Kapitel 23

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Und als der erste Schreck überwunden war, riss Biggi sich sofort von Thomas los. "Sag mal geht's noch?!", herrschte sie ihn an und ging ein paar Schritte zurück. Seine Nähe war nicht mehr so angenehm für sie, wie noch vor ein paar Wochen. Jetzt schmerzte sie nur noch und das machte es beinahe unerträglich für die junge Frau. Alleine, Thomas nur zu sehen, war eine Qual. Aber die war nun bald vorbei und bis dahin musste Biggi durchhalten.
"Du kannst das nicht tun, das ist verdammt nochmal gefährlich!", stellte Thomas klar und sah sich gleich darauf um, ob jemand sie beobachtete. Aber niemand sah gerade in die Richtung der beiden Schauspieler. "Doch, ich kann und ich werde! Du hast mir nämlich gar nichts zu sagen!" Und daraufhin drehte sich Biggi um und lief zu den anderen, die voraus gegangen waren.
"Ist alles in Ordnung?", fragte Karin ihre Kollegin, als Biggi zu ihr ins Auto stieg. "Sicher.", erwiderte Biggi resigniert und die blonde Schauspielerin neben ihr erkannte, dass etwas nicht stimmte. Doch dann unterbrach die Stimme des Regisseurs ihre Gedanken und um weiter nach zu fragen, blieb Karin keine Gelegenheit mehr.
Denn nun sollte es so langsam losgehen und alle begaben sich auf den Befehl des Regisseurs hin auf ihre Positionen. Zunächst wollten sie einen Probelauf starten, um zu sehen, ob alles klappte. Die Szene musste nämlich heute unbedingt noch abgedreht werden und sie hatten schon so viel Zeit durch die diversen Fehlversuche verloren, dass nun keiner von ihnen noch irgendwelche Verzögerungen provozieren wollte.
Thomas lief zurück zu Michael und ignorierte den fragenden Blick seines Freundes, während er gebannt den Dreharbeiten entgegen fieberte. Der Schauspieler schickte Stoßgebete zum Himmel und hoffe inständig, dass alles gut laufen würde.
Der erste Durchlauf klappte aber tatsächlich ohne Zwischenfälle und Biggi gelang es, vom fahrenden Auto aus, sicher in den Helikopter überzuwechseln. Es lief alles nach Plan und der Regisseur, sowie der Kameramann waren mit Biggis Arbeit mehr als zufrieden, weshalb nun der eigentliche Dreh-Durchlauf folgen würde.
Davor hatten sich aber alle Beteiligten eine Pause verdient. Der Großteil des Teams zog sich in die Wohnwägen zurück, die beim Außendreh immer für sie bereit standen. Biggi und Karin wurden für den neuen Durchlauf nochmal neu geschminkt und währenddessen unterhielten sich die zwei Frauen über die Dreharbeiten. "Also, wenn du das gleich nochmal so hin bekommst, wie gerade eben wird die Folge genial!", schwärmte Karin. "Genial ist so ein großes Wort.", spielte Biggi ihre Leistung herunter. Aber auch sie war stolz, gezeigt zu haben, dass sie so etwas perfekt beherrschte und es hatte ihr Spaß gemacht.
"Ich hatte ja wirklich Angst, das was passiert.", gab Karin zu. "Ach komm.. Mehr als runterfallen kann ich doch nicht.", antwortete Biggi. "Das reicht schon!", stellte Karin klar und die beiden Frauen mussten lachen.
In der Zwischenzeit stand Thomas vor dem Cateringwagen, da er unbedingt einen Kaffee brauchte. Er unterhielt sich mit Peter und Michael, als plötzlich Vera vor ihm stand. Ihre Tochter lag schlafend in einer Trage, die Vera neben sich abstellte. "Was machst du denn hier?", fragte Thomas überrascht. "Wir saßen nur zu Hause rum und deshalb dachte ich, dass wir dich mal wieder am Set besuchen könnten.", offenbarte Vera ihm daraufhin. "O..okay.", stammelte Thomas und Vera legte den Kopf schief.
"Freust du dich nicht, uns zu sehen?", fragte sie und spielte die Enttäuschte. Dabei war sie in Wirklichkeit nur hier, um nach dem Rechten zu sehen und das sie hier am Set nicht gern gesehen wurde, war ihr ebenfalls klar.
Thomas tat schließlich dann so, als ob er sich freute, aber mit den Gedanken war er ganz woanders. Er hoffte nur, dass Biggi nicht sehen würde und vor allem, dass Biggi das Baby nicht sah. Doch gerade als Vera die Kleine aus der Trage genommen und ihm in die Arme gelegt hatte, kamen Biggi und Karin aus dem Maskenmobil, das natürlich genau so stand das sie alles genau sehen konnte. Biggi erstarrte, als sie Vera und Thomas mit dem Baby auf dem Arm erblickte. Und als Vera Thomas auch noch einen Kuss gab, war Biggis gute Laune von eben wieder gänzlich verschwunden. Und mit ihr auch ihre gesamte Konzentration.
Biggi konnte ihren Blick nicht abwenden und Karin fiel das natürlich auf. Also schaute sie ebenfalls in die Richtung, die Biggi so fixierte und entdeckte die kleine Familie ebenfalls. "Ist das seine Frau?", fragte Karin, die Vera ja nicht kannte. "He, Karin an Biggilein!", meinte die Schauspielerin schließlich und schnippste vor Biggis Gesicht herum, als diese nicht antwortete.
"Was?!", fragte Biggi, die zwar die Frage ihrer Kollegin verstanden hatte, jedoch ungern antworten wollte. "Ist das da drüben Thomas' Frau?", erkundigte sich Karin jedoch erneut. "Ja! Und das Kind auf seinem Arm ist seine Tochter!", antwortete Biggi schroff. "Aber jetzt komm endlich, ich will fertig werden!" Und daraufhin packte Biggi Karin am Arm und zog sie mit sich.
Thomas sah Biggis Reaktion und Vera hatte sie ebenfalls gesehen und mit Genugtuung beobachtet. Zwar wusste sie nichts von der Beziehung zwischen Thomas und Biggi, aber sie hatte erkannt das Biggi alles andere als erfreut gewesen war sie hier zu sehen und das schob sie auf die damaligen Auseinandersetzungen.
Vera grinste daraufhin. Hätte sie allerdings den wahren Grund für Biggis Reaktion gewusst, dann hätte sie wahrscheinlich nicht so hämisch gegrinst.
Biggi und Karin liefen wieder zum Set hinüber, das inzwischen wieder vorbereitet worden war. "Geht's dir gut?", fragte Karin vorsichtig, da Biggis plötzliche Gemütsveränderung ihr deutlich anzumerken war. "Ja!", war die genervte Antwort von Biggi und Karin hätte gerne noch mit ihrer Freundin geredet, doch die Pause war inzwischen vorbei und alle warteten auf die beiden Schauspielerinnen.
Sie nahmen gleich ihren Platz im Auto ein und viel drumherum geredet wurde gar nicht mehr, da ja alle wussten, wie es lief. Der Helikopter hob ein paar Augenblicke später ab und Biggi und Karin warteten nur noch auf das Zeichen des Regisseurs, dass es losgehen konnte. Besorgt blickte Karin zu Biggi hinüber und erkannte deutlich die Tränen in den Augen ihrer Kollegin. Mit irgendetwas hatte Biggi zu kämpfen, das spürte Karin deutlich, auch wenn es offensichtlich war das die Braunhaarige das nach außen hin nicht zeigen wollte.
"Bist du dir sicher, dass es dir gut geht? Ansonsten brechen wir das für heute ab.", sagte Karin deshalb. "Wir brechen hier jetzt gar nichts ab!", stellte Biggi klar und wischte sich kurz mit ihrem Ärmel über die Augen. Ganz vorsichtig, um das Make-Up nicht zu sehr zu verwischen. "Biggi..", setzte Karin an, doch ihre Freundin unterbrach sie. "Karin!", fauchte sie und brauchte gar nichts weiter sagen. Die Blondine verstand auch so, dass sie jetzt lieber still sein sollte. Allerdings war die Unruhe von vorhin wieder da und größer als zuvor, sodass Karin am liebsten Stop!' gerufen hätte. Doch da gab der Regisseur schon die ersten Anweisungen und nahm Karin somit die Chance vorzuschlagen, das Ganze doch zu verschieben.
Thomas hatte Vera derweil nicht zum Gehen bewegen können, weshalb auch sie nun zusehen würde. Alle Leute, die nicht unmittelbar beteiligt waren, standen nun also wie vorhin etwas abseits. Thomas versuchte sich seine Sorge nicht anmerken zu lassen, was aber schier unmöglich war. Irgendwie wusste er, dass etwas passieren würde. Alleine Biggis Blick hatte verraten, dass ihre Konzentration dahin war, allerdings hatten sie nun bereits begonnen zu drehen.
Der Helikopter und das Auto standen sich nun einige Meter weit auf einer geraden Straße gegenüber und als das Zeichen des Regisseurs kam, trat Karin das Gaspedal durch und der Helikopter schnellte ebenfalls nach vorne. Kurz bevor sie sich trafen, stellte Biggi sich im fahrenden Auto auf und als der Heli genau über ihr war, hielt sie sich an einer der Kufen fest. Karin stoppte das Fahrzeug mit einer Vollbremsung und stieg schnell aus, um dem Helikopter hinterher zu blicken.
Biggi versuchte wie vorhin, sich auf die Kufe zu stellen, um an die Tür zu gelangen und das schaffte sie. Jedoch erblickte sie im Augenwinkel Vera und Thomas weiter entfernt, was einen Moment der Unachtsamkeit nach sich zog.
Biggi rutschte von der Kufe ab, schaffte es nicht mehr sich festzuhalten und knallte bei der hohen Geschwindigkeit des Helikopters aus einer Höhe von rund vier Metern auf dem harten Asphalt der Straße auf.
Dort blieb sie nach ein paar Umdrehungen um die eigene Körperachse regungslos liegen.

Fürs echte Leben gibt's nun mal kein DrehbuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt