Kapitel 27 ~ Von einer windigen Nacht und Sippenkunde

651 91 17
                                    

FARN  P.O.V.
~~~

Den Tag nach meinem üblen Zusasammenstoß mit den Straßenburschen verbrachte ich die meiste Zeit im Bett. Ich hatte, auf Garrens Wunsch hin, den Wächtern ein weiteres Mal mein schmerzhaftes Erlebnis geschildert. Die Vision die ich in meiner Bewusstlosigkeit geträumt hatte verschwieg ich den Beiden. Nur Remin hatte ich darin eingeweiht.
Nicht weil ich Garren und Ilandil nicht traute, ganz im Gegenteil; ich hab mich noch nie sicherer gefühlt als in ihrer Anwesenheit, in ihrer Aura die sie umhüllte. Es waren die Zweifel, die mich schweigen ließen; so war ich mir selbst nicht einmal mehr sicher ob ich das tatsächlich geträumt hatte. Die Vision ergab keinen Sinn in meinen Augen und zugleich wusste ich nicht, warum ich sie mir erschienen ist. Ich hegte Zweifel ob ich mit das nicht alles eingebildet hatte; verwirrt genug war ich nach meinem Erwachen gewesen. Doch widersprach sich diese Theorie mit dem Gefühl, dass sich alles so real, so wirklich angefühlt hatte.
Remin hatte einen Vorstoß für die Vision-Variante gewagt und darauf hingewiesen, dass es mit meiner Verbindung zu den Seelenwanderern zu tun haben könnte. Ich hingegen konnte es mir absolut nicht vorsrellen, dass die Na'Arkh etwas mit diesem Traum zu tun hatten.

Deshalb sponn ich die ganze Zeit über mögliche Erklärungen für dieses Phänomen; wohingegen es gewöhnliche Menschen wohl eher als weben von Gehirngespinnsten deklarieren würden.
Wie dem auch sei; Erklärungen und Deutungen über meine Gabe - da war ich mir sicher - würde ich nur in Tarn finden. Und bis an diesen Ort war es noch weit...

Hin und wieder stattete mir der Sohn des Herbergsbesitzers, welcher sich als Thaurim Sefildh vorstellte, einen Besuch ab. Er versorgte mich mit Essen und kümmerte sich um meine Blessuren und Abschürfungen.
Und immer wieder erinnerten mich diese unliebsamen bläulich angeschwollenen Flecken - überall verteilt an jedem Bereich meines Körpers - an die Verzögerung der Reise, die sie verursacht hatten.

Diesem Tag folgte in gleichem Ablauf ein weiterer. Den Großteil des Tages döste ich vor mich hin und versuchte meine Gedanken zu sammeln und Kraft zu schöpfen. Hin und wieder vertrieb ich mir zusammen mit den Wächtern die Zeit mit einer Partie Halatafl. Das Set hatten wir uns von Thaurim ausgeliehen.
So verging die Zeit wie im Fluge und ehe ich es mir versah, brach die Nacht herein. Hungrig verschlang ich mein Abendbrot, bestehend aus einer Dürrwurst und einer Scheibe Kornbrot. Dann wünschte ich meinen Gefährten eine angenehme Nachtruhe und ging zu Bett. Sanft streichelte ich über das samtig weiche Rückenfell Remins, bevor mich der Schlaf in seine Gefilde einlullte.

Mitten in der Nacht weckte mich ein Geräusch. Ein bedachtes Tappen auf den Holzdielen im Flur vor meinem Zimmer war zu hören. Kurze Zeit später ein kräftiges Zuknallen einer Tür.
Schläfrig richtete ich mich auf und musterte meine Umgebung im Finstern. Wellen von Windböen durchstreiften die Straßen und Gassen der Stadt und vollbrachten ein melodisches Pfeifen über den Dächern. Erst jetzt war mir aufgefallen wir stickig es im Raum war. Seufzend kroch ich aus meiner wohlig warmen Wolldecke und schlurfte zum Fenster. Kaum hatte ich dieses einen spaltbreit geöffnet, riss es mir der Wind aus der Hand. Sperrangelweit stand es nun offen und die Lüfte verschafften sich augenblicklich mehr Territorium.
Wild wurde meine dunkelbraune Haare durcheinander geweht.
Dieses Geschehen ließ auch den Mäuserich vorzeitig aufwachen. Verdutzt starrte er mich an und ich spürte, dass er sichtlich unzufrieden war mit meiner Tat. Doch wie so oft behielt er seine Vorwürfe für sich und suchte sich ein windstilles Plätzchen in der Ecke.
Anders war es bei mir; an Schlaf konnte ich nun endgültig nicht mehr denken. Der Wind hatte mir jegliche Müdigkeit aus dem Gesicht gestohlen.

Deshalb fasste ich kurzerhand den Entschluss zu einem kurzem Nachtspaziergang. Ich fügte mich in warme Kleidung und schritt auf den Flur hinaus, gefolgt vom Passieren der Treppe und dem Hinaustreten zur Tür.
Eine frische, reine Luft empfing mich in der Gasse. Der Mond war im abnehmen und leuchtete deshalb nur spärlich die Konturen der Häuserkulissen aus. Fröhlich setzte ich meinen Weg zur linken Seite fest. Unbeschwerlich folgte ich dem Verlauf der Gasse, bis ich bei der Stadtmauer anlangte.

Wächter der Nacht - Die GabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt