Ich wehrte mich mit geschlossenen Augen gegen ein Rütteln an meinen Schultern. „Wach auf, Yara.“, schimpfte meine Mutter und schüttelte mich noch mehr durch, „Du hast verschlafen.“ Schlagartig wurde ich in die wirkliche Welt zurückgezogen. „Wie spät ist es?“, stammelte ich müde und blinzelte. Meine Mutter hielt mir meinen Wecker ins Gesicht, der genau 7:13 Uhr anzeigte. Ich setzte mich mit aufgerissenen Augen auf und sprintete an meiner Mutter vorbei. Normalerweise klingelte mein Wecker immer pünktlich um 6:45 Uhr, doch anscheinend hatte ich ihn einfach überhört. Während ich die wieder Treppe hinaufrannte, verschlang ich noch mein Brötchen und nahm die ersten Kleidungsstücke, die ich greifen konnte. Als ich 16 Minuten später die Haustür öffnete, um zur Schule zu gehen, war Andrik schon längst aufgebrochen. Ich rannte so schnell ich konnte durch die Straßen und Gassen Grünwalds, wich Fußgängern und Fahrradfahrern aus und kam schließlich genau zum Stundenbeginn in meinem Klassenraum an. „Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.“, begrüßte mich Taylor erleichtert, während ich nach Luft ringend neben ihr stand. Nun war ich zumindest hellwach und saß kerzengerade auf meinem Stuhl, wobei mein Herz beinahe hätte Schlagzeug spielen können, so wild und schnell, wie es in meiner Brust pochte.
Das Klingeln der Schulglocke erlöste mich von einer langweiligen Deutschstunde und ich folgte den anderen Schülern nach draußen. Ich konnte meinen Bruder in der Menschenmenge nicht ausmachen und beschloss deswegen alleine nach Hause zu gehen. Zuhause angekommen stopfte ich das Mittagessen in mich hinein und rannte in mein Zimmer. Dort zog ich mir eine kurze schwarze Leggins und ein dunkelblaues T-Shirt an. Ich klemmte mir meinen pechschwarzen Fußball unter den Arm und schwang mich auf mein Fahrrad. Im Gegenteil zu gestern schien die Sonne und es war ein perfektes Wetter zum Fußballspielen. Deswegen war ich auch auf dem Weg zum Teufelstopf, in dem ich mit meiner Mannschaft verabredet war. „Da bist du ja endlich.“, empfing mich Leon grinsend, „Wir dachten schon, du kommst nicht mehr.“ „Sehe ich so aus, als würde ich hängen lassen? Verflixt, nein. Und jetzt lasst uns spielen.“, entgegnete ich. Die anderen stimmten mir zu und unser Anführer begann, die Teams einzuteilen. Ich spielte mit Markus, Vanessa und Joschka. Leon, Marlon, Maxi und Raban stellten sich gegenüber von uns auf, dann begann das Spiel. Leons Mannschaft bekam den Ball zuerst und rückte schnell vor. Marlon schoss zu Raban und der zielte aufs Tor. Doch Markus, der weltbeste Torwart, hielt das Leder. Es sprang wieder ins Feld und ich übernahm. Ich dribbelte über das Feld und wich Marlon aus, der sich mir in den Weg stellte. Anschließend kickte ich zielsicher zu Joschka. Der rannte mit dem Ball weiter auf das Tor zu und täuschte an, zu schießen. Leon, der im Tor stand, sprang nach links, um den Ball aufzuhalten, doch die siebte Kavallerie spielte zu Vanessa. Und die drosch das Leder direkt ins Netz. Wir jubelten und Markus sagte mit einer provozierenden Miene: „Das war die Eins.“ „Kacke verdammte, das heißt noch lange nicht, dass ihr gewonnen habt.“, entgegnete unser Anführer. Wir stellten uns wieder auf unsere Plätze. Wieder bekam Leons Mannschaft den Ball. Ich versuchte, Marlon das pechschwarze Leder abzunehmen, doch der wich mir gekonnt aus und zielte zu Raban. Dieser nahm den Ball an und kickte ihn direkt weiter zu Maxi. „Tippkick“ stand direkt vor unserem Tor. Da er bekanntlich den härtesten Schuss der Welt besaß, konnte auch Markus nicht mehr viel tun. Es stand 1:1.
Die Sonne näherte sich bereits den Horizont, doch wir spielten immernoch. Es stand 3:3 und Leon beschloss: „Das nächste Tor entscheidet.“ Wir alle nickten. Da das letzte Tor von uns geschossen worden war, bekam unser Gegnerteam den Ball. Raban nahm das Leder und spielte es vor sich her, bevor er zu Maxi schoss. Dieser kickte weiter zu Marlon, doch bevor die Nummer 10 den Ball annehmen konnte, griff Vanessa ein. Geschickt schoss sie zu Joschka, der den Ball problemlos annahm und über das Feld dribbelte. Ich beobachtete ihn und rannte auf der anderen Seite des Feldes entlang, um von ihm angespielt werden zu können. Plötzlich prallte ich gegen ein Hindernis. Maxi stand vor mir und legte seine Hände auf meine Schultern. Ich hatte ihn anscheinend übersehen, da ich nur auf Joschka und den Ball fokussiert gewesen war. Das Leder prallte gegen meinen Fuß und blieb dort liegen. Ich wollte mich von dem Jungen vor mir lösen, doch seine Augen und sein lautloses, grinsendes Lächeln hielten mich fest. Und da war es wieder, dieses seltsame Kribbeln. Es ging von Maxis Händen aus, der tausende von Schmetterlingen in mich hineinzuzaubern schien. Sie flatterten wild hin und her und machten mich ganz zappelig. Es fühlte sich so an, als würden sie mich mit ihren sanften Flügelschlägen kitzeln und ich musste schlagartig grinsen. „Seid ihr zu Stein erstarrt?“, hallte eine Stimme und Maxi wandte sich von mir ab: „Nein, natürlich nicht.“ Er ließ mich los und stellte sich auf seine Position. Wir beschlossen einen Einwurf zu machen. Ich bekam den Ball und kickte ihn zu Vanessa. Sie schoss auf das Tor, in dem Leon stand, doch er hielt den Ball. Raban bekam den Ball und rannte auf unser Tor zu, doch Joschka nahm ihm das Leder ab. Er kickte es zu mir. Gedankenverloren rannte ich über das Feld. Maxis Lächeln ließ mich nicht mehr los. Und deswegen schoss ich jetzt auch genau zu ihm. Der nahm den Ball gekonnt an und spielte selbstverständlich direkt auf Markus zu. Schließlich war er einer meiner Gegner. Ich verfluchte mich selbst für meine Abgelenktheit. „Tippkick“ täuschte links an und schoss dann direkt in die untere rechte Ecke des Tors. Markus entwich der Ball knapp. Leons Mannschaft hatte gewonnen. Wir gratulierten unserem Gegnerteam zum Sieg und verabschiedeten uns voneinander. Trotz meiner Niederlage flatterten noch immer die Schmetterlinge in mir herum, wenn ich an Maxis braune Augen dachte.
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~Meine Beine, meine Seele~
Fanfiction„Denkst du das ist Seelenverwandtschaft? Wenn Schweigen mehr ausdrückt als Worte es jemals könnten und wenn man weiß, dass man niemals allein ist. Wenn die Liebe und Fürsorge einer einzigen Person einen vor dem Ertrinken schützt und wenn ein Blick v...