Kapitel 24

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Kapitel 24

Die nächsten Tage vergingen wie im Fluge. Toni und Henry versuchten nach außen hin den Schein der Normalität zu wahren. Henry ging zu seinen Vorlesungen und lernte mit seinen Kommilitonen. Toni arbeitete im Corleone und bereitete den Deal mit den Kolumbianern vor. Die Abende verbrachten sie meist zusammen in Henrys Wohnung. Der graue Ford tauchte immer mal wieder auf, aber Agent McNamara schien Henry nicht jeden Tag zu beschatten. Toni war kein anderes Fahrzeug aufgefallen und er fing an sich zu fragen, ob dieser Agent McNamara alleine arbeitete. Aber all das Grübeln brachte ihnen nichts, denn der Deal mit den Kolumbianern rückte immer näher.

Mit den Dealern hatte Toni vereinbart, dass sie den Austausch der Drogen gegen das Geld am Heiligen Abend durchführen würden. An diesem Abend war die Security am Hafen am schwächsten und der Mitarbeiter, der Dienst hatte, stand auf der Gehaltsliste der Cosa Nostra. Außer dem FBI würde sie daher niemand stören. Luca hatte dafür gesorgt, dass die Lieferwagen bereitstanden. Außerdem würden in den Verteilerstellen – dort, wo sie die Drogen umpacken und verschneiden würden – genug Mitarbeiter bereitstehen. Außer Toni, Henry und Luca wusste allerdings niemand, dass sie die Lieferwagen nicht brauchen würden.

Der Plan – wenn man es denn als Plan bezeichnen konnte – sah so aus, dass Henry dem FBI die gewünschten Informationen geben würde. Er würde den Ort, Datum und Zeit des Drogendeals verraten, genauso wie den Namen des Schiffs. Damit hätte Henry seinen Teil erledigt und das FBI hätte keinen Grund mehr, ihn zu erpressen.

Das würde aber Henry auf die Abschussliste seines Vaters setzen und auch Toni hatte nicht vor, bei dem Deal geschnappt zu werden, um dann auf Nimmerwiedersehen im Gefängnis zu landen. Und Luca, der darauf bestand, Toni zu dem Deal zu begleiten, auch nicht. Daher würde Toni die Qualität der Drogen schlechtreden und den Austausch verweigern. Wenn das FBI keinen Beweis für einen Austausch von Drogen gegen Geld hatte, würde es keine Verhaftungen geben. Natürlich könnte das FBI ihn wegen versuchter Drogengeschäfte verhaften, aber mit einem guten Anwalt würde die Anklage nicht halten.

Da er damit allerdings die Kolumbianer und seinen Vater enorm verärgern würde, was ebenfalls katastrophale Folgen haben würde, würde er am Tag nach dem gescheiterten Deal einen neuen Termin mit den Kolumbianern vereinbaren. Diesen würde er vor seinem Onkel geheimhalten, alleine abwickeln und auch seinem Vater erst mitteilen, wenn alles gelaufen war. Auf diese Weise, so hoffte er, würden er und Henry mit heiler Haut aus dieser Geschichte herauskommen. Denn wenn das FBI nichts in der Hand hatte und der Deal trotzdem in trockenen Tüchern war, war am Ende alles so gelaufen, wie sein Vater es wollte. Bei ihrem Plan konnte so vieles schief gehen, dass sich Toni jedes Mal der Magen umdrehte, wenn er daran dachte.

Weihnachten war nur noch eine Woche entfernt als Henry seine Zwischenprüfung hatte. Den Deal hatte Toni mit keinem Wort mehr erwähnt und auch Luca, der nun regelmäßig bei Henry und ihm vorbeischaute, schnitt das Thema nicht an. Sie alle wussten, dass es über ihnen hing wie eine schwarze Wolke, aber solange man die Wolke nicht piekte, regnete es nicht. Henry machte sich Sorgen, dass er die Prüfungen nicht schaffen würde, da er sich nicht konzentrieren konnte. Am Abend vor der großen Prüfung saß er am Küchentresen, vor sich seine Bücher und Notizen, sowie eine große Packung Schokolade. Er legte frustriert den Kopf auf die Arme.

„Ich kann mir das einfach nicht merken. Es geht nicht."

Toni trat hinter ihn und legte ihm die Hände auf die Schultern. „Du schaffst das schon, Henry. Du bist klug und hast bisher doch auch alles geschafft."

Henry gab ein verzweifeltes Grummeln von sich. „Aber da musste ich mir ja auch keine Sorgen darüber machen, dass das FBI mich verhaften will. Oder dass ein Mafiaboss mich an die Fische verfüttert."

Corleone - Anthony & HenryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt