Kapitel 8

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Kapitel 8

Ein paar Tage später saß Toni zusammen mit Luca in einem Imbiss in Queens, der Dinge mit Waffeln anstellte, die eigentlich illegal sein sollten. Luca zerschnitt gerade eine belgische Waffe die dick mit Speck, Ei, Lachs und Ahornsirup belegt war, als die Kellnerin Tonis Kaffee auffüllte. Natürlich hatte Luca einen Imbiss aufgetan, der lediglich Waffeln verkaufte. Luca hatte Toni zum Frühstück eingeladen. Sie hatten sich schon einige Tage nicht gesehen, da Toni entweder gearbeitet oder Henry am Kaffeewagen getroffen hatte. Auch Luca war beschäftigt gewesen und so hatte Toni sich nicht lange überreden lassen müssen. Eine Ablenkung war ihm sehr willkommen.

„Schmeckt es dir nicht?" fragte Luca und zeigte mit seinem Messer auf Tonis Teller mit der fast noch unangerührten Waffel mit Käse, Frühlingszwiebeln, Schinken und Sauce Bernaise. Luca hatte sich heute für ein Hemd mit der Abbildung von kleinen Palmen entschieden, was ihm den Anschein eines Elvis-Imitators verlieh.

„Doch, sicher", beeilte sich Toni zu sagen und nahm noch einen Happen. Luca konnte es persönlich nehmen, wenn man Essen verschmähte. Eigentlich schmeckte die Waffel gar nicht schlecht. Aber seitdem Toni mit Marcus gesprochen hatte, kreisten seine Gedanken fast nur noch um den Drogendeal, was seinen Magen in einen festen Knoten verwandelte der keinen Platz für Hunger ließ. Aber Luca war sein Freund und Luca liebte Essen. Toni wollte ihm nicht die Laune verderben. Also nahm er noch einen Bissen, nickte und sagte: „Mal was anderes. Und wie ist deine?"

Grinsend schaufelte sich Luca ein riesiges Stück in den Mund, schloss die Augen und kaute genießerisch. „Der Wahnsinn." Als er runtergeschluckt hatte, sagte Luca: „Was treibst du so die letzte Zeit? Ich war ein paar Mal im Corleone, aber du warst nicht da."

Nein, denn Toni war nachmittags oft mit Henry zusammen gewesen. Normalerweise gingen sie nach dem Besuch des Kaffeewagens in den Park, bei schlechtem Wetter begleitete er Henry in die Bibliothek oder eines der NYU Gebäude. Henry musste viel Lernen, weswegen Toni ihn nicht mehr zu Ausflügen entführt hatte. Aber das konnte Toni Luca nicht sagen. Deshalb sagte er: „Ich habe zurzeit viel zu erledigen. Bin unterwegs."

„Wegen dem Geschäftsabschluss Ende des Jahres?" fragte Luca und beugte sich vor.

Schnell sah sich Toni im Lokal um, aber die meisten Tische um sie herum waren leer. Woher wusste Luca von dem Deal mit den Kolumbianern? Dies war ein high end Deal, von dem außer dem engsten Kreis niemand wissen durfte. Die Gefahr, dass jemand redete, war zu groß. Daher sah er Luca scharf an. „Woher weißt du davon?"

Luca zuckte nur mit den Schultern und nahm noch einen Bissen von seiner Waffel. „Reg dich nicht auf, aber ich hab meinen alten Herrn darüber reden hören."

Natürlich. Lucas Vater war ein Capo und als solcher möglicherweise eingeweiht. Über die andere Möglichkeit, dass irgendjemand den Mund zu weit aufgemacht und die Omerta gebrochen hatte, wollte Toni lieber nicht nachdenken.

„Dennoch solltest du von dem Geschäft gar nichts wissen, Luca."

Luca hob beschwichtigend die Hände, wodurch Ei auf den Tisch tropfte. „Toni, komm schon, diese Lieferung Autoreifen könnte mir den Arsch retten."

Da sie in der Öffentlichkeit waren, verwendete Luca die Codewörter, die er und Toni sich schon vor Jahren überlegt hatten. Anstelle von „Drogen" oder „Ware", was zu sehr nach Kriminellen klang, verwendeten sie „Autoreifen", ein absolut unverfängliches und für fremde Ohren langweiliges Codewort.

Verwundert legte Toni sein Besteck auf den Tisch, damit er sich ganz auf seinen Freund konzentrieren konnte. „Wie meinst du das?"

Für einen Moment druckste Luca herum, doch dann rückte er mit der Wahrheit heraus. „Ich hab mein Jahresziel noch nicht erreicht. Und ich hab nur noch drei Monate. Das schaff ich nicht mehr." Luca sah wirklich beunruhigt aus, und wenn es stimmte, was er sagte, konnte Toni es ihm nicht verdenken.

Corleone - Anthony & HenryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt