Kapitel 22

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James

Am Montag verpasse ich fast den Zug, weil ich es nicht schaffe, meine Sachen zusammenzusuchen. Meine Mom regt sich auf, weil sie mir schon gestern gesagt hat, dass ich packen sollte, aber ich hab ihr natürlich nicht zugehört, weil ich so beschäftigt war, mich davon abzuhalten, von Panik wegen des Schulanfangs überfallen zu werden. Und was hab ich davon? Einen ungedeckten Koffer, und die Panik kommt mir jetzt doch hoch und hinterlässt ein permanentes Flattern in meiner Brust, das sich erst wie Aufregung anfühlt, aber keine Aufregung ist, weil man sich bei Aufregung meistens nicht in seinem Kleiderschrank verschanzen und nie wieder mit einem lebenden Wesen sprechen möchte.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch nicht ein mal an meinem ersten Schultag so grauenhaft viel Angst hatte, diesen dummen Zug zu betreten. Vielleicht war das nicht-rechtzeitig-Packen ja eine Art unterbewusster Protest meines Gehirns, um nicht rechtzeitig zum Bahnhof zu kommen. Wenn ja, hat es das nicht so ganz hinbekommen.

Ich muss nicht lange warten, da winkt Remus mir schon zu, und hievt seinen Koffer zu mir rüber. Ich schlucke.
Es ist nur Remus. Wir haben uns sogar an Neujahr getroffen, in London, als eine Art Zwischenlösung weil Peter keine Zeit hatte und Sirius wie ein verbotener Name schien, einer, den man nur aussprechen müsste und schon würde einem irgendein Fluch, mit dem er belegt ist, die Kehle abhacken.

Es ist nur Remus, aber meine Kehle schnürt sich trotzdem zu.

Ich bin schrecklich darin, Geheimnisse zu haben. Zumindest vor meinen Freunden.

Mein Mund wird trocken, wenn ich daran denke, warum ich überhaupt etwas vor ihnen verheimlichen muss.

Wir erwischen ein freies Abteil, gehen davon aus, dass Peter uns schon finden würde, weil er das sowieso immer tut, und ich lasse mich auf einen der Sitze fallen, nur, um daraufhin am Ärmel meines Pullovers herum zu ziehen.

Remus holt zu meiner Verwunderung nicht sofort ein Buch aus seiner Tasche, wie er es sonst getan hätte, sondern wirft nur einen Blick durch die noch offene Abteiltür auf den Gang und seufzt.

Ich presse die Lippen aufeinander. Die Stille zwischen uns ist so schwer, dass ich denke, sie würde mich zerdrücken, und ich sollte wohl etwas sagen, aber ich weiß nicht was, und es fühlt sich so an, als würde mir alles rausplatzen, was in meinem Kopf herumschwirrt, würde ich meinen Mund auch nur ansatzweise öffnen.

Peter findet uns, wie erwartet, ziemlich schnell, und dann greift Remus wirklich zu seinem Buch, und ich sehe aus dem Fenster, während Peter wieder anfängt, an seinem Drehwürfel herumzudrehen.

Ich muss mich zusammenreißen, um nicht anzufangen, an meinen Fingern abzuzählen, wann die nächsten Ferien beginnen. Wenn das hier so weitergeht, dann werde ich endgültig wahnsinnig.

Wann hat alles angefangen, so abgrundtief schrecklich zu sein? Das hier ist nicht richtig. Das sind nicht wir. Das ist einfach nur grauenvoll, weil niemand den Mund aufbekommt, niemand irgendetwas aus seinen Ferien erzählt, sich über Verwandte lustig macht, oder eine Idee für irgendeinen Streich hat.
Und verdammt, Sirius ist wirklich nicht hier. Er war auch während der Fahrt nach London nicht in unserem Abteil, und ich habe ihn allgemein seit Ewigkeiten nicht gesehen, verdammt.
Verdammt, er ist immer noch nicht da.
Ich weiß nicht, ob ich Hoffnungen hatte, über Weihnachten könnte alles wieder normal geworden sein, aber irgendwie bin ich enttäuscht, dass es nicht so ist. Dass es nicht normal ist, dass wir nicht reden, und dass Sirius in einem anderen Abteil sitzt, als hätten wir einen Streit gehabt, oder so.

D E A L | Jegulus-FanFiction DeutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt