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Dienstag

Seit gestern Mittag saß ich hier auf diesem Stuhl. Zwischen durch lief ich vor ihrem Zimmer auf und ab oder ging auf Toilette, doch ich wollte sie nicht alleine lassen. Lin, die Jungs und auch Diego hatten mir mehrere Nachrichten geschrieben, ob bei mir alles gut ist und was los ist und, und, und, doch ich reagierte nicht drauf. Ich war überfordert, stellte alles in Frage und wollte einfach, dass alles wieder so wird, wie es am Samstag war, denn da war noch alles in Ordnung. Ich wusste nicht, dass es sich so schnell alles ändern könnte. Inzwischen hatte ich fast gar nichts mehr, außer meine gewalttätigen Vater, der wahrscheinlich schon zuhause auf mich wartete, weil ich letzte Nacht nicht zuhause war.

Völlig in Gedanken bemerkte ich gar nicht, dass sich der Arzt meiner Oma sich neben mich setzte. ,,Wollen sie es nicht noch mal probieren? Sie scheint klarer zu sein als gestern'' sah er mich fragend an, weshalb ich zögerlich nickte und langsam ins Zimmer trat. ,,Oma?'' fragte ich vorsichtig nach und man sah ihr an, wie sie sich konzentrierte und schließlich lächelte. ,,Lou, mein Kind. Was machst du denn hier? musst du nicht Dienstags zum Tanztraining?'' fragte sie mich, doch abgesehen davon, dass ich früher als ich 7 war getanzt hatte, freute ich mich, dass sie wenigstens meinen Namen wusste. ,,Fällt heute aus'' nuschelte ich nur und lies mich auf den Stuhl neben ihr nieder.

Ich saß ziemlich lange bei ihr und hörte ihr einfach zu, was für ein Schwachsinn sie von sich gab, doch ich genoss die Zeit. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass wir nicht mehr ganz so viel Zeit hatten. ,,Du solltest langsam nach Hause, es wird schon dunkel'' meinte sie und auch wenn ich nicht wollte, musste ich. Ich hatte heute schon geschwänzt und außerdem hatte ich noch immer die Sachen von gestern an. ,,ich komme morgen wieder, versprochen'' sah ich sie an und versuchte alles an ihr mir einzuprägen, ihr lächeln, ihre warmen Oma Augen und einfach ihre selbstbewusste Ausstrahlung. ,,Ich werde auf dich warten'' grinste sie mich an, weshalb wir uns schließlich verabschiedeten und ich aus ihrem Zimmer ging. Ein kleines Lächeln zierte Mine Lippen, doch es bröckelte immer mehr, desto näher ich dem Ausgang des Krankenhauses kam.

Auf den Weg nach Hause bimmelte immer wieder mein Handy. Hauptsächlich war es die Gruppe mit den Jungs und Lin, aber auch Lin hatte mir privat geschrieben und mich auch angerufen, genauso wie Diego. Doch ich las mir nichts durch. Ich lies Lin auf gelesen und verlies die Gruppe ohne auch nur irgendwas zu lesen oder zu schreiben. Als ich schließlich die Wohnung betrat, konnte ich meinen Augen nicht trauen. Die Wohnung sah aus wie ein Saustall. ,,Wo warst du?'' stand Vater auf einmal vor mir und sah mich aus zu schlitzen verengten Augen an. ,,Im Krankenhaus bei Oma'' zog ich meine Jacke aus. Ich war einfach nur kaputt und wollte in mein Bett.

,,Hatte ich nicht gesagt, dass du dich von deinen kleinen Freunden Fernhalten sollst?'' kam er mir auf einmal näher, weshalb ich direkt seine Alkoholfahne roch. ,,Tue ich doch'' sah ich ihn verwirrt an, doch er schubste mich auf einmal gegen die Wand und sah mich hasserfüllt an. ,,Und warum taucht dann eine hübsche, reiche, kleine Blondine hier auf und fragt nach dir? Ich meinte es ernst Lou. Keiner darf hiervon was wissen'' wurde er zu ende hin immer leiser, als er auf einmal aus holte und immer wieder auf mein Einschlug. Mein Gesicht, mein Bauch, meine Beine, mein Rücken.

Überall schlug er zu und ich konnte mich einfach nicht währen. Stöhnend vor schmerz krümmte ich mich, während er immer weiter auf mich einschlug. Es schmerzte, mehr als das. Ich konnte mich vor schmerz kaum bewegen, doch mein wimmern lies ihn nur noch mehr zu schlagen, doch als es auf einmal klingelte, hielt er in seiner Bewegung inne und man hörte nur mein schmerzendes Stöhnen und meine leise Schluchzer, die ich versuchte zu unterdrücken. ,,Hör gefälligst auf das was ich dir sage'' zischte er gefährlich und taumelte dann in Richtung seines Zimmers. ,,Und räum auf, die Party hat gestern stattgefunden, heute nicht'' meinte er und warf dann seine Zimmertüre zu. Stöhnend rappelte ich mich auf und humpelte dann ins Badezimmer.

Jeder einziges Körperteil schmerzte und ich dankte Gott dafür, dass jemand geklingelt hatte, denn so hatte er wenigstens von mir abgelassen, ich will nicht wissen, was er noch alles getan hätte, wenn es nicht geklingelt hätte. Als ich in den Spiegel sah, hielt ich geschockt meine Hand vor den Mund. Mein rechtes Auge war blau angeschwollen, aus meiner Nase lief Blut und eine Wangen waren komplett rot von den Backpfeifen.

Nachdem ich mich etwas verarztet hatte und irret zwei Schmerztabletten eingeworfen hatte, fing ich an auf zu räumen, zwar langsam, aber ich tat es, obwohl mein Körper bei jeder Bewegung schmerzte. Als ich endlich den ganzen Müll zusammen geräumt hatte, schnappte ich mir die vollen Mülltüten und ging nach unten. Bei jeder Stufe zog ich zischend die Luft ein und war umso froher als ich unten war. An den Mülltonnen angekommen, warf ich endlich die Säcke einen. ,,Lou?'' hörte ich Lins Stimme hinter mir, weshalb ich vor schock zusammen zuckte, mich aber nicht umdrehte. Sie sollte mich so nicht sehen. Nicht mit den ganzen Verletzungen.

,,Was machst du hier?'' fragte ich, doch wandte ihr noch immer den Rücken zu. ,,Gucken was mit dir los ist. Du bist ander, komisch. Was ist passiert?'' fragte sie mich, doch ich blieb still und bewegte mich nicht. ,,Lou?'' zog sie an meinen Arm, während Tränen mir in die Augen schossen. Ich kann nicht mehr. Kurz schluchzte ich, als ich mich einfach umdrehte und ihr in die Arme viel. ,,Was ist denn los?'' streichelte sie sanft über meinen Rücken, was mir zeigte, dass sie meine Verletzungen noch nicht bemerkt hatte. ,,Lou?'' fragte sie nach, als ich ihr nicht antwortete, doch als sie sich von mir lösen wollte, hielt ich sie fest. ,,Bitte sag niemanden was'' nuschelte ich an ihrem Ohr, als meine Tränen schließlich etwas weniger geworden waren.

,,Mach ich nicht, was ist denn nur los?'' fragte sie erneut und löste sich wieder von mir, dieses mal lies ich es zu. Als sie mir ins Gesicht sah, wurden ihre Augen immer größer, füllten sich mit Tränen und musterte mich völlig schockiert und besorgt zu gleich. ,,Wie ist das passiert? und komm mir jetzt nicht mit Training oder so'' sagte sie schockiert. ,,Können wir morgen drüber reden?'' fragte ich kleinlaut, doch sie schüttelte energisch den Kopf. ,,Nein, sag es mir jetzt'' meinte sie, was ich mir schon gedacht hatte. ,,In deinem auto'' deutete ich auf den Range Rover, den ich zuvor gar nicht war genommen hatte.

Hab euch lieb ❤️
Eure Josy 💕

stay or goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt