Kapitel 5 ~ Von alten Freunden und Vertrauen

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FARN  P.O.V.
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Also ritten wir los. Die alte Nordh-Hauptstraße führte uns vorbei an kleinen Dörfern, verschneiten Wäldern und so manchen oberflächlich zugefrorenem Fluss. So wurde es Mittag und wir beschlossen in der nächsten Ortschaft kurz zu rasten. Diese hieß Eodh. Ein idylisches kleines Landstädchen ungefähr einen halben Tagesritt von Ealdh entfernt. Doch Eodh konnte man sich nicht als eine der Städte vorstellen die einem Wohlstand und Schutz versprach. Im Gegenteil. Nur eine einfache Palisade umgab sie. Als wir durch das Tor ritten lasteten musternd die Augen der Stadtwache auf uns. Doch ließen sie uns ohne weiteres passieren. Ich konnte förmlich spüren, wie uns die Uniformierten hinterher starrten. Währen wir Richtung Zentrum trabbten , schweifte mein Blick über das Ortsbild. Schnee lastete schwer auf den Holzschindeln der Dächer. Von den Schornsteinen stiegen Rauchsäulen auf, die der Wind allerdings sofort wieder verwehte. In den Gassen hatten sich dicke Dunstschwaden breit gemacht. Hie und da konnte man vereinzelte Markstände erblicken. Die meisten mit irgendwelchem Krimskrams, für den kaum jemand interessiert war. Verständlich irgendwie. Im Winter kaufte man nur das notwendigste. Links von mir beobachtete ich einen Bäckerjungen, der einen Mehlsack in die Backstube schleifte. In einiger Entfernung weidete ein Fleischhauer ein eben geschlachteted Schwein aus. Ansonsten gingen die Bürger ihren alltäglichen Geschäften nach.
Garren gab mir einen leichten Schubs. Kehren wir hier ein?" Mit dem Zeigefinger deutete er auf eine heimelig wirkende Taverne. "Zum gefüllten Topf" stand vielversprechend auf einem hölzernen Aushängeschild über der Eingangstür. Wie auf Kommando meldete sich auch schon mein Magen. Mein Reisegefährte schien dies bemerkt zu haben, denn mit wohlwollendem Blick sagte er: "Ich denke das war ein Ja." Grinsend stieg er vom Pferd herab und band es an einem Pflock fest. Ich tat es ihm gleich. "Na dann wollen wir mal!"

Ein Herrlicher Duft umhüllte uns in der Gaststube als wir eintraten. Mmmh... Diese Mischung aus getrockneten Kräutern, Pfeifenrauch und Spannferkel regte meinen Appetit noch mehr an. "Herzlich Willkommem!", tönte es von der Schank rüber. Rund ein Dutzend Männer saßen auf Hockern drumherum. Ansonsten war der Raum leer, ließ man die Tische und Stühle außer Acht. Der schon etwas abgetretene Fußboden und die mit geschnizten Holzplatten vertäfelten Wände zauberten eine angenehm heimelige Atmosphäre herein. Da kam auch schon der Hausherr angestapft. Ein älterer Herr mit einem von Falten zerfurchten Gesicht, dass allerdings einen freundlichen Ausdruck hatte. Mit seinem Ziegenbart und der Glatze übte er einen etwas lustigen Eindruck auf mich aus. Seine kurze Kniebundhose sowie die Holzpantoffeln verstärkten diese Ansicht. Er wischte sich noch kurz die Hände an seinem schmuddeligen Arbeitskittel ab, bevor er uns die Hand reichte. "Aber... Das ist doch... Mensch, Garren! Wie kommst du hier her?" Der Wächter blickte ihn zuerst irritiert, doch dann schien er den Mann zu erkennen. "Filou? Filou! Bist du es wirklich?" "Na wer den sonst! Hab mich wohl ein wenig verändert was?" Lachend umarmten sie sich. "Ich sehe, du reist nicht alleine?" "Ah ja. Hab mich ebenfalls ein wenig geändert. Das ist Farn. Ähm... Farnilon." "Hallo Farn!" Etwas schüchtern erwiederte ich seinen Gruß. "Kommt setzt euch doch. Ihr seid doch bestimmt hungrig?" "Und durstig!", rief Garren dem Tavernenbesitzer nach, der bereits Richtung Küche geeilt war. Ich war total überrascht. So eine Willkommensgeste und dann kannten sich die zwei auch noch!

Mit drei Bechern und einem dampfendem Krug kam Filou zurück. Glühwein, wie ich bemerkte. Neben dem Dünnbier das wohl beliebteste Getränk weit und breit. Dieser wurde mit Honig gesüßt und mit verschiedenen Kräutern aromatisiert. "Eine Bitte hätte ich noch, mein werter Filou." "Nur raus mit der Sprache, mein Junge." Damit meinte er nicht mich sondern Garren. "Hättest du etwas Hafer und warmes Wasser für die Pferde?" "Selbstverständlich. Mein Sohn wird sich um sie kümmern!" Mit diesen Worten verschwand er. Es dauerte micht lange, da kam er schon zurück. ...Mit zwei großen Portionen Spannferkel. "Bedient euch!" Das brauchte er nicht zweimal sagen. Herzhaft langten wir zu. Während wir aßen, erzählte uns Garrens Bekannter, wie er nach Eod kam. Filou bewirtschaftete damals, vor rund zehn Jahren, eine gut gehende Schänke in Arleen der Hauptstadt von Thule. In dieser trafen sich die Wächter jedesmal wenn sie in der Stadt waren oder nach einer gemeinsamem Mission erfolgreich zurückgekehrt waren. Doch mit der Zeit wurde es ihm zu turbolent in der Hauptstadt und beschloss wegzuziehen. Zusammen mit seiner Frau und dem kleinen Sohnemann kaufte er sich dann diese Taverne. Daraufhin schenkte er unseren bereits geleerten Bechern nach "Und warum seid ihr hier hergekommen?" Garren nahm einen kräftigen Schluck, bevor er zu erzählen begann. Mich wunderte es trotzdem, dass er dem Schänkenbesitzer so viel Vertrauen schenkte. Immerhin sollte niemandem, außer loyalen Verbindungsmännern des Königs oder dem König selbst, von dem Hinterhalt berichtet werden. Würde diese Information an das Volk sickern, würde dies drastische Veränderungen hervorrufen. Da die 12 Wächter der Nacht mehr oder weniger das Stärke und Schutzsymbol Thules waren. Da war guter Rat teuer, denn irgendetwas ging im Land vor. Etwas seltsames und nichts erfreuliches, wie mir mein Gefühl mitteilte. Währed dieses Themas hatten sich die zwei sehr leise unterhalten. "Ist dem Stadtherren von Eodh zu trauen?", flüsterte Garren. Nachdenklich studierte Filou die Decke, bevor er uns seine Antwort mitteilte.
"Stadtherr Bahoum ist einer der alten loyalen Elite. Mittlerweile leider ein alter Greis, der halb taub und sehr vergesslich ist. Er würde mit diesen Informationen und den damit verbundenen Aufgaben hoffnungslos überfordert sein. Sein Vertreter und gleichzeitiger Berater ist der Hauptmann der Stadtwache. Genannt wird er Arim. Er ist ein sympathischer junger Mann, der durchaus sehr gut verantwortungsvolle Schlüsse ziehen kann. Doch es gibt da etwas, weswegen ich ihm nicht so ganz traue. Soweit ich weiß stammten seine Eltern aus Khar, bevor sie mit ihm hierher flohen. Und Khar liegt auf der anderen Seite des Darmathur Gebirges. Weit entfernt, aber dennoch nah. Wenn ich euch einen Rat geben darf, solltet ihr nach Ealdh reiten. Der dortige Fürst ist einer der loyalsten Vasallen des Königs." "Nun gut. Ich danke dir. In Ealdh sollten wir dann auch auf Ilandil treffen.", teilte uns Garren mit. "Na dann wünsch ich euch noch gutes Gelingen! Und richtet Ilandil schöne Grüße von mir aus!" Mit diesen Worten stand Filou auf. Als er bemerkte, wie Garren seinen Lederbeutel mit Silber und Kupfermünzen hervorkramte, lehnte der Wirt gekränkt ab. "Nein, das kommt gar nicht in Frage! Ihr zwei seid heute von mir eingeladen. Beehrt mich bald wieder." "Wenn du das sagst. Danke dir. Machs gut alter Freund!" Zum Gruße hob der Wächter noch die Hand, bevor er hinaus auf die Straße trat. Das war der Abschied? Ich hätte es mir anders vorgestellt. Was ich erwartet hätte wusste ich nicht, aber die Beiden hatten sich seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Einfach so 'mir nichts, dir nichts' verabschiedeten sich die zwei voneinander, als ob sie sich jeden Tag treffen würden. "Hoffentlich kommst du wieder einmal vorbei Farn." Mit einem freundlichem Blick in den Augen, schlug mir der Tavernenbesitzer kameradschaftlich auf die Schulter. Dadurch bekam ich meine Fassung wieder zurück. "J-ja. Auf Wiedersehen!", verabschiedete ich mich. Dann huschte ich ebenfalls zu Tür raus. Mein Reisegefährte wartete bereits hoch zu Ross auf mich. Flink schwang ich mich in den Sattel, wodurch Azur unternehmenslustig aufwieherte. Garren gab Filous kleinem Sohn noch drei kleine Kupfermünzen, für das umsorgen unserer Pferde, bevor wir davontrabbten. Kurz bevor wir das Stadttor passierten, erhaschte ich einen schnellen Blick auf den Hauptmann. In seinem grau-grün gestreiften Waffenrock unterhielt er sich gerade mit einem der Soldaten. Dann ging es im Galopp weiter. Weiter Richtung Ealdh. Richtung Ziel...

Wächter der Nacht - Die GabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt