Erik
Nachdem ich begriffen hatte, was Hakon da von sich gegeben hatte, stürmte ich zum hinteren Ausgang des Zelts und das letzte was ich von ihr sah war der Schein ihres hellblauen Kleids, das von der Dunkelheit des Waldes verschluckt wurde.
Ohne nachzudenken, rannte ich los. Ich konnte leider nicht viel sehen, denn der schwache Schein des Mondes spendete nicht viel Licht, aber ein paar Männer, darunter auch Hakon und Malte waren mir mit Fackeln gefolgt. Mein bester Freund rechte mir eine und sah mich entschuldigend an. Ich wollte seine Entschuldigung nicht hören. Das würden wir später besprechen, wenn ich sie wiedergefunden hatte. Wir teilten uns auf, um einen größeren Umkreis abzudecken und sie schneller zu finden.
„Hakon, Malte ihr geht nach Osten! Mika, Bent, ihr geht nach Westen! Ich gehe weiter nach Norden." Wies ich die anderen an.
„Ich komme mit dir Erik!" sagte Hakon zu mir, doch ich entgegnete in einem schroffen Ton, dass ich allein klarkommen würde und er sich mir nicht widersetzen sollte.
Mit eingezogenem Kopf beugte er sich mir und ging mit Malte in Richtung Osten.
„Und keiner tut ihr was! Ich will sie unverletzt wiederhaben!" rief ich beiden Teams hinterher.
In einer Hand die Fackel und in der anderen mein Schwert, ging ich weiter gen Norden.
Ich würde sie finden, das stand fest. Sie war das wertvollste, was wir auf unserem Raubzug erbeutet hatte, abgesehen von den goldbesetzten Kreuzen und Bechern in den Klostern.
Ich konnte sie mir nicht durch die Lappen gehen lassen. Mit ihr im Schlepptau konnte ich meinem Vater beweisen, dass ich würdig war der neue Anführer unseres Clans zu werden. Klar, er war so oder so stolz auf die Siege die ich errungen hatte. Ich hatte schon viele Schlachten geschlagen und war immer siegreich zurückgekehrt, aber das würde dem Ganzen noch die Krone aufsetzen. Das Geld was wir für sie bekommen würden, würden die anderen Sklaven nicht mal zusammen erzielen.
Sie war die schönste Frau die ich, und jeder meiner Männer, und wir hatten schon viele, je gesehen hatten. Und dafür würden die anderen Jarls, da war ich mir sicher, eine Menge an Geld bezahlen.
Ich lief eine ganze Weile geradeaus, als ich in der Ferne ein kleines Haus aus Holz entdeckte. Ich ließ die Fackel auf den Boden fallen und trat sie aus. Wenn die Hütte bewohnt war, dann sollte mich keiner kommen sehen. Ich schlich mich langsam an und spähte durch eines der kleinen, trüben Fenster in den einzigen beleuchteten Raum des Hauses. Es waren fünf Männer in dem Raum. Alle von ihnen waren nicht sonderlich groß und auch nicht sehr muskulös. Drei von ihnen standen um einen großen, hölzernen Tisch, auf dem eine junge Frau lag und versuchte mit den Armen und Beinen zu strampeln. Die Männer lachten über ihren kläglichen Fluchtversuch und amüsierten sich über ihre Hilflosigkeit. Einer von ihnen hatte die elfenhaft kleine Brünette an der Kehle gepackt. Die andern beiden hielten jeweils ihre Hände und Füße fest. Zwei weitere Männer saßen auf Stühlen und aßen. Was konnte ich nicht sehen, da sie mir den Rücken zudrehten. An einer weißen Wand, nahe des Tischs auf dem die Frau lag, saß ein zusammengesackter Mann in einem Schlafgewand. Ein Schwert steckte in seiner Brust und seine weit aufgerissenen Augen starrten in die Richtung seiner Frau. Wahrscheinlich hatte er versucht sie, vor den Eindringligen, zu beschützen, aber wie sollte ein so schmächtiger Mann gegen fünf von ihnen ankommen.
Gegenüber von dem Fenster, in das ich sah, befand sich eine Tür. Wahrscheinlich führte sie in den Flur des Hauses. Ich hoffte inständig, dass meine blonde Sklavin nicht in das Haus gegangen war, um zu helfen. Ihr bisheriges Benehmen zeugte von Mut und Sturheit und ich hätte ihr zugetraut in die Hütte zu gehen, um die Frau zu retten. Gerade als ich mich abwenden wollte vernahm ich eine kleine Bewegung der Tür des großen beleuchteten Zimmers.
Sie war anscheinend wirklich so dumm gewesen und hatte das Haus betreten. Ich sah ihre blauen Augen, wie sie durch den schmalen Spalt der Tür in den Raum blickte.
Sie floh vor mir und setzt ihre Freiheit direkt wieder aufs Spiel. Ich schüttelte den Kopf. Wie konnte man denn nur so dumm sein? Wenn die Männer sie bemerkten, dann wäre sie ihnen genauso ausgeliefert wie die Frau auf dem Tisch, die vermutlich jeden Moment vergewaltigt werden würde. Oder sie würden sie einfach töten. Ich konnte mich nicht entscheiden was schlimmer wäre.
Ich rappelte mich auf und schlich mich zur Eingangstür. Ich konnte nicht zulassen, dass ihr etwas geschah. Die Tür des Hauses stand offen und machte keinen Laut als ich eintrat. Lautlos schlich ich in ihre Richtung. Angespannt stand sie vor der Tür zum Hauptzimmer des Hauses und beobachtete die Situation. Sie hatte die Hände geballt und ich befürchtete, dass sie gleich in den Raum stürzen und damit in ihren Tod rennen würde, doch als die Frau im Zimmer anfing, wie am Spieß zu schreien und die Männer ihr lautes Lachen ertönen ließen, drehte sie sich um.
Sie machte ihren ersten Schritt und die Dielen quietschten. „Du Idiotin!" dachte ich. Sie riss die Augen auf und erstarrte.
In dem Moment, in dem einer der Männer die Tür aufriss, um nachzusehen woher das Geräusch kam, packte ich sie von hinten und presste meine Hand auf ihren Mund. Ich zog sie in eine dunkle Ecke. Sie strampelte und biss mir in die Hand, aber natürlich hatte sie keine Chance gegen mich. Ich flüsterte ihr ins Ohr, dass sie still sein sollte und sie hielt inne. Ich hörte näherkommende Schritte, drehte sie um und drückte sie gegen die Wand hinter uns. Meine Hand war immer noch auf ihrem Mund und sie blickte mich mit weit aufgerissenen Augen an. Ich musste schlucken. Unter anderen Umständen würde mir diese Position sehr gefallen und ich leckte mir über die Lippen.
Die Schritte kamen näher und ich hörte ein Schwert über den Boden schleifen. Ich befahl ihr in der Ecke stehen zu bleiben und nahm langsam meine Hand von ihrem Mund. Sie machte keinen Mucks und starrte mich immer noch an, als wäre ich ein Geist, der sie entführen wollte. Okay, das wollte ich ja auch, aber noch war ich noch nicht tot. Ich drehte mich um und spähte um die Ecke.
Ich hatte Recht gehabt, einer der Männer stand nur ein paar Schritte entfernt und blickte in meine Richtung.
„Ich glaube ich hab hier was!" rief er seinen Freunden zu.
Er kam auf mich zu und ich sprang aus der Ecke und erwischte ihn völlig unvorbereitet. Mein Schwert bohrte sich mit Leichtigkeit durch seinen Körper und er ging gurgelnd zu Boden. Die Tür wurde noch weiter aufgerissen und drei weitere Männer erschienen. Sie zückten ihre Waffen und stürmten auf mich zu.
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Die Gefangene des Wikingers
Roman d'amourAuf einem Markt begegnet die junge Ava einem mysteriösen Mann, der ihr nicht mehr aus dem Kopf geht. Wird sie ihn je wiedersehen? Ja - aber anders als erhofft! Hi ihr lieben. Dies ist meine erste Geschichte auf Wattpad, also seid bitte nicht zu str...