Wir liefen höchstens eine halbe Stunde durch den Gang, doch es kam mir wie eine Ewigkeit vor.
Ich konnte meine Finger vor Kälte kaum noch spüren und mein ganzer Körper zitterte.
Die Fackel war mittlerweile schon fast gänzlich abgebrannt, weshalb ich kaum noch die Hand vor Augen sehen konnte.
"Wir sind da", teilte uns Lilly mit.
Ich spähte in die Dunkelheit und erkannte nur geringfügig die Umrisse der Öffnung.
Draußen hatte die Dämmerung wohl schon eingesetzt.Als wir hinaustraten atmete ich tief ein.
Die Luft war angenehm klar - anders als die stickig feuchte Luft in den Gängen unter dem Berg.
Ein kalter Windstoß fegte uns entgegen und ließ mich erzittern.
Wir waren am Fuße des Berges herausgekommen und vor uns erstreckte sich ein Wald.
Die Bäume standen dicht beieinander und wirkten nahezu bedrohlich.
Der dunkle Nachthimmel war geschmückt mit tausenden hell schimmernden Sternen.
Der zunehmende Mond setzte sich ebenso weiß von dem schwarzen Untergrund ab, doch trotzdem erreichte sein Licht uns nicht."Kommt mit, wir brauchen warme Sachen."
Lilly schnappte sich den nächstgelegenen Ast und zog einen Fetzen Stoff aus der Tasche ihrer Hose.
Mit geschickten Fingern wickelte sie ihn um das Holz und setzte es mit der anderen Fackel in Brand.
Wild und voller Lebensfreude stießen die Flammen in den Dunklen Himmel empor.
Lilly drückte mir die andere, fast abgebrannte Fackel in die Hand.
"Sie wird nicht mehr lange halten, aber immerhin noch ein wenig."
Schnellen Schrittes lief sie voraus in Richtung Wald und ich versuchte so gut es ging hinterher zu kommen."Wohin gehen wir?", fragte Jason während er zu uns aufholte.
"Zu meinem-" Lilly brach ab und atmete hörbar aus. "Wir gehen zu meinem Zuhause."
Kurz wollte ich fragen warum wir jetzt zurück zum See gehen wollten- zum Dorf - obwohl unser Plan doch anders aussah, doch da begriff ich, dass sie nicht mehr das Dorf als Zuhause ansah.
Es musste so sein, denn wir gingen genau in die entgegengesetzte Richtung des Dorfes."Ich war mehr als ein Jahr frei. Also habe ich mir mein eigenes Zuhause aufgebaut, nicht allzu weit von hier entfernt", bestätigte Lilly meine Vermutung.
"Es ist zwar in dem Gebiet der Fremden, doch dort sind sie nicht oft- eigendlich nie. Es gibt dort keine wirkliche Beute die man jagen kann, weshalb sie dort nicht hinkommen. Deshalb war ich da ungestört ""Warum bist du nicht zurück ins Dorf gekommen?", fragte ich.
Lilly wich einem tief herunter hängendem Ast aus und wandte sich halb zu mir um.
"Ehrlich? Ich weiß es nicht." Lilly schwieg kurz und ich erinnerte mich daran, dass sie Peter erzählt hatte es sei wegen ihrer verstorbenen Mutter gewesen. Sie hätte dort niemanden mehr gehabt- außer Peter.
Doch das war anscheinend kein guter Grund gewesen, zurück zu kommen."Ich weiß, ich hätte euch von den Feinden erzählen können... aber vielleicht hätte man mir nicht geglaubt.
Vielleicht hätte man mich nicht einmal wiedererkannt." Sie wandte den Blick wieder zu den Bäumen, spähte in die Dunkelheit.
"Vielleicht habe ich, seit ich die Berge gesehen habe, gemerkt wie armselig unser Leben in diesem Dorf war.
Wir hatten nie die Chance das alles zu sehen.
Wir hätten diesen Planeten nie erkunden können, da sie immer dachten es sei hier draußen gefährlich.
Stell dir vor, Evelyn. Es gibt das Meer - zumindest laut den Leuten die hier leben. Laut den Fremden.
Ich wollte dort noch hin aber dann seit ihr gekommen und jetzt haben wir diesen Plan.
Aber danach- wenn das alles hier vorbei ist, dann werde ich zum Meer reisen. "Ich merkte dass ich für einen Moment die Kälte vergessen hatte, die mich umschlang und all das was geschehen war. Alle die schrecklichen Erinnerungen, das Gefühl, dass es falsch war meinen Vater, Abygail und Peter zurück zu lassen.
Kurz hatte ich das endlos blaue Meer vor meinem inneren Auge gesehen.
Die Gischt, die schäumend raue Felsen hinauf spritzte und den salzigen Geruch, der in den alten Büchern beschrieben wurde, die in unserer Bibliothek standen.
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Evelyn Rose - Gefangenschaft
AdventureEvelyn Rose lebt in einem kleinen Dorf auf dem Planeten Syrax. Alle leben dort in Frieden zusammen, bis Evelyn eines Tages die Leiche ihres Bruders findet. Niemand weiß mehr wem er trauen soll und Evelyn wird auch noch wegen Mordes verdächtigt. Trot...