Als ich verschlafen blinzelte, erhellte die Sonne bereits meine Umgebung. Sie tauchte das Innere des Zeltes in ein gelbes Licht. Taylor lag ruhig neben mir, während ihre Brust sich langsam hob und wieder senkte. Ich wollte meine Augen gerade erneut schließen, als mir etwas in den Sinn kam. Hektisch öffnete ich den Eingang des Zeltes und steckte meinen Kopf hindurch. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel und schien auf uns herab. „Verflixt, wie spät ist es?“, rief ich und rüttelte meine beste Freundin unsanft wach. Diese sah schlaftrunken aus ihre Uhr und flüsterte: „12:34 Uhr. Wieso?“ „Verdammt! Ich habe mich in einer halben Stunde verabredet.“, entgegnete ich, während ich mein Gepäck zusammensuchte. Taylor setzte sich auf und schaute mich interessiert an: „Etwa mit deinem Maxi?“ Ich lächelte, als ich an „Tippkick“ und das Gespräch von letzter Nacht dachte: „Nein, mit Raban und Joschka. Wir besuchen den Bauernhof von Rabans Tante.“ Meine beste Freundin nickte nur und half mir dann, meine Sachen einzupacken. So schnell wie möglich zog ich mich an, putzte meine Zähne und kämmte meine Haare. Schließlich übergab mir Taylor um genau 13:00 Uhr meine Tasche, woraufhin ich mich von ihr verabschiedete und losrannte. Ich sah, wie Raban gerade in ein Auto auf unserer Einfahrt einstieg. Meine Mutter stand in der Tür und wollte diese schließen. „Wartet!“, rief ich, so laut ich konnte. Raban und meine Mutter fuhren zu mir herum. Ich warf mein Gepäck geradezu vor die Haustür und begab mich dann zu dem Jungen mit der Coca-Cola-Glas-Brille. Außer Atem saß ich im Auto der Bielings. Joschka und Raban saßen links und rechts von mir, da wir uns zu dritt auf die Rückbank gequetscht hatten. Schon bald waren wir in ein angeregtes Gespräch vertieft, während Rabans Mutter uns schweigend aus Grünwald herausfuhr.
Die Straßen wurden immer kurviger und unebener, während sich zu ihren Seiten die Berge majestätisch erhoben. Nach insgesamt einer Stunde Fahrt fuhren wir auf eine steinige Einfahrt. Der Bauernhof von Rabans Tante lag am Rande eines idyllischen Dorfes namens Kreuth. Als wir aus dem Auto stiegen begrüßten uns bereits einige Erwachsene von weitem, die an einem gedeckten Terrassentisch saßen. Joschka, Rabans Mutter und ich erwiderten dies höflich, doch der rothaarige Junge riss die Augen auf: „Hippopotamus-Bullen-Propeller-Schwanz-Mist!“ Und auch nur eine Millisekunde später ertönten drei helle Stimmen hinter ihm. „Rhabarberlein!“, riefen sie, „Wir haben dich ja so vermisst!“ Rabans drei rosa Cousinen zogen den Jungen mit sich und wollten ihn ins Haus entführen. „Cynthia, Marie-Claire-Beatrice, Hannelore.“, ermahnte sie eine Frau mit blonden langen Haaren streng, „Ihr könnt sicher später etwas mit eurem Cousin unternehmen.“ „Oh man, Mami!“, protestierte eines der Mädchen und schmollte, bevor die drei rosa Prinzessinnen wieder im Haus verschwanden. Wir setzten uns zu den Erwachsenen an den hölzernen Tisch und hörten ihnen zu, während wir den köstlichen Erdbeerkuchen von Rabans Tante verspeisten. Als wir schweigend und gelangweilt auf unseren Stühlen saßen, wandte eine braunhaarige Frau ein: „Rhabarberlein, möchtest du deine kleinen Freunde nicht etwas auf dem Hof herumführen?“ Das ließ der Junge sich nicht zweimal sagen und sprang begeistert auf. Joschka und ich folgten ihm und schauten und interessiert um. Der Bauernhof lag direkt am Fuß eines Berges. Das Haus, in dem Rabans Cousinen gerade spielten, war ziemlich klein und bescheiden gehalten. Im Gegensatz dazu waren die Pferde- und Kuhweiden riesig. Wir stellten uns an die Zäune und beobachteten die ruhigen Tiere. Schließlich setzten wir unseren Rundgang fort und entdeckten schließlich Hühner und Schweine, die sogar Ferkel hatten. Die Kleinen rannten auf ihrer Wiese umher, während die Hühner laut gackerten. Auch eine junge Katze lief uns über den Weg, verschwand dann aber sofort wieder auf dem Heuboden. Langsam verließen wir das Gelände und gingen einen schmalen Wanderweg entlang, der von Blumenwiesen umgeben war. Staunend begutachtete ich die verschiedensten Blumenarten in ihren bunten Farben. Später trudelten wir mit schmerzenden Beinen wieder auf dem Hof ein. Ich hielt seinen bunten Blumenstrauß in meinen Händen, den ich nun Rabans Tante übergab. Entzückt stellte diese ihn in eine kleine weiße Vase auf dem Terrassentisch. Schließlich verabschiedeten wir uns alle voneinander, wobei Rabans Cousinen ihn fast nicht mehr losließen. Müde lächelnd saß ich in dem schaukelnden Auto, während sich der Himmel erst orange und schließlich rot verfärbte. Raban und Joschka tauschten einige Worte miteinander, aber schwiegen schließlich auch erschöpft. Als ich durch die Haustür trat, stand der Mond bereits hoch am Himmel und ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. Glücklich fiel ich ins Bett und schlief sofort ein.
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~Meine Beine, meine Seele~
Fanfic„Denkst du das ist Seelenverwandtschaft? Wenn Schweigen mehr ausdrückt als Worte es jemals könnten und wenn man weiß, dass man niemals allein ist. Wenn die Liebe und Fürsorge einer einzigen Person einen vor dem Ertrinken schützt und wenn ein Blick v...