25. Kapitel

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Als ich blinzelnd die Augen aufschlug, merkte ich, dass Ich nichts geträumt hatte.
Es war gut, nicht wieder die Alpträume von Alan, dem Dorf und vorallem Jason zu haben.
Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich mich an den Traum erinnerte, indem er sterbend vor mir gelegen hatte.
Hatte es irgendetwas zu bedeuten?
Was wäre wenn sich dieser Traum bewahrheiten würde?
Abrupt schüttelte Ich den Kopf.
Das würde nicht passieren.

Erst jetzt merkte ich, daß es in der Zelle stockdunkel war.
Die Kerze musste über Nacht ausgegangen sein.
Oder war es erst gerade eben Nacht geworden?
Ich hatte mein Zeitgefühl verloren.

Um mich herum waren die Gleichmäßigen Atemgeräusche meiner Freunde zu hören, die mich auf irgendeine Art und Weise beruhigten und mir wieder das Gefühl gaben, in Sicherheit zu sein.

Ich dachte eine Weile über all das nach, was passiert war, als sich plötzlich laute Schritte näherten.
Vor meiner Zelle tauchte einer der Fremden auf, der eine Laterne in der Hand hielt.
Ich erkannte den dunkelhaarigen Mann, der uns gefangen genommen hatte.
Er hielt einen Beutel in der Hand, aus dem er nun etwas herausholte.
Ich stand mühsam auf und fühlte mich im ersten Moment noch etwas wackelig auf den Beinen.

"Etwas zu essen", sagte der Dunkelhaarige knapp, doch er sprach wenigstens mit mir, anders als die anderen seines Volkes.
"Danke." Ich verwarf meine Vorsätze, diesen Leuten nicht zu danken, denn ich hatte begriffen das wir schuld waren.
Unsere Leute hatten diesen Krieg begonnen, und nun wollten ihn die Fremden vollenden.
Was wohl hieß das wir alle sterben würden. Oder?

Es war wieder ein Leib Brot, den ich entgegennahm, doch diesmal war er größer als der letzte.
Der Fremde zog gerade sein Messer aus der Scheide und durchschnitt einen Apfel in zwei hälften, wovon er mir eine gab.
Dann wandte er sich von meiner Zelle ab und ging zu den anderen, die gerade aufzuwachen schienen.

Während ich den ersten Bissen meines Brotes nahm fiel mir eine Frage ein, die ich dem Fremden stellen wollte, also schluckte ich schnell.

"Was wird mit uns passieren?"
Der dunkelhaarige Mann sah sich zu mir um.
"Ich weiß es nicht. Wir wollten uns rächen. An den Leuten, die für das alles verantwortlich waren. Weißt du- Arthur hat vieles verloren. Das hat ihn verändert. Er hat uns alle gegen euch aufgebracht und - "
Der Mann unterbrach sich selbst und starrte Geistesabwesend an die Höhlenwand.

"Wie spät ist es?", ertönte Peters Stimme aus der Nebenzelle.
Der Fremde blinzelte wie als wäre er aus den Gedanken gerissen worden.
"Es ist früh morgens. Was mit euch passiert wird heute entschieden." Der Dunkelhaarige warf mir einen Blick zu, dann wandte er sich ab, ging ein paar Schritte, blieb dann aber wieder stehen.

"Ich werde ein gutes Wort für euch einlegen."
Ich sah zu meinem Vater,der mittlerweile auch schon wach war und den Dunkelhaarige überrascht anstarrte.
Dieser wandte sich noch ein letztes Mal zu uns um.

"Was geschehen ist, ist geschehen. Die Menschen die gestorben sind, sind tot.
Dagegen hilft keine Rache, dagegen hilft nichts.
Nur vielleicht die Zeit."

Der Fremde verschwand in der Dunkelheit.
Es war still, während wir unser Frühstück aßen, alle waren in ihre eigenen Gedanken vertieft.
"Evy?" Die Stimme meines Vaters ließ mich von dem angeknabberten Brot Aufsehen.
Mein Vater hielt in der ausgestreckten Hand ein in Leder gebundenes Buch. Ich beugte mich vor.
"Was ist das?"
Ich sah wie mein Vater lächelte.

"Mein Tagebuch. Deine Mutter hat es mir geschenkt. Weißt du noch?"
Natürlich wusste ich es noch.
Meine Mutter hatte es ihm zum Abschied mitgegeben. Sie meinte damals, er solle alles aufschreiben was ihm passierte- seine Gedanken und Gefühle. Sie sagte es würde immer zuhören wenn es einmal niemand anderen gab.

Ich rührte mich nicht von der Stelle und sah das Buch einfach nur an.
"Nimm es. Ich möchte das du weißt was passiert ist. Alles."
Jetzt starrte ich meinen Vater erschrocken an.
"Ich kann doch nicht einfach dein Tagebuch lesen!"
Mein Vater sah mich nachdenklich an, behielt den Arm aber schweigend an der gleichen Stelle.
Ich sah kurz zu der Zelle von Jason hinüber.
Er saß da, aß sein Brot und sah zu mir hinüber.
Er machte jedoch keine Gesten, zeigte mir mit keiner Reaktion ob ich dieses Buch wirklich nehmen sollte.
Es war meine Entscheidung.

Ich ergriff durch die Gitterstäbe hindurch Buch, welches mein Vater losließ und sich an die Felswand lehnte.
Der Lederige Einband des Buches fühlte sich unter meinen Fingerspitzen rau an.
An den Seiten war das Leder schon eingerissen und tiefe Kerben zogen sich über die Fläche.
Langsam schlug ich es auf der ersten Seite auf.
Die Blätter sahen vergilbt aus und an manchen Stellen war die Tinte verwischt.
Die Schrift meines Vaters zog sich schnörkelig über die ganze Seite.

Seit Anbeginn unserer Reise wandern wir nur durch den Wald und ich frage mich so langsam ob es wirklich die richtige Entscheidung war hier hinaus zu gehen und nicht bei meiner Familie zu bleiben....

Ich versank in dem Buch, las und las immer weiter.
Sie waren den selben Weg gelaufen wie wir.
Über den Fluss- die Grenze zu den Teretorium der Fremden.
Mein Vater beschrieb die selben Gefühle, die ich gespürt hatte, als wir durch den Finsteren Wald der Fremden gelaufen waren.
Dieses seltsame Gefühl im Magen, das gleich etwas schlimmes passieren würde.
Mit dem einzigen Unterschied, das er damals nichts von den Fremden gewusst hatte.
Die Gruppe meines Vaters war an den Bergen angekommen, ohne von den Fremden entdeckt zu werden.
Ich sah die Gipfel vor meinem Inneren Auge.
So prächtig, erhaben und unglaublich schön.
Mein Vater hatte jeden Tag geschrieben, bis auf zwei.
Ich schlug die Seite um, zu dem Datum, dass zwei ganze Tage hinter dem letzten lag.

Ich brauchte Zeit um über all das hinweg zu kommen.
Bis heute habe ich nicht mehr geschrieben, aber jetzt wird mir klar, dass das alles ist, was ich habe.
Sie sind tot, wurden geopfert.
Aus einem guten Grund.
Wir zerstörten ihr Dorf- ihr Zuhause.

Hinter den Bergen, in einem Tal haben wir ein Dorf entdeckt.
Sie hatten Häuser wie wir, lebten wie wir.
Dort waren Kinder und Frauen.
Doch meine Freunde dachten diese Leute wären gefährlich oder könnten uns schaden- nur weil sie Waffen mit sich herum trugen.
Also griffen sie mitten am Tag an.
Als alle diese Leute auf dem Dorfplatz versammelt waren um eine Besprechung oder ähnliches durchzuführen.
Ich wollte meine Freunde aufhalten, doch sie steckten die Häuser in Brand.
Sie töteten Grundlos die Leute aus diesem Dorf.
Ich versuchte ein paar von ihnen zu retten- und dafür stellte ich mich sogar gegen meine Freunde.
Wegen mir sind all diese Menschen gestorben- ich konnte meine Freunde nicht aufhalten.
Und wegen mir sind auch meine Freunde gestorben, denn ich konnte auch die Fremden nicht aufhalten.
Sie haben sie getötet, genau vor meinen Augen.
Hingerichtet. Oder eher gefoltert?
So viele Messerstiche für jeden, den sie getötet haben.
Aber mich haben sie verschont.
Sie haben mich in eine Zelle gesperrt, in Höhlen.
Doch jetzt begreife ich, dass dies keine Verschonung ist.
Denn hier ist es schlimmer als in der Welt der Toten.

Ich merkte kaum, daß mir Tränen in die Augen getreten waren.
Ich hatte mich zuhause immer einsam gefühlt, obwohl ich Alan hatte.
Acht Jahre war mein Vater in dieser Zelle gewesen, eingesperrt und alleine.
Zumindest bis Lilly kam. Und am Ende wieder ging.



Hey Leute!
Ich hoffe euch hat dieses Kapitel gefallen :D (?)

Ich weiß, es ist noch nicht sonderlich vieel passiert, aber das kommt noch! :D

Ich habe ein paar kleine Fragen an euch:

-Gibt es etwas, dass ihr bisher nicht nachvollziehbar fandet?
(kann heißen: Gefühle waren an einem Tag da, am anderen wieder weg, die Personen haben ganz anders gehandelt als sie es euerer Meinung nach getan hätten...

-Welche Fragen stellt ihr euch noch?
Welche Fragen würden noch nicht aufgeklärt und sollten noch beantwortet werden?




Ihr würdet mir wirklich helfen, wenn ihr diese zwei Fragen beantwortet! 🥰

Evelyn Rose - GefangenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt