Kapitel 14 ~ Von Spaziergängen und langen Ohren

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FILOU  P.O.V.
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Nach einer kurzen Zeit des herumschlenderns in der nächtlichen Silhouette Eodhs, kam ich beim Marktplatz an. Der Mond schien in silbernen Strahlen herab und lies die vom Raureif überzogenen Pflastersteine hell aufglänzen. Es war eine knisternde Atmosphäre, wie in einer anderen Welt. Das Kühl der Nacht klärte meine Gedanken und ließ mich zur inneren Ruhe kommen. Ich drehte noch eine letzte Runde, bevor ich wieder zurückging. Plötzlich hörte ich in der Nähe unverständliches Gemurmel. Prüfend hob ich den Kopf an und spitzte die Ohren, um zu orten woher die Geräusche kamen. Nicht weit entfernt, aber dennoch beinahe kaum erkennbar in der Dunkelheit, machte ich Umrisse zweier Personen aus. Ich bewegte mich mit konstanten, geräuschlosen Schritten dem Treffpunkt zu und beobachtete die Unterhaltung durch einen Schlitz einiger aufgestapelten Gemüsekisten. Eine sanfte aber eindringliche Stimme war eben am Reden. Mit einem Hauch kharischen Akzent. Die schwarze Kapuze hatte sie sich tief ins Gesicht gezogen.
"...ist die Revolution ausgebrochen! Im Herzland wurde tagelang gekämpft, bis der Weg zur Hauptstadt frei war. Es gab zehntausende Tote, gleich ob Männer oder Frauen. Als die Wut der Aufständischen ihren Höhepunkt erreicht hatte, waren zwei der Führer noch an Ort und Stelle über den Toren des Hexerturmes aufgeknüpft worden. Daraufhin ist der Nächste Führer, Sahiin, panisch von der Turmplattform in den Suizid gesprungen. Ein gerechtes Ende, aber dennoch unschön zum Mitansehen. Drei weitere Führer werden die nächsten Tage vor Gericht geführt, was allerdings nur noch einen symbolischen Zweck hat, da das Todesurteil so gut wie beschlossen ist. Zum Glück! ...Einzig Khorgad, Hexer des Unreinen und siebter Führer ist geflohen. Angeblich Richtung Darmathurgebirge, wo er nach Angaben unserer Spione neue Truppen rektutiert und zum erneuten Krieg rüstet. Vereinzelt gibt es auch noch an anderen Grenzgebieten kleinere Gemetzel. Vorwiegend im Nordosten des Landes. Leider hat ein ein Großteil der Bevölkerung immer noch Respekt und Angst vor den Tyrannen. Deshalb unterstützen sie unsere Revolutionsbewegung kaum. Ja, manche stehen gar weiterhin zur feindlichen Seite!" Es folgte eine kurze Pause der Stille, bevor der Mann sprach. Unverkennbar war es die Stimme Arims, dem Hauptmann der Stadtwache und Vizeverwalter von Eodh. "Ich weis. Flüchtlinge die über die Osdhmark geflohen waren, haben es mir berichtet! Ich frage mich, warum du extra diese lange Reise unternommen hast um mir etwas zu berichten, das ich schon weis, Larah." "Du weist genau weshalb!", erwiderte die mit Larah angesprochene. "Hah! Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Du weist ganz genau, dass ich nichts mehr mit all diesen Sachen zu tun haben will. Jahrelang war ich in all den Intrigen und Spionagen verwickelt. Wie oft musste ich Hunger leiden? Unzählige Male waren die Häscher der Führer hinter meiner Familie her. Das Leben zählt in Khar nichts, nicht Früher und auch nicht Heute!" "Aber vielleicht schon MORGEN!" Diese Worte sprach die Frau mit solch einem innbrünstigen, von Euphorie geprägten Ton, der alle Zweifel zu zerschmettern versuchte. "Bitte Arim! Wir brauchen dich, Khar braucht dich! Das Volk sehnt sich nach Freiheit, sucht Hoffnung bei den Rebellen. Bei uns! Menschen von Jung bis alt, Freie und Sklaven, sie alle warten auf einen Mann der sie führt!" Obwohl es finster war und ich ihr Gesicht nicht sah, konnte ich mir förmlich ihre Mimik vorstellen wie sie ihn anblickte. Nun meldete sich der Hauptmann wieder zu Wort: "Ich verstehe das! Hmm... Gehen wir besser rein! In meinem Haus ist es um einiges gemütlicher und wärmer als hier." Daraufhin drehte er sich um und marschierte davon. Larah hingegen machte keine Anzeichen ihm zu folgen. Nach einer schieren Unendlichkeit des Trotzes, folgte sie ihm doch noch. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und stets darauf bedacht suchende Blicke nach allen Seiten zu werfen.
Auch ich machte mich nun auf den Weg nach Hause. Hinein in das wohlige Bett, in dem ich jetzt wahrscheinlich noch schlechter einschlafen würde. So eine komische, ja beinahe mysteriöse Unterhaltung. Eine Revolution in Khar? Kaum vorstellbar... Und als die Frau den Namen Khorgad erwähnte, war mir so als ob ich ihn von irgendwoher kannte. Ich musste morgens unbedingt die Bibliothek aufsuchen! Mit viel Glück stoße ich da auf etwas passendes...

Wächter der Nacht - Die GabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt