Kapitel 4

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Müde wachte ich langsam auf und sah, wie in der Nähe von mir ein Feuer brannte. Nah genug, damit ich die Wärme spürte. Aber weit genug, um mich nicht zu verbrennen.

Ich brauchte eine Weile, bis ich bemerkte, wo ich war und was gestern geschah.

Ruckartig erhob ich mich und blickte durch die Gegend. Der Mann war nicht mehr hier, aber ich wusste, dass er erst kürzlich hier gewesen sein musste. Immerhin brannte die Feuerstelle lichterloh. Also hatte sich jemand vor kurzem noch darum gekümmert.

"Hast du Hunger?", erschrak mich eine Stimme, wobei ich zusammen zuckte.

"Verzeih, ich wollte dich nicht erschrecken."

Ich blickte zur Seite und bewunderte den jungen Mann.

Er legte seinen Kopf schief und musterte mich.

Erst dann fiel es mir ein. Mein Schleier! Er konnte über Nacht verutscht sein.

Reflexartig griff ich danach und stellte erleichtert fest, dass alles perfekt saß.

"Kommst du aus einem Kloster?", erkundigte sich der Mann und deutete auf meinen Kopf.

"So in etwa!", log ich. Immerhin wäre dies die einzige Erklärung, weshalb ich meine Haare verbarg.

"Du hast bestimmt Hunger. Ich mache dir etwas zum Essen, bevor du wieder aufbrichst."

Traurig blickte ich ihn an. Er wollte also wieder, dass ich ging? Nun, er hatte mir seine Unterkunft lediglich für eine Nacht angeboten.

"Danke."

Ich blickte an mir herunter und wurde nervös.

"Gibt es hier einen Bach oder so ähnlich? Ich müsste unbedingt baden."

"Hinter der Höhle, läufst du gerade aus. Nicht weit von hier gibt es einen kleinen Bach."

Ich stand vom Platz auf und verließ die Höhle. Bevor ich seiner Wegbeschreibung folgte, bedankte ich mich erneut bei ihm.

Frisch gebadet, machte ich mich wieder auf dem Weg zurück. Meine ganze Haut war rot, da ich mir den Dreck grob weggeschrubbt hatte. Es fühlte sich nicht gut an, die dreckige verbrannte Kleidung erneut anzuziehen. Aber ich hatte keine andere Wahl.

Als ich die Höhle betrat, duftete es herrlich. Aus einem Topf über der Feuerstelle, dampfte es und ich setzte mich gegenüber von dem jungen Mann.

"Wie heißt du?", fragte ich neugierig.

"Wie heißt du?", stellte er mir die Gegenfrage.

Stirnrunzelnd antwortete ich ihm: "Ich bin Lyanna."

Ich sah, wie er kurz schmunzelte.

"Dein Name passt zu dir. Er bedeutet die Geheimnisvolle."

"Woher weißt du das?"

"Ich habe schon viel Erfahrung im Leben gemacht."

Ich nickte benommen, aber bemerkte, dass er mir immer noch keine Antwort auf meine Frage gegeben hatte.

"Du hast mir deinen Namen noch nicht verraten."

Er warf mir einen undeutlichen Blick zu und überreichte mir eine Schüssel mit warmen Essen.

"Iss das."

"Danke. Wie lange wohnst du schon hier? Warum wohnst du hier? Ist es nicht zu kalt?", bombardierte ich ihn mit Fragen.

"Du bist ziemlich neugierig."

Ich spielte mit meinen Händen. Ja, das war ich.

"Wieso verbirgst du dein Gesicht? Reicht es nicht, nur dein Haar zu verbergen?"

"Du bist auch ziemlich neugierg!", sagte ich neckend und verbarg meine linke Gesichtshälfte tiefer in meinem Tuch.

Kurz schien sein Mundwinkel zu zucken und ich hatte das Gefühl, dass ihn meine Worte amüsierten. Aber in der nächsten Sekunde war er wieder vollkommen ernst.

"Was hast du als nächstes vor?"

"Ich muss zu meiner Schwester."

"Wie lange bist du schon unterwegs?"

"Ich weiß es nicht. Als ich loszog, war es später Sommer."

Erschrocken blickte er mich an und schien...besorgt?

"Du warst so lange unterwegs? Allein? Ohne jeglichen Schutz?"

"Nun, ich hatte keinen Schutz nötig."

"Das hat man gestern gesehen!", murmelte er.

"Das war das erste Mal, dass ich jemanden begegnet bin!", erwiderte ich bissig.

"Tut mir leid. Aber was hast du in der Zwischenzeit gegessen? Kannst du etwa jagen?"

Diesmal schämte ich mich und legte die leere Schüssel auf dem Boden ab.

"Ich sollte gehen. Danke für deine Hilfe und für alles andere."

Ich stand auf und wollte die Höhle verlassen, doch plötzlich berührte er meinen Arm. Mein ganzer Körper fühlte sich auf einmal elektrisierend an und auch der fremde Mann schien geschockt, denn er lies mich ruckartig los.

"Verzeih!"

Stumm blickte ich in seine strahlend blauen Augen und verlor mich in ihnen. Es schien, als ob ich ihn kannte. Als ob ich ihn mein Leben lang kannte, denn da war eine Vertrautheit, die ich noch nie in meinem Leben spürte.

"In welchem Dorf lebt deine Schwester?"

"Tirona."

Er nickte nachdenklich.

"Das ist ein weiter Weg. Es ist ziemlich gefährlich, allein zu reisen."

Ohne weiter darüber nachzudenken, sagte ich: "Dann begleite mich."

Er wich einen Schritt zurück.

"Ich? Das geht nicht."

"Du hast mich vorhin auch gerettet. Du könntest mich zu meiner Schwester bringen, immerhin...-"

Ich hörte auf zu reden, bevor ich etwas falsches sagte. Aber er schien zu wissen, worauf ich hinaus wollte, denn er fuhr meinen Satz fort.

"Immerhin bin ich sowieso allein und lebe in einer dunklen Höhle, stimmt es?"

"Das...ich wollte es nicht so sagen."

"Hör mal, Lyanna. Ich kann dich nicht begleiten. Du musst dir jemanden anderen suchen, der dich zu deiner Schwester bringt."

"Du bist der einzige, dem ich vertraue. Nenn es naiv, aber es ist so. Ich weiß, selbst nicht warum."

Seine Augen funkelten plötzlich. Er seufzte laut auf.

"Ich könnte dich töten. Ich könnte nicht der nette Junge sein, von dem du glaubst, dass ich es bin. Vertrau mir nicht."

"Und dennoch tue ich es."

Bride of Dragon (Arun & Lyanna)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt