Kapitel 40

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Ava:

Ich befand mich in einer Schockstarre. Was war das denn bitte gewesen? Beinahe hätte ich den Anführer einer mörderischen Bande von Monstern geküsst. Und zu allem Übel hatte ich es gewollt und war nicht gezwungen worden.

Ich schluckte, versuchte mich dazu zu bringen ruhiger zu atmen, damit sich auch mein Herzschlag beruhigte. Seine blauen Augen hatten mich mit so starker Intensität fixiert, dass ich an nichts anderes mehr denken konnte als am ihn. Er hatte mich mit seinem Blick paralysiert und mich dazu gebracht meinen Kopf auszuschalten.

Meine Gedanken flogen von einem Bild zum nächsten. Seine starke Brust, die sich immer schneller hob, je länger er mich ansah, seine Lippen, die er mit seiner Zunge befeuchtet hatte, als er mir nähergekommen war, seine große Hand, die mich so sanft berührt hatte wie eine Feder. Ich schloss meine Augen und versuchte diese Momente aus meinem Kopf zu verscheuchen. Gar nicht mehr dran denken und einfach so tun, als wäre es nur ein Traum gewesen. Aber je mehr ich versuchte meinen Kopf zu leeren, desto weniger funktionierte es. Als sich Erik langsam zu mir gebeugt hatte, da hatte ich den Mann vom Markt in ihm wiedererkannt und für einen Moment vergessen, wer er wirklich war, aber als er den Hornstoß vernahm war der Ausdruck in seinem Gesicht mit einem Blinzeln verschwunden.

Ich schüttelte leicht meinen Kopf. Was hatte ich mir nur dabei gedacht ihn überhaupt so nah an mich ranzulassen und wer war ich, dass ich so naiv war zu glauben in ihm würde jemand anderes stecken als dieses Monster, dass unschuldige Menschen tötete oder sie versklavte? Ich war nicht ich selbst gewesen.

Innerhalb der nächsten Stunde redete ich mir ein, dass es nur ein schwacher Moment gewesen sei und ich durch den Hunger und Schlafentzug nicht ich selbst gewesen sein konnte. Das war die einzig plausible Erklärung für mein Verhalten.

Oh Gott, ich hatte ihn gebeten mich zu küssen und näher zu kommen. Ich hoffte einfach, dass er es nicht gehört hatte. Ich wollte wenigstens noch ein kleines bisschen meiner Würde behalten, aber so wie es aussah würde ich bald gar nichts mehr davon haben, denn wir fuhren in einen Hafen ein und als uns gesagt wurde, dass wir aufstehen sollten und ich sehen konnte, wo wir waren, stockte mir der Atem.

Auf einem großen Schild, das quer über dem Weg, der in die kleine Stadt führte, zu der der Hafen offenbar gehörte, stand in großen Buchstaben das Wort Sklavenmarkt und ein Pfeil, der in die Richtung zeigte, in die die meisten Menschen die zu sehen waren, gingen.

Mir wurde schlecht. Die anderen Sklaven um mich herum rissen ebenso wie ich die Augen auf und manche von ihnen fingen an zu wimmern.

Die Gefangene des WikingersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt