[2] Todesfall (1/2)

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- Sicht Amelia -

Hektisch zog ich mir meine Dienstkleidung an. Es war erst das dritte oder vierte mal, dass ich als Ärztin Dienst hatte, sodass ich immernoch ein wenig aufgeregt war, was passieren würde. In meiner Eile stieß ich gegen Charlotte, die mich zum Glück vom Fallen abhielt.
"Du hast es aber eilig."
"Ja, ich bin ein bisschen zu spät dran, ich muss jetzt weiter."
"Viel Spaß noch."
Ich schenkte der Ärztin noch ein Lächeln, bevor ich weiterlief. Am Empfang schaute ich mir bereits einige Akten an, als schon der erste Notfall hereinkam.

Ein Mann mitte dreißig, kam unter starken Schmerzen in die Notaufnahme und hielt sich die Schulter.
"Hallo, Frau Steiner mein Name, wie heißen Sie?"
"Wegener", presste der Mann mit zusammen gebissenen Zähnen hervor.
"Okay, Herr Wegener, was ist den mit Ihrer Schulter passiert?"
"So ein Bulle hat mir die Arme auf den Rücken verdreht, bis es geknackt hat. Ich zeig, das Schwein an!"
"Alles gut, wir schauen jetzt mal nach okay?"

Ehrlich gesagt, war mir der Typ garnicht geheuer. Wo waren eigentlich meine anderen Kollegen? Bis jetzt war nur Schwester Linda mit mir und ihm in diesem Raum.

Ich drückte dem Mann etwas auf der Schulter rum, was er mit einem gelegentlichen Zischen kommentierte.
"Ich denke, die ist nur, in Anführungszeichen, ausgekugelt. Wir schicken Sie erstmal ins Röntgen."
"Nein!", schoss es aus ihm herraus, ehe ich fertig gesprochen hatte.
"Aber wenn ich den Arm so einrenken würde, würde ich den Arm vielleicht noch weiter beschädigen, das es trotzdem zur Knochenabsplitterung gekommen sein kann", versuchte ich ihm zu erklären.
"Ist mir egal, renken Sie den hier ein oder ich mach das selber."
"Herr Wegener, bitte seien Sie vernünftig und lassen Sie sich röntgen."
"Ich habe Sie gefragt, ob sie mir das so einrenken, aber wenn sie mir nicht helfen wollen."

Er nahm seinen verletzten Arm und begann ihn leicht in alle Richtungen zu bewegen. Als er seiner Meinung nach den richtigen Winkel gefunden hat, zog er einmal ruckartig daran. Vor Schmerz entwich ihm ein kleiner Schrei.
"Lassen Sie, das Bitte", versuchte ich ihn von seinem Vorhaben abzubringen, doch er bemerkte mich garnicht mehr. Mehrmals zog er an seinem Arm, bis auf einmal ein grässliches Knacken zu hören war. Die aufsteigende Übeklkeit konnte ich gerade noch so unterdrücken.

"So, da hätte ich ja eigentlich garnicht zu Ihnen kommen müssen", schnaubte er und begab sich aus dem Behandlungsraum. Erstarrt blickte ich ihm hinterher, bis er aus meinem Sichtfeld verschwunden war.

"Amelia, alles okay bei dir?", fragte mich plötzlich Schwester Linda. Abwesend nickte ich. Ich merkte kaum, wie ich von Linda zu Charlotte gezogen wurde.
"Lia, was ist denn mit dir passiert?", fragte die Ärztin mich erschrocken.
Ich atmete einmal tief durch.
"Da war grad ein komischer Mann", antwortete ich.
"Und?"
"Der hat sich vor meinen Augen, seinen Arm irgendwie ohne Schmerzmittel selber eingekugelt."
"Oh Gott."
Charlotte breitete ihre Arme aus, um mich in eine Umarmung zu schließen. Nach wenigen Minuten ließ sie mich wieder los und schaute mich kurz an. Als plötzlich ein Piepen aus einem Zimmer ertönte. Ich verzog mein Gesicht, da ich laute Geräusche nicht so abhaben konnte und machte mich schnell auf den Weg zurück in die Notaufnahme.

Dort holte ich mir einen Kaffee, um auf Notfälle zu warten. Einige Zeit lang passiert nichts und ich konnte meine Nase endlich mal wieder in ein paar Patientenakten stecken und diese auch auffüllen. Als ich fast fertig war, rief Schwester Nancy nach mir.
"Amelia, komm schnell her."
Ich lief in den Schockraum, wo mich bereits einige Schwestern und ein Rettungsteam inklusive Notarzt erwarteten. Währenddessen ich mir meine Handschuhe anzog machte der Notarzt eine Übergabe.

"Das ist Amely Becker, sieben Jahre alt, Zustand nach Anaphylaktischem Schock, ich hab ihr bereits Cortison, Adrenalin etc. gegeben. Sie wurde wohl von einer Biene gestochen, sie war initial bewusstlos, komatös und die Atemwege waren verlegt, weshalb ich sie bereits intubiert habe, der weitere Bodycheck war ohne Befund. Ist uns auf der Fahrt einige Male in die Bradykardie gerutscht."
"Okay, dann auf geht's", sagte ich und die Kleine wurde erst einmal umgelagert. Besorgt schaute ich mir ihre Werte an, bis sich auf einmal ihr Sinusrythmus veränderte.

If we don't safe them, who will?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt