimweh zu philosophieren, denn langsam wachten auch die Zwerge auf.

Dori und Bofur stritten schon wieder, da Dori schon wieder zum Aufbruch drängte. Seiner Meinung nach sollte man sich heimlich, still und leise verkrümeln, was dann Dwalins Ehre zutiefst verletzte.

Er packte den anderen Zwerg am Kragen und knurrte wütend: „Ich laufe vor niemanden davon, Bestie oder nicht!"

Meine Freundinnen und ich tauschten genervte Blicke. Hier ging es ja zu wie in unserer alten Klasse, wenn man entscheiden durfte, wohin es am Wandertag gehen sollte. Die einen wollten ins Kino gehen, die anderen lieber zum Bowling und die anderen hatten eh keinen Bock. Und am Ende latschte man wie jedes Jahr zum Spielplatz im Nachbardorf.

Gandalf entschied sich dazu, den Part der genervten Lehrkraft zu übernehmen und rief bestimmt: „Darüber zu streiten ist sinnlos. Ohne Beorns Hilfe kommen wir nicht durch das Wilderland. Man würde uns zur Strecke bringen, ehe wir den Wald erreichen."

Im Pyjama durch MittelerdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt