|23| It's true, I was made for you

545 19 4
                                    

- Sicht Jacky -

Verzweifelt strich ich mir durch die Haare. Ich konnte die Tränen nicht mehr aufhalten und die unheimliche Stille erfüllte ein leises Schluchzen. Mein Schluchzen. Es war Nacht, der Himmel war klar, die Sterne funkelten am Himmel. Die Holzbank auf der ich saß war unangenehm nass geworden, doch es störte mich nicht. Meine Gedanken kreisten um sie. Amelia.

Eben hatte ich diesen Anruf erhalten. Den der einem das Atem vergessen lässt. Sie hatte einen Unfall gehabt, wurde als Polytrauma mit dem Helikopter in die Klinik geflogen. Mehr als ein Autounfall wurde mir nicht mitgeteilt, aber was war ich schon? Eine Freundin? Ihre Freundin?

Erneut erwich mir ein leises Schluchzen und ich spürte wie warme Tränen meine Wangen hinunterflossen. Eine Gestalt hinter mir ließ mich zusammenzucken.
"Jacky, was machst du denn hier? Es ist echt kalt hier draußen", meinte jemand, der sich letztendlich als Paula entpuppte.
Ich erwiderte nichts, woraufhin die Notärztin sich neben mich setzten.
"Hey Maus, du weinst ja, was ist denn passiert?"
"Ich-Amelia", schluchzte ich und stützte meinen Kopf in meine Hände.
"Sie schafft das, okay?"
"Nichts ist okay! Was ist wenn sie es nicht schafft", schrie ich beinahe.

Paula schaute mich nur, soweit ich es im fahlen Licht der Laternen sehen konnte, mitleidig an, bevor sie mich umarmte.
"Gehen wir rein?", fragte sie mich sanft. Stumm nickte ich und ließ mich von ihr nach drinnen bringen.

Ich kniff meine Augen aufgrund des hellen Lichtes zusammen, als ich die Klinik betrat. Sofort schlug mir der altbekannte Krankenhausgeruch entgegen.
In der Notaufnahme ließ ich mich auf erschöpft auf einen Stuhl nieder. Paula, die sich neben mich gesetzt hatte blickte mich nur traurig an.
"Ich geh mal nachfragen, okay?"
Ich nickte nur teilnahmslos, bemüht meine Augen offen zu halten. Das ganze Adrenalin, was bis eben meinen Körper durchflutet hatte, war verschwunden. Ich war einfach nur erschöpft und hätte nichts lieber getan als zu schlafen, aber ich musste warten, auf Amelia, dass sie aus dem OP zurückkommt. Wenigstens ich wollte bei ihr sein, die ganze Zeit. Ihr beistehen, bis sie wieder gesund war, wenn sie es denn lebend aus dem OP schaffte. Bei dem Gedanken fuhr mir ein eiskalten Schauer über den Rücken.

Stunden vergingen, bis endlich eine Ärztin auf mich zukam.
"Gehören sie zu Frau Steiner?"
Ich nickte wild.
"Ich bin Frau Doktor Altenmöller, ich kann Ihnen sagen, dass sie lebt. Aber wir müssen schauen, weil die nächsten 24 h sind jetzt entscheidet, wenn sie die überlebt, bin ich sicher, dass ihre Chancen gut stehen", teilte mir die Ärztin mit. Als sie geendet hatte, lief sie nicht direkt davon, sondern begann nervös auf ihrer Unterlippe herumzukauen.
"Da ist doch noch etwas."
"Ja", begann sie unsicher.
"Ja, ja was denn jetzt."
Ungeduldig begann ich mit meinem Bein zu wippen.
"Wie gesagt, sie hatte einen doch recht Schweren Autounfall, wobei ihr linkes Bein ziemlich schwere Schäden davon getragen hat. Uns blieb nichts anderes übrig als es zu amputieren, sonst hätten wir sie verloren."
Entsetzt starrte ich die Ärztin an.
"Wissen Sie eigentlich was sie damit getan haben? Die junge Frau ist Ärztin, sie wollte Notärztin werden und jetzt? Wie stellen Sie sich das vor mit einem Bein", fing ich verzweifelt an zu schreien. Paula schien das wohl mit bekommen zu haben, da sie angelaufen kam und mich einfach umarmte, wodurch ich verstummte. Wieder begann ich zu schluchzen.

"Kann ich zu ihr?"
"Morgen, komm ich nehm dich mit nach Hause", meinte Paula, bevor sie mich ihn ihr Auto setzte.
"Ich muss mich noch umziehen."
"Mmh."
Sie schlug die Autotür zu. Traurig blickte ich aus dem Fenster. Mit Mühe unterdrückte ich meine Tränen.

It's true, I was made for you.

Ertönte es aus dem Radio.

I climbed across the mountain tops
Swam all across the ocean blue
I crossed all the lines and I broke all the rules
But baby I broke them all for you
Because even when I was flat broke
You made me feel like a million bucks
You do and I was made for you

Ich musste eingeschlafen sein, da ich sanft durch Paula geweckt wurde.
"Wir sind da", meinte sie leise und öffnete mir die Tür. Im Halbschlaf stieg ich aus dem Auto. Paula führte mich in ihre Wohnung, wo ich mich totmüde auf die Couch legte.
Mein Kopf war wie leer gefegt und kein einziger Gedanke schwirrte dort herum. Vielleicht war es auch gerade besser so.

Als ich aufwachte blinzelte ich verschlafen. Wo zur Hölle war ich?
Mir fiel langsam in Bruchteilen ein, das ich wohl bei Paula sein musste.
Amelia.
Ich schoss in die Höhe und sprang von der Couch.
"Bin bei Lia", rief ich noch, bevor ich durch die Haustür verschwand. Mit schnellen Schritten lief ich zur Klinik. Die Luft war kühl und ein leichter Nebel hing noch in der Luft. Ich beschleunigte meinen Schritt, da mir verdammt kalt im T-Shirt war.

Angekommen lief ich geradewegs durch auf die Intesivstation.
"Was laufen Sie denn einfach hierrum?", ertönte plötzlich eine Stimme hinter mir.
Ich zuckte zusammen, bevor ich mich langsam umdrehte.
"Meine-ich meinte eine Freundin von mir liegt hier", erklärte ich nervös.
"Sie sind nicht verwandt?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Ich kann Sie nicht zu ihr lassen, tut mir Leid."
Genervt verdrehte ich die Augen.
"Lassen Sie mich dich einfach vorbei, das bleibt unter uns."
Wahrscheinlich hatte die Krankenschwester keine Lust auf Stress mit mir, da sie sich umdrehte und bedeutete mir ihr zu Folgen.

Sie zeigte mir das Zimmer und verschwand wieder. Ich zögerte noch etwas, bevor ich letztendlich die Tür öffnete.

Ich atmete zitternd ein, als ich Amelia daliegen sah. Intubiert, mit unzähligen Verbänden und Schläuchen.

"Lia, ich bins", flüsterte ich leise und setzte mich zu ihr ans Bett. Vorsichtig strich ich ihr eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht.
"Weißt du, als du mir letztes Jahr immer wieder sagtest, dass ich genug bin und ich keine Zweifel an mir selber haben soll? Ich glaube jetzt werde ich dir helfen auf deinem Weg-"

Meine Stimme brach ab. Ich lehnte meinen Kopf auf ihre Schulter.
"Bitte, bitte lebe, okay? Für mich."

If we don't safe them, who will?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt