18. Kapitel

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Wir blieben stehen, unfähig uns zu bewegen.
Peter wandte sich zu uns um, machte den Mund auf, wie um etwas zu sagen.
Lilly boxte ihn in die Seite, um ihm klar zu machen, daß dafür nicht der richtige Moment war.
Peter schwankte kurz, trat um das Gleichgewicht zu halten mit dem Fuß auf eine andere Stelle- und dann passierte es.
Ein Ast brach laut unter Peters Schuhen entzwei.
Zu laut.

Die Gestalt drehte Ruckartig den Kopf zu uns um und wir konnten uns geradenoch so hinter den nächsten Busch ducken.
Hatte der Fremde uns gesehen?
Schwere raschelnde Schritte ertönten.
Durch das geäst des Busches konnte ich erkennen, daß die Gestalt auf uns zukam.
Innerlich suchte ich nach einem Ausweg, doch es waren vielleicht noch andere da, was bedeutete, dass wir nicht wegrennen konnten.

Abygail stieß mich von der Seite an.
Ich wandte mich ihr fragend zu und sie deutete auf die Bäume.
Das Laub oben war so dicht, daß uns der Fremde dort nicht sehen könnte.
Ich nickte, machte die anderen darauf aufmerksam.
Zwei Bäume standen in unserer Nähe, doch der Feind würde sehen, wenn wir hinauf kletterten.

Plötzlich raschelte es in einem Gebüsch hinter dem Fremden, weiter weg von uns.
Dieser wandte uns in einer schnellen Bewegung den Rücken zu, starrte in das andere Gebüsch.
Kurz überlegte ich, ob wir angreifen sollten, aber wir durften es nicht riskieren noch jemanden zu verlieren, und wir hatten schon bei ihrem ersten Angriff keine Chance.

Blitzschnell machte ich einen Sprung zum nächsten Baum, drückte mich an die Rückseite, versteckt vor den Augen des Fremden.
Hinter mir stand Jason, die anderen waren bei dem anderen Baum.
Plötzlich fiel es mir auf.
Lilly war nicht bei ihnen.
Sie hockte auch nicht mehr hinter unserem Gebüsch.

Ich starrte zu dem anderen Gebüsch auf das der Fremde jetzt zu lief.
Ob sie sich dorthin geschlichen hatte um den Fremden von uns abzulenken?

"Lilly-", setzte ich an, doch Jason schüttelte den Kopf und deutete nach oben.
Ich zog mich an den unteren Ästen hinauf, hangelt mich weiter nach oben.
Ich war nicht sonderlich gut im Klettern, da ich es nicht oft tat.
Ich mied sonst die Höhe so gut es ging, denn sie löste seltsame Gefühle in mir aus.
Ich kletterte weiter, den Blick direkt auf die Äste vor mir gewandt- nicht nach unten, nicht nach oben.

Endlich waren da die schützenden Blätter.
Noch ein Stück und ich zog mich auf einen breiten Ast, blieb dort sitzen und erlaubte mir den ersten Blick nach unten.
Ein Fehler.
Mir wurde schwindelig, meine Finger krallen sich in die knorrige Rinde.
Plötzlich war Jason neben mir, legte eine Hand auf meine Schulter.

"Hey, alles gut. Es ist gar nicht so hoch wie es von hier oben aussieht."
Mein Atem wurde langsam ruhiger und ich lächelte Jason dankbar an.
Dann glitt mein Blick zu dem anderen Baum.
Peter zog sich gerade etwas ungelenkt in die Blätter hinein und war nicht mehr zu sehen.
Sie waren also in Sicherheit.
Bevor ich erleichtert ausatmen konnte, verschloss der Gedanke an Lilly meine Kehle.

Ich wandte den Blick zu dem anderen Gebüsch.
Der Fremde war fast dort angekommen, ich entdeckte ein Messer in seiner Hand, die unter dem Mantel hervorlugte.
Wenn Lilly noch im Gebüsch war, schwebte sie in Lebensgefahr.
Ich brauchte etwas schweres, das ich herunterwerfen konnte, damit der Fremde von Lilly abgelenkt war.

Kurz überlegte ich, ob ich den Fremden erschießen sollte, doch ich hatte nur noch wenige Pfeile in meinem Köcher.
Kurzerhand griff ich nach meinem Messer.
Es war lang und scharf, lag gut in der Hand.
Hoffentlich verursachte es das Geräusch das es machen sollte.
Ich ließ das Messer fallen, sah wie es zwischen den Ästen hindurch glitt.
Mit einem raschelnden Geräusch fiel es ins Laub.
Der Fremde war stehen geblieben.
Er hatte dieses Spiel wohl entgültig satt, denn er kam mit schnellen Schritten und erhobenem Messer in unsere Richtung gelaufen.

Evelyn Rose - GefangenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt