|27| All that's left is a ghost of you

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Stille. Sie konnte hören wie ihr Herz pochte und das Blut durch ihren Körper rauschte. Ihr Atem schien ohrenbetäubend laut in dieser Stille. Das heruntergekommene Hause knackte bei jedem Schritt den sie tat. Anfangs hatte sie sich bei jedem Geräusch erschrocken, doch allmählich hatte sie sich dran gewohnt. Seit dem Unfall hatte sie das Haus nicht mehr betreten. Ganze sechs Jahre lang nicht. Ganz genau erinnerte sie sich noch an das, was sie hier vor gefunden hatte.

Wie immer kam sie nach der Schicht in das Haus von ihr und ihrem Mann. Sie war gut gelaunt, sehr gut sogar. Heute hatte sie keinen Patienten verloren, alle würden erfolgreich versorgt.
"Phil, ich bin wieder da! Ich habe uns Pizza mitgebracht", rief sie, bevor sie sich ihre Schuhe auszog. Die Tasche stellte sie auf die Kommode, bevor sie die Pizzakartons in die Küche stellte.
"Phil?"
Sie machte sich keine Gedanken um ihren Mann. Sie war nur sauer, dass er sie wieder nicht zu hören schien, weil er wahrscheinlich wieder in irgendetwas vertieft war.
"Phil! Wo bist du? Komm jetzt!", schrie sie, ohne sich um einen freundlichen Ton zu bemühen.
Erneut kam keine Antwort. Sie seufzte auf, bevor sie sich ins Wohnzimmer setzten wollte.

Nichtahnend betrat sie es, bevor ihr klar wurde, warum Phil ihr nicht antwortete. Blut. Sehr viel Blut. Ein Messer steckte in seiner Brust. Er atmete nicht mehr, kein röcheln, kein nach Luft schnappen. Garnichts. Sie begann vor Aufregung zu zittern und blieb wie erstarrt im Türrahmen stehen. Wie in Zeitlupe holte sie ihr Handy aus der Hosentasche.

"Hallo, Feuerwehr Rettungsdienst Köln, was ist passiert."
Ihre Stimme zitterte, war kurz davor zu versagen.
"M-Martinson mein Name. Mein Mann, sie müssen bitte kommen. Da steckt ein Messer in seiner Brust."
Ihre Stimme brach ab. Sie hatte es ausgesprochen, das, was sie gesehen hatte.
"Okay Frau Martinson, das ist eine sehr schwere Situation für sie, was ich komplett nachvollziehen kann, aber ich muss Sie bitten ruhig zu bleiben."
Sie nickte. Schloss ihre Augen und atmete einmal tief durch.
"Haben sie den Puls gefühlt, atmet er noch?"
Sie begann schneller zu Atmen. Scheiße, sie hatte nichts gemacht und sie war verdammt nochmal Notärztin.
"Frau Martinson, ruhig atmen."

Sie schmiss ihr Handy auf den Boden und kniete sich neben Phil. Obwohl sie wusste, dass es bereits schon zu spät war, tasteten ihre zittrigen Finger nach dem Puls am Hals. Wie erwartet fand sie nichts. Sie beugte sich über sein Gesicht um seitlich auf den Brustkorb zu schauen, ob dieser sich hebte oder senkte. Wie erwartet war nichts zu sehen.
"Hey Phil", murmelte sie leise und ergriff seine kalte Hand.
"Ich bins Paula. Ich hoffe, dass du da wo du jetzt bist deinen Frieden findest. Irgendwann werde ich zu dir kommen, versprochen. Und ich werde dafür sorgen, dass der, der dir das angetan hat, für immer weggesperrt kommt."
Sie brach in Tränen aus und blickte nach oben.
"Und-und ich hoffe, dass ich dir auch soviel bedeutet habe, wie du mir", schluchzte sie, währenddessen sie seine Hand streichelte.

Es klingelte an der Tür. Der Rettungsdienst war da, doch es war schon zu spät. Schon lange war es zu spät. Trotzdem öffnete sie die Tür, nur um Franco und Alex zu erblicken.
"Oh Gott Paula, was ist denn mit dir passiert", rief Franco erschrocken, bevor er sie in den Arm nahm. Wieder begann sie hemmungslos zu weinen. Der Boden unter ihren Füßen begann zu schwanken.
"Ich liebe ihn doch", flüsterte sie noch, bevor sie endgültig zusammenbrach.
Als sie wieder aufwachte, lag sie im Krankenhaus. Sie starrte an die Decke. Am liebsten wäre sie nie wieder aufgewacht, um diese Erinnerungen nicht mit sich rumtragen zu müssen. Als sie entlassen wurde stand sie wieder vor ihrem Haus. Es war komisch. Sie wollte dort nicht rein. Dort, wo er getötet wurde. Nie wieder wollte sie das Wohnzimmer, geschweige denn das Haus betreten.

Tränen liefen Paula's Wangen stumm hinunter. Sie hatte sich geschworen nie wieder hier her zu kommen und jetzt? Jetzt stand sie hier, in dem heruntergekommenen Haus. Die Bilder begannen wieder in ihrem Kopf aufzutauchen. Wieder begann sie zu zittern.
"Es ist okay Paula", meinte Charlotte. In ihr hatte die junge Notärztin eine tolle Kollegin und auch Freundin gefunden, der sie wirklich alles anvertrauen kann.
Fest umarmte sie die zitternde Paula, bevor sie ihr die Tränen wieder aus dem Gesicht wischte.
"Er ist immer in deinem Herzen. Er passt jetzt auf dich auf."
Paula legte ihre Hand auf ihre Brust und lächelte, trotz der vielen Tränen.
"Ich weiß, er schaut mir num von oben zu.

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Es tut mir erstmal wahnsinnig Leid, dass ich den Adventskalender noch nicht ganz fertig habe, aber Schule geht vor, weshalb ich hoffe ihr seit mir nicht allzu böse. Irgendwie finde ich, dass das Kapitel hier etwas hat und ja ich hoffe es gefällt euch:)

If we don't safe them, who will?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt