Kapitel 9

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Als ich aus dem Haus trat und mich umsah, verstummte das Gelächter und die ausgelassenen Gespräche meiner Leute und alle sahen mich an. Ich bemerkte die Leiche eines jungen Mannes, der noch gelebt hatte, als ich vor einer halben Stunde mit Hakon und Malte in das Haus verschwunden war.

Die leblosen Augen des Jungen starrten mich an, doch keine Emotion durchströmte mich. Ich hatte schon zu viele Leichen gesehen, zu viele Menschen getötet und zu viele Freunde sterben sehen, als das mich der leblose Körper eines unbekannten dazu anregen konnte Mitgefühl zu haben.

„Männer!" rief ich „unser Angriff war ein voller Erfolg. Wir kehren mit reicher Beute heim. Silber, Gold und stattliche Sklaven. Die meisten von ihnen zumindest"
ich schaute zu einer dicken Frau, die weinend auf dem Boden kniete und zitterte.

„Die Frauen ohne Ring haben wir da an die Mauer gesetzt und von den anderen getrennt. Wie du es wolltest Erik"

„Überprüft das nochmal. Keine von denen darf verloren gehen oder schwer verletzt werden. Wir doch viel Geld verdienen oder Männer?" Alle meiner Krieger jubelten mir zu und gingen auf die Gefangenen zu.

Aus dem Augenwinkel sah ich wie Lodar, einer meiner älteren Gefährten auf das blonde Mädchen zuging und überprüfte, ob sie einen Ring trug. Ich wusste, dass es nicht so war, denn das war mir direkt aufgefallen, als ich sie im Würgegriff gehalten hatte und sie versuchte, sich von mir loszumachen.

Der dicke, aber dennoch gute Kämpfer und Freund meines Vaters packte sie am Arm und schliff sie in Richtung der Frauen an der Mauer. Einige von ihnen konnten man noch gar nicht als Frauen bezeichnen, so jung wie sie vermutlich waren.

Plötzlich jauchzte Lodar und schüttelte seine Hand. Sie hatte ihn doch tatsächlich in die Hand gebissen. Ich musste leicht schmunzeln. Erst spuckte sie mir ins Gesicht und nun biss sie einem furchteinflößenden Wikinger in die Hand. Das Zeugte von Mut und purem Kampfgeist. Doch den würde sie auf der Reise sterben ihr bevorstand mit Sicherheit verlieren. Am Ende würde sie gebrochen sein und sich nicht mehr wehren, so wie es mit allen Sklaven war.

Als ich sah wie Lodar die Hand hub und ausholte schaute ich demonstrativ weg. Ich hörte das Klatschen, als seine Hand auf ihre weiche Haut traf, und mich durchzuckte ein kleiner Schmerz in der Brust. Ich ging wieder in Richtung des Hauses, in dem immer noch Hakon und Malte saßen, aber bevor ich hineinging drehte ich mich noch einmal um und sah wie Lodar das Mädchen an einem Fuß durch den Dreck zehrte und ihr einen, mit Sicherheit schmerzhaften, Tritt in die Seite verpasste, als er sie bis zu den Jungfrauen geschliffen hatte. Sie krümmte sich vor Schmerz, aber über ihre Lippen kam kein Laut. Ich drehte mich um und ging ins Haus.

Die Gefangene des WikingersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt