Kapitel 45

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Sie war so zart und verletzlich, wie sie in meinen Armen lag, die Augen fest geschlossen und die Arme um meinen Hals gelegt. Mein Herz schlug immer noch so stark gegen meine Brust, als wollte es herausspringen. Aber so stark gepumpt, wie in dem Moment, als ich Ava auf dem Verkaufspodest gesehen hatte, hatte es noch nie.

Es hatte sich angefühlt, als würde es mir herausgerissen werden, als ich ihr angsterfülltes Gesicht und die gierigen Blicke der Männer gesehen hatte. Ich hatte keine andere Wahl gehabt, als mich so schnell ich konnte durch die Menge zu kämpfen und sie in Sicherheit zu bringen. Es war keine Entscheidung gewesen, sondern ein Reflex. Ich hätte es nicht ertragen können, zu sehen, wie ein anderer sie durch die Masse von Menschen gezogen hätte und ihr, von mir gesehen zerschundener, Rücken das letzte gewesen wäre, dass ich anfänglich von ihr hätte. Es war mir egal was die Käufer von mir dachten. Es war mir egal was meine Männer von mir dachte und es war mir egal was Hakon dachte.

Das Einzige was wichtig war, war das Ava in Sicherheit war.

Als ich meine Arme um sie gelegt hatte, ihren kleinen Körper und die Wärme ihrer Haut gespürt hatte, da war mir klar geworden, dass ich sie immer beschützen würde, auch wenn sie mich hasste.

Als ich sie auf eines der Felle am Ende des Schiffes gelegt hatte, war sie sofort eingeschlafen und nachdem ich alle Männer zusammengetrommelt hatte, segelten wir Richtung Heimat. Bis auf Hakon hatte es keiner gewagt mich darauf anzusprechen, dass ich uns um viel Geld gebracht hatte. Ich musste mir was einfallen lassen, um es wieder gut zu machen.

„Erik" Hakon tritt zu mir und verhindert mir eine Hand auf die Schulter.

Ich sah ihn nicht an, sondern schaute, auf die Reling gestützt, auf das Meer hinaus. Es war wunderschön.

„Die Männer sind verwirrt. Du überlegst etwas zu dem Vorfall sagen und dich erklären"

„Ich muss mich nicht rechtfertigen Hakon, ich bin der Anführer dieser Gruppe und wenn jemand nicht mit meinen Entscheidungen leben kann, dann soll er sich von mir fernhalten" ich war genervt und sauer.

Natürlich musste ich meinen Leuten eine Erklärung liefern, aber was sollte man denn sagen, wenn man die Antwort auf ihre Fragen nicht wusste? Wenn man die Antworten auf seine eigenen Fragen nicht mal beantworten konnte. Warum hatte ich Ava gerettet? Warum ging es mir so nahe, wenn sie mich mit ihren großen Augen anschaute, als wenn ich ein Monster wäre? Warum begann mein Herz jedes Mal zu rasen, wenn ich sie auch nur ansah? Ich wusste es doch selbst nicht, verdammt!

Ich hatte mich noch nie so gefühlt. War noch nie so verwirrt von mir selbst gewesen. Ich wusste immer genau was ich tat und warum. Aus welchem ​​Grund warf ich alle meine Prinzipien über Bord? Ich ließ den Kopf hängen und raufte mir die Haare.

„Ich weiß doch selbst nicht war mit mir los ist" flüsterte ich Hakon zu und schaute verkrampft zu ihm hoch. Nur zu ihm konnte ich immer ehrlich sein. Er würde mich nicht verurteilen. Wir waren wie Brüder.

Er schüttelte leicht den Kopf und klopfte mir auf die Schulter. Er nichts weiter, blieb aber noch eine ganze Weile neben mir stehen. Ich wusste, dass es ihm genauso geht. Auch er wusste die Antworten auf die Fragen, die ihm im Kopf rumschwirrten, nicht.

Aus dem Augenwinkel sah ich wie Ava sich bewegte und langsam die Augen öffnete. Als sie mich sah, zuckte sie kaum merklich zusammen und schaute auf den Boden. Wie von selbst machte ich einen Schritt auf sie zu. Sie wich zurück. Ich konnte sehen, dass sie verängstigt war und hockte mich vorsichtig vor sie, so dass wir auf einer Augenhöhe waren. Mir war klar, dass meine Größe sie einschüchterte.

Ich öffnete mehrere Male meinen Mund uns setzte zum Sprechen an, wusste aber gar nicht was ich sagen sollte.

„Danke" flüsterte sie so leise, dass man es kaum hören konnte.

Eine Träne rollte ihr über die Wange und sie zitterte. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. Automatisch streckte ich meine Hand aus, berührte sie vorsichtig an der Wange und wischte ihr die Träne aus dem Gesicht. Sie versuchten so weit wie möglich von mir wegzurutschen, aber direkt an die Holzwand hinter sich gestoßen. Sie drückt sich dagegen, um mir zu entkommen, den Blick immer noch auf den Boden gerichtet. Sie hatte Angst. Sie hatte seit Wochen Angst gehabt. Angst davor zu sterben, verkauft zu werden. Angst vor meinen Leuten. Angst vor mir. regelmäßig interessierte es mich einen Dreck, wie sich die Sklaven fühlen, aber jetzt war es anders. Bei ihr interessierte es mich. Sie interessierten mich.

„Es tut mir leid" sagte ich und strich noch einmal mit dem Daumen über die Wange.

Als sie den Blick hob und mich mit ihren feuchten Augen ansah, musste ich den Blick abwenden, stand auf und ging zum anderen Ende des Schiffs. Ich richtete den Blick wieder auf den Horizont und erwartete, dass das beklemmende Gefühl, das sich in meiner Brust breitmachte, bald wieder verschwinden würde.


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Die Gefangene des WikingersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt