17. Kapitel

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Niemand sagte etwas.
Alle starrten in die knisternde glut, auf der Suche nach Worten - oder Antworten.

"Vielleicht wurde er dazu gezwungen?" fragte Abygail und sah hilfesuchend in die Runde.
Sie selbst zweifelte an ihren Worten, doch sie wollte es nicht wahr haben, wie wir alle.

"Er hat auf Jason geschossen", meldete sich Lilly zu Wort. "Er hätte ihn getroffen, wenn Jason nicht ausgewichen wäre. Wenn dieser Mason das alles gegen seinen Willen getan hätte, dann hätte er doch einfach extra daneben schießen können."

"Vielleicht hat er uns nicht richtig gesehen", entgegnete Peter.
"Es war zwar dunkel, aber Mason muss uns erkannt haben- zumindest Frank.
Sie haben ja schließlich beide mit Arthur gearbeitet", meinte Jason zögerlich.
"Für Arthur", verbesserte ich ihn leise, sodass nur er es hören konnte.
Ich wusste selbst nicht, warum ich das gesagt hatte.
Er wandte den Kopf zu mir, runzelte die Stirn.
Dann nickte er.

"Du hast recht. Sie haben für Arthur gearbeitet", sagte er laut.
Ich sah wie Abygail verwundert zu uns rüber schaute.

"Arthur hat uns alle davon überzeugt, dass du Evelyn, Alan getötet hast.
Er hat als einziger zu uns gesprochen, um uns zu erklären, wie fatal es wäre, wenn ein Mörder in unserem Dorf wäre." Jason sah mich in einem Ausdruck aus Mildleid und etwas anderem an, das ich nicht deuten konnte.
Ich runzelte die Stirn.
Worauf wollte Jason hinaus?

"Ich denke ihr seid vielleicht anderer Meinung, aber ich traue Arthur nicht ganz", sagte Jason.
"Was meinst du damit?" Abygail hielt ihr angekautes Stück Fleisch in der Hand und starrte Jason verwirrt an.

Jason seufzte leise, fast so, als wollte er nicht aussprechen was ihm auf der Zunge lag.

"Bei der Abstimmung über dein Urteil, Evelyn.
Da hat er eine falsche Zahl genannt.
Es waren viel weniger, die für deine Todesstrafe gestimmt haben!"

Ich starrte Jason geschockt an.
"Das heißt, er wollte das ich sterbe?"
Jason wiegte den Kopf hin und her, zuckte mit einer gequälten Miene die Schultern.

Peter starrte das Fleisch in seiner Hand appetitlos an, Lilly kaute auf ihrem herum, als würde sie das alles gar nichts angehen.
Abygail schüttelte erst langsam und dann immer schneller den Kopf.

"Nein. Ich meine, dann hat Arthur sich eben verzählt! Er hat ganz bestimmt nicht gewollt, daß Evelyn stirbt!"
Abygail hatte recht. Trotzdem wurde ich den schrecklichen Gedanken nicht los, Arthur hatte absichtlich eine falsche Zahl genannt.
Ich erinnerte mich an seinen kalten Blick, mit dem er mich auf dem Steg angesehen hatte, an das Lächeln, von dem ich dachte ich hätte es mir eingebildet.

Ich sah vor meinem inneren Auge, wie er seine Hand hob, um für mein Todesurteil zu stimmen.
Ich schluckte die Galle wieder herunter, die in mir aufstieg.
Wieso sollte er das tun?
Er war vielleicht nicht ganz richtig im Kopf, wenn er mich verdächtigte, meinen eigenen Bruder zu töten.
Vielleicht wollte er kein Risiko eingehen, weshalb er mich töten ließ.

Ich schüttelte entschlossen den Kopf.
"Warum sollte er das tun?"

Jason sah mich mit verzweifelten Miene an, dann änderten sich seine Züge.
Sie wurden emotionslos.
Er zuckte schließlich nur mit den Schultern.

"Ich weiß nicht, ich wollte es dir nur mal gesagt haben."
Ich nickte, versuchte ihn anzulächeln.
Er seufzte leise, lächelte gezwungen zurück.

Die Stille die sich jetzt wie ein Nebelschwaden über die Gruppe senkte, schien uns fast zu erdrücken.
Eine angespannte Stimmung herrschte, unausgesprochene Worte flogen durch die Luft.

Lilly schluckte Geräuschsvoll ihr letztes Stück Fleisch hinunter.
"Wir sollten weiter! Die Berge sind nicht mehr weit."

Die Berge. Wir hatten immernoch eine Mission, die wir im Moment total aus den Augen verloren hatten.
Wir mussten herausfinden was die Fremden wollten, warum sie uns aus dem Hinterhalt angegriffen hätten, unser Dorf vernichteten.
Wir würden die Berge sehen.
Ich stand auf und sah aus dem Augenwinkel, wie Abygail noch einen letzten Blick zu Franks Grab warf und sich dann ebenfalls zu mir gesellte.

"Wir sollten nur einen Rucksack mitnehmen", meinte ich, während die anderen sich auch erhoben.
"So wenig Gepäck wie möglich, dann kommen wir schneller voran."
Die anderen stimmten zu und wir sortierten alles in einen Rucksack.
Die wichtigsten Kleidungsstücke, das letzte bisschen von dem Wildschwein Fleisch.

Wir machten uns auf den Weg.
Nun spazieren wir nicht mehr durch den Wald, wie am Anfang unserer Reise, sondern schlugen ein höheres Tempo ein.
Ab und zu rannten wir.
Die Gleichgültigkeit war verschwunden, die Angst war wieder da, von den Feinden gefunden zu werden.
Äste schlugen mir ins Gesicht, während ich über die Wurzeln sprang.
In meinem Kopf tanzten die Bilder von Bergen, welche in den blauen Himmel aufragten.
Waren sie wirklich so schön, wie es in den Büchern, welche ich gelesen hatte geschrieben war?
Lilly die an der Spitze der Gruppe rannte, blieb abrupt stehen, sodass Peter fast in sie hinein gelaufen wäre.

"Was-"
Lilly hob die Hand und sah Peter mit einem scharfen Blick an.
"Da vorne" Lilly deutete durch die Bäume hindurch.
Ich trat einen Schritt nach rechts, um besser sehen zu können und erhaschte somit einen Blick auf etwas.
Jemanden.
Eine Gestalt, in einen schwarzen Umhang gehüllt.
Den Rücken zu uns gewandt.
Einer der Feinde.

Hey!
Nach langer Zeit endlich wieder ein neues Kapi! 🥰
Ich hoffe es hat euch gefallen!

Wie ihr schon in meiner Ankündigung lesen konntet, werde ich jetzt nur noch 2x die Woche updaten, statt 3x.
Das kann sich natürlich wieder ändern, wenn ich genügend Kapis vorgeschrieben habe...
Aber jetzt müsste ich halt an jedem dieser Tage ein Kapi schreiben und das haut mit meiner Zeit nicht Soo hin!

Also immer Dienstags und Samstags😃!

Viel Spaß noch!

Evelyn Rose - GefangenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt