Regulus
Ich starre an die Decke des Schlafsaals und fühle mich, als stünde ich kurz vorm Explodieren. Außer mir ist keiner da - naheliegend, die meisten sind noch beim Abendessen.
Ich habe andere nie verstanden, wenn sie geklagt haben, ihnen wäre langweilig und sie hätten nichts zu tun. Für mich gab es immer irgendetwas zu tun - im schlimmsten Fall nahm ich ein Buch und las über Leute, die all die Sachen hatten, die ich nicht hatte; Freunde, Hobbys, Abenteuer, die sie erlebten - und ich gab mich damit zufrieden. Damit, dass diese Dinge für mich nicht auf dem Plan standen, dass es die Buchcharaktere waren, die dieses Leben lebten, und ich lediglich ein Junge ohne Freunde, der sich in seinem Zimmer versteckte und sich Zeile um Zeile in eine andere Welt las. Es war genug, diese Sachen auf dem Papier passieren zu sehen.
Die Betonung liegt auf war.
Denn jetzt liege ich hier, und alles in mir schreit danach, etwas zu tun. Irgendetwas dummes, etwas, was Leute in meinem Alter tun, einfach, weil sie es können. Egal was - ich möchte raus. Ich möchte raus aus diesem Umfeld, das ich mir geschaffen habe, im Glauben, es würde irgendwann besser werden.
Immer, wenn ich in den vergangenen Jahren meines Lebens irgendetwas wollte, das mich gezwungen hätte, aus dem Kreislauf meines Lebens auszubrechen, irgendwelche Ideen, deren Umsetzung irgendjemandem übel aufstoßen könnte, habe ich diese Gedanken verschoben mit der Ausrede, ich würde zu ihnen zurückkehren, wenn ich älter wäre. Irgendwann würde ich von zu Hause ausziehen, mir ein eigenes Haus suchen, irgendwo, wo mich niemand finden würde. Und dort würden endlich alle nach meinen Regeln spielen. Ich würde dem Wahnsinn der Blacks entkommen sein, und dann würde ich mir nach und nach all diese Wünsche, die in meinem Kopf leben, hüpfen und leuchten um sich bemerkbar zu machen, erfüllen.
Aber in dem Moment, in dem mir dieser naive Plan meinerseits bewusst wird, wird mir klar, dass ich auf dieses Ende meiner Geschichte nicht einfach warten kann. Dass es keinen Sinn macht, zu erwarten, die Dinge würden sich irgendwann von selbst nach meiner Vorstellung drehen und wenden. Nein, wenn ich so weitermache, werde ich irgendeine reinblütige Frau heiraten, die ich nicht einmal kenne, eine steife, graue Familie gründen, und mein wahres Verlangen auf eine Zeit verschieben, die nie eintreffen wird.
Wenn ich so weitermache, werde ich die Welt, die ausgerechnet James Potter mir nährgebracht hat, nie betreten können.
Und verdammt, diese Vorstellung ist echt traurig.Bevor ich es zwei mal überdenken kann, bin ich aufgestanden und gehe auf die Tür des Schlafsaals zu. Raus hier. Aber wohin?
Der Schal. Der gottverdammte Schal, der immer noch in einem kleinen Fach meines Koffers verweilt, weil ich nicht die Nerven dazu gehabt habe, ihn rauszuholen. Es ist, als wäre er der Beweis für irgendeine Vermutung, die jeder zu haben scheint, die ich aber nicht ganz betiteln kann, weil ich sie selbst nicht kenne. Jetzt ist der Schal die beste Ausrede, die mir einfällt, um unauffällig, durch reinen Zufall beim Eingang zum Gryffindorgemeinschaftsraum vorbeizuschauen. Nicht, dass ich wirklich vorhabe, ihn zurückzugeben, es sei denn, ich würde James irgendwie begegnen - ich habe nur das Gefühl, dass ich es in diesem Schlafsaal nicht mehr lange aushalte.
Also gehe ich los, den Schal unter meine Robe geschoben - ich will mir gar nicht vorstellen, was wieder für Gerüchte ausbrechen würden, würde mich jemand mit einem Gryffindor-Schal sehen.
Während ich mein bestes gebe, nicht von einer der Stiegen erschlagen zu werden, lasse ich mir ungefähr zwanzig Geschichten einfallen, die ich erzählen könnte, sollte mich jemand fragen, was ich hier tue. Und dann denke ich darüber nach, was ich sagen könnte, wenn ich mit James rede. Und mir fällt nichts ein. Als würde das hartnäckige Gefühl von Hitze, das bei dem Gedanken in meiner Brust aufschwillt, all meine Gehirnzellen verbrennen.
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D E A L | Jegulus-FanFiction Deutsch
FanficFür einen kurzen Moment beobachte ich, wie James Potter vor mir durch die Luft fliegt, wie er seine Hände fest um den Besen geschlossen hat, wie der Wind ihm ins Gesicht schlägt und ihm die Haare nach hinten kämmt, und wie seine strahlend weißen Zäh...