Kapitel 41

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„Bewegt euch!" Es wurde an dem Seil der Sklaven gezogen und hintereinander stolperten sie langsam vom Schiff. Da ich einzeln angebunden war griff Hakon, der mir eine Heidenangst einflößte, sobald er auf mich zutrat, nach meiner Leine und führte mich auf den Steg. Erik konnte ich nirgends sehen. Wir warteten kurz auf die anderen und als die komplette Gruppe wieder zusammen war marschierten wir hinter unseren Peinigern her in Richtung der Stadttore. Ich vermutete, dass auch mehrere Sklaven vom anderen Schiff die Überfahrt nicht überlebt hatten, denn ihre Anzahl war ebenso wie unsere geschrumpft.

Um die Stadt war eine Art Mauer errichtet und als wir durch die offenstehenden, großen, hölzernen Tore hinein traten hätte ich lieber den Kopf senken und auf meine Füße schauen sollen.

Wir befanden uns direkt auf einem großen Platz, der umsäumt war von kleinen Ständen, an denen verschiedene Waren angeboten wurden, die ich nicht kannte. Kräuter und Pulver in den verschiedensten Farben. Aber das war nicht das anzeige was hier verkauft wurde.

Gefesselte Menschen aller Altersklassen und Hautfarben standen in Reihen in der Mitte des Platzes. Sie waren nur spärlich bekleidet und manche von ihnen waren sogar gänzlich nackt.

Galle kroch mir die Kehle hoch.

Ich versuchte meinen Blick abzuwenden, doch es funktionierte nicht. Viele der Menschen, vor allem Männer hatten metallene Ringe um ihre Hälse, an denen Ketten befestigt waren.

In der Mitte des Platzes befand sich ein großes Podest, auf dem ein dicker Mann stand und etwas in die Menge von Menschen schrie, die sich um die Bühne herum gebildet hatte. Er deutete immer wieder auf die junge Frau neben ihm. Sie war nackt und um ihre Fußknöchel befanden sich metallene Ringe. Man konnte deutlich ihre Rippen und Hüftknochen sehen.

Als der dicke Mann zu ihr trat und sie umdrehte fing sie noch stärker an zu schluchzen. Ihr Rücken war übersäht mit langen teilweise noch nicht verheilten Schnitten. Als ich schockiert stehen blieb stoppte auch Hakon und schaute mir einen Moment lang in meine vor Angst geweiteten Augen. Sein Gesicht war völlig emotionslos, als er mich weiterzog und etwas vor sich her murmelte.

Wir gingen an bestimmt hundert versklavten Menschen vorbei, ehe er anhielt und mich anwies mich in die Reihe zu stellen. Meinen Strick band er an einen im Boden verhakten Ring. Links von mir stand ein Mann mit schwarzer Haut und kurz geschorenen Haaren. Sein Oberkörper war unbedeckt und seine Hose war vollkommen verdreckt. Er schlotterte am ganzen Körper und seine muskulösen Arme hingen schlaff herunter. Seinen Kopf hielt er gesenkt, aber als er bemerkte, dass ich ihn musterte, sah er kurz auf. In seinen braunen Augen konnte ich erkennen, dass er gebrochen war. Er wendete sich schnell wieder ab, als eine gut gekleidete Frau vor ihm stehen blieb und ihn beäugte.

„Ein Prachtexemplar. Nur 15 Taler" sagte ein Mann, der neben sie trat.

„Ja er ist sehr groß und gut gebaut" sagte die Frau, die den Blick anscheinend nicht von ihm abwenden konnte.

Die Art auf, die sie ihn ansah, war ekelerregend. Wie, als würde sie einen Bullen auf einer Auktion ersteigern wollen.

„Aber 15 sind mir zu viel. Ich gebe ihnen 12."

„Verkauft" sagte der Mann und lächelte schäbig.

Die Frau überreichte ihm einen kleinen Beutel mit Münzen, nahm die Kette des Mannes und zog ihn hinter sich her in die Menge. Bevor er nicht mehr zu sehen war warf er mir noch einen kurzen schmerzverzerrten Blick zu.

„Guck gefälligst wo anders hin Sklavin" Der Mann, der den Sklaven verkauft hatte, verpasste mir eine schallende Ohrfeige, die mir Tränen in die Augen trieb.

Schockiert riss ich die Augen auf. Was fiel dem ein?

„Hände weg von ihr" Hakon ging auf den Mann zu, welcher sofort zurückwich.

Er war mindestens einen Kopf größer und sah noch dazu furchteinflößend aus mit seinen langen Haaren, seinem Bart und vor allem mit der Axt, die er bereits gezückt hatte.

Der Mann, der mich geohrfeigt hatte, entfernte sich sofort und kehrte zu seinen anderen Sklaven zurück, die er weiterhin anpries wie Vieh.

Hakon drehte sich zu mir und packte meinen Arm.

„Sieh gefälligst auf den Boden" knurrte er mich an.

Ich gehorchte. Was sollte ich auch anderes tun? Für mich war es eh zu spät. Es gab keinen Ausweg mehr.

Die Gefangene des WikingersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt