Yve Winter:
Nach und nach trudeln die Mitarbeiter des Büros ein. Ständig höre ich die Tür des Empfangs auf und zu gehen. Auch die morgendlichen, lauter werdenden Gespräche dringen zu mir hindurch. Vorbei mit der Ruhe, die keine 5 Minuten vorher noch herrschte. Mittlerweile sind Frau Baerbock und ich mit einer großen Tasse Kaffee in Richtung Konferenzraum gegangen und sie ist dabei ihre Unterlagen vor sich auf dem Tisch auszubreiten. Sie scheint ihre ganz eigene Ordnung dafür zu haben. Wild kramt sie in ihrer wirklich sehr großen schwarzen Tasche, bis sie schließlich erleichtert sagt: „Da ist er ja! Ich will nicht wissen wie viel Lebenszeit dabei draufgeht, wenn ich diesen Stift suche."
Kurz darauf erklärt sie mir den groben Tagesablauf und dass mir heute eine Kollegin zur Seite stehen wird, die schon als Pressesprecherin bei den Grünen gearbeitet hat. Zumindest für die Planung der heutigen Pressekonferenz. „Später vor Ort zähle ich dann ganz auf sie Frau Winter"
Etwas nervös, aber doch festentschlossen das hinzubekommen, nicke ich ihr zu.Letztendlich füllt sich nun auch der Raum in dem wir sitzen. Eine große, schlanke Frau setzt sich neben mir auf den grauen Stuhl und streckt ihre Hand zu mir aus. „Guten Morgen. Sie müssen Frau Winter sein. Mein Name ist Frau Thiel. Ich sehe heute hatten Sie mehr Glück mit dem Wetter." Ich sehe aus dem Augenwinkel, dass Frau Baerbock leicht schmunzelt. Natürlich hatte sich mein erster Eindruck schon im ganzen Büro herumgesprochen. Ich greife nach ihrer Hand und antworte professionell: „Guten Morgen Frau Thiel. Ja ein Glück war das Wetter häute gnädig mit mir." Bei Annalena fiel es mir einfach leichter etwas sarkastischer aufzutreten und ich weiß partout nicht warum. Aber irgendwie habe ich das Bedürfnis in ihrer Gegenwart etwas frecher und selbstbewusster aufzutreten.
Annalena Baerbock:
„So liebe Freundinnen und Freunde. Heute steht ja wieder ein Sondierungstermin mit anschließender Pressekonferenz an. Ich darf Ihnen Frau Winter vorstellen, die heute bei uns Probearbeiten wird und somit als meine Pressesprecherin an meiner Seite stehen wird."
Ich warte kurz ab bis alle meine vielleicht neue Kollegin begrüßt haben und fahre dann fort: „Wie ihr alle wisst, werden wir heute mit der CDU sondieren. Auch wenn uns Deutschland gezeigt hat, was für eine Regierung sie nicht mehr wollen, müssen wir uns trotzdem mit der zweitstärksten Partei treffen um zu sehen ob irgendwelche Parallelen da sind, oder ob wir genügend Weichen stellen können. Ich würde sagen: Ab an die Arbeit"Nach der Besprechung, des Tagesablaufes bitte ich Frau Winter und Frau Thiel mir in mein Büro zu folgen. Ich lasse Beide gegenüber von meinem Stuhl am Schreibtisch Platz nehmen und ziehe einen beschrifteten DIN A4 Zettel aus meiner Tasche und lege ihn vor den Beiden auf den Tisch. Ich beuge mich einmal quer über den Tisch und versuche ihnen mit meinem grünen Kugelschreiber den ersten Termin zu zeigen der heute Ansteht. Ich fahre mit der Spitze des Stiftes leicht über die erste Zeile die auf dem weißen Papier steht. „Zu Erst führen wir ein Statement mit geladenen Gästen der Presse. Frau Winter, ihre Aufgabe wird es sein die Journalisten nacheinander aufzurufen und zu bestimmen wie viele Fragen noch gestellt werden dürfen."
Ich bin durchaus gespannt, wie die junge Frau diesen Tag meistern wird und wie selbstständig sie arbeiten wird. „Frau Thiel, sie greifen bitte nur in Notfällen oder wenn Frau Winter fragen hat ein."
Da Beide die Anweisungen verstanden haben, erhebe ich mich aus meinem Stuhl und richte mir meine vom Sitzen verknitterte Bluse.Während wir zu unserem Bus vor der Tür gehen, laufe ich ein Stück hinter der jungen, braunhaarigen Frau und muss an ihren Spruch von heute Morgen denken. „Soeben wurde der Tag noch schöner." flüstere ich mit einem leichten grinsen vor mich hin. Ob sie das wirklich so gemeint hat? Schließlich war ich beim Vorstellungsgespräch nicht grade freundlich zu ihr.
Nachdem die zwei Frauen sich an die jeweiligen Fensterplätze des Busses gesetzt haben, blieb für mich nicht mehr viel Wahl und setze mich schließlich dazwischen und versuche mich im engen Bus anzuschnallen. Ich drück mich etwas aus dem Sitz hoch um richtig an den Anschnallgurt zu kommen. Geschafft.Yve Winter:
Da ist er wieder. Dieser süßlich, blumige Duft, den ich nun noch stärker wahrnehme, als heute Morgen im Flur des Gebäudes. Ist ja klar, ich sitze ja auch Schulter an Schulter mit der deutschen Kanzlerkandidatin. Ich traue mich kaum nach rechts zu ihr zu sehen und schaue deshalb aus den getönten Scheiben des Busses, bis ich vor mir plötzlich ihren ausgestreckten Arm sehe. „Da! Wenn wir gleich an dem großen Gebäude vorbei sind, sehen sie das Brandenburger Tor." Als würden wir grade eine Sightseeingtour machen, zeigt mir Annalena auf dem Weg zur Tagungsstätte noch einige faszinierende Gebäude und Wahrzeichen aus Berlin.
Für einen kurzen Moment fühlt sich das Ganze nicht wie Arbeit an, sondern wie ein Städtetrip mit zwei Freundinnen.Der Bus fährt schließlich in die Auffahrt eines großen Bürogebäudes. Durch die Fenster kann ich schon allerlei Presse und Fotografen entdecken, die auf einmal aus allen Ecken geschossen kommen. Es bildet sich eine große Traube um den Bus.
„Ok, denken sie daran einfach freundlich zu gucken. Wir werden jetzt einfach an der Presse vorbeigehen, aber natürlich noch keine Interviews führen." sagt die Parteichefin der Grünen Partei zu uns.Die Tür geht auf und wir steigen nacheinander aus dem schwarzen Gefährt aus. Blitzlichtgewitter und unverständliches Gerede schallt uns direkt entgegen. Ich kneife meine lichtempfindlichen Augen zu und versuche so etwas das grelle Licht von meinen Pupillen abzuschirmen, bis mir schließlich auffällt, dass zugekniffene Augen auf Fotos auch nicht so das Wahre sind und versuche sie wieder etwas mehr zu öffnen. Ich laufe dicht an Annalena dran in den Eingangsbereich des gläsernen Gebäudes.
Hatte ich da eben so etwas wie Stolz gefühlt? Stolz weil ich mit einer der mächtigsten Frauen Deutschlands zu tun habe? Ich weiß es nicht, aber irgendwie hat es sich gut angefühlt dicht neben Ihr zu laufen.Während die zwei Parteien miteinander sondieren, bespreche ich die folgenden Interviews mit Frau Thiel und wir koordinieren gemeinsam die anwesende Presse, damit beim Statement alles glatt läuft.
Nach ein paar Stunden ist es soweit, die Tür des Sondierungsbüros geht auf und einige Anzug-tragende Männer der CDU kommen schlurfend aus dem Raum. Einige davon gehen direkt an der Presse vorbei aus dem großen Gebäude nur die Parteichefs versammeln sich vor den Mikros der Presse, auch Annalena und Robert gehen auf direktem Weg zu der wartenden Meute.
Jetzt ist meine Zeit gekommen. Souverän versuche ich alles Besprochene so umzusetzen, dass Frau Baerbock auch zufrieden mit mir ist.
„Ein letzte Frage bitte noch. Frau Hassel sie dürfen." Das wars, ich habe es geschafft. Frau Hassel, eine Journalistin von ARD stellt gerade die letzte Frage des Abends.Zurück im Bus, fasst Annalena mir an den Oberarm und setzt ihr freundliches, herzliches Grinsen auf: „Das haben sie gut gemacht Frau Winter!" Ich spüre wie mein Arm unter ihrer Hand ganz warm wird. Aber es war nicht nur der Arm, es kommt mir so vor als würde ihr wunderschönes Lachen auch meine Seele erwärmen.
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Falling slowly
FanfictionEndlich ist der Tag gekommen. Ich, Yve Winter, bin bestens auf dieses Vorstellungsgespräch vorbereitet. Das könnte mein Schritt in eine neue Zukunft werden. Pressesprecherin für die Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock. An...