Das Piepen meines Handyweckers riss mich am nächsten Morgen aus dem Schlaf. Doch ich war ungewöhnlich wach. Normalerweise war ich morgens kaum aus dem Bett zu bekommen. Aber dieser Tag war anders. Das Treffen mit Liam stand an. Ich stand auf und öffnete meinen Koffer. In meiner Wohnung hatte ich wahllos einige meiner Klamotten zusammengepackt. Da hatte ich aber auch nicht gedacht, dass ich ein Date hier haben würde. Moment. Hatte ich gerade tatsächlich Date gedacht? Es war ein Treffen, eine Verabredung, aber doch kein Date. Wie kam mein Kopf nur auf solche Gedanken? Warum machte ich mir überhaupt so einen Stress wegen dem, was ich anziehen wollte?
Stöhnend ließ ich mich wieder auf mein Bett fallen. Warum musste alles immer so kompliziert sein? Tief in mir wusste ich, dass die Sache eigentlich ganz einfach war: Liam hatte mich zwar überrumpelt, aber ich mochte ihn und wollte, dass es ihm genauso gehen würde, wie mir. Daher machte ich mir auch so einen Kopf um meine Klamotten.
Dabei gab doch viel wichtigeres im Leben. Zum Beispiel sollte ich mich lieber um meine Schreibblockade kümmern. Allerdings wusste ich noch immer nicht, wie ich das anstellen sollte. Schließlich wagte ich einen zweiten Versuch. Ich stand erneut auf und versuchte mir diesmal einzureden, dass die Klamotten egal wären. Das meiste, was man im Winter von einer Person sah, war die dicke Winterjacke oder der Mantel. Da war draußen beim See sein würde, würde er nur meinen Mantel sehen. Mehr als den hatte ich auch nicht mit. Also zog ich mir meine dunkelblaue Jeans und einen schwarzen Pullover an.
„Guten Morgen, Kindchen", begrüßte mich Irma, als ich die Treppe runter kam.
„Guten Morgen, Irma", erwiderte ich.
Neugierig blickte die ältere Dame mich an. Ich wusste genau, dass sie wissen wollte, ob ich den Brief gelesen hatte.
„Ja, habe ich", sagte ich schließlich. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus.
„Sehr gut. Darf ich fragen, was drin steht?", fragte sie.
„Er möchte noch immer dafür sorgen, dass ich Weihnachten wieder mag und hat mich gefragt, was diese Zeit für mich nicht ganz so schrecklich macht", antwortete ich.
„Und? Wirst du ihm zurück schreiben?" hakte sie weiter nach.
„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Warum ist er so hartnäckig? Hat er nichts Besseres zu tun, als mir Weihnachten wieder nahe bringen zu wollen? Warum tut er das alles? Vielleicht sollte ich es einfach lassen und mich auf wichtigere Dinge konzentrieren. Dann ist die ganze Sache vorbei", meinte ich.„Mit wichtigere Dinge meinst du wahrscheinlich das Schreiben, oder? Geht es denn da voran?" Eindringlich sah Irma mich an. Ich schüttelte kaum merklich mit dem Kopf. Es war mir unangenehm, dass ich meine Schreibblockade einfach nicht los wurde.
„Ich bin Allys Meinung", sagte sie da mit einem Mal.
„Was?" Verwirrt sah ich sie an.
„Gib diesem Jungen doch zumindest eine Chance. Du hast nichts zu verlieren, wenn du ihm antwortest und wie Ally schon gesagt hat, vielleicht hilft es dir bei deiner Schreibblockade. Du musst etwas erleben und aus deiner Komfortzone heraus gehen. Wie möchtest du sonst über etwas authentisch schreiben?", erwiderte sie.
Nachdenklich sah ich sie an. Vielleicht hatte sie recht.
„Ich gehe jetzt erstmal frühstücken", sagte ich schließlich ohne auf Irmas Frage zu antworten. Gedankenverloren machte ich mich auf den Weg zum Speisesaal.„Pass auf!" Eine Stimme holte mich zurück in die Realität. Gerade noch rechtzeitig. Ein paar Sekunden später und ich wäre schon wieder mit jemandem zusammengestoßen. Ich sollte echt besser aufpassen, wo ich lang ging.
„Tut mir leid, ich...", fing ich an. Dann bemerkte ich, wer da vor mir stand.
„Das ist ja ein Zufall. Was machst du hier?" Liam lächelte mich überrascht und nett an.
„Das gleiche könnte ich dich fragen", konterte ich lächelnd.
„Ich habe hier ein Zimmer", antwortete er.
„Genau wie ich."Eine Weile standen wir da und schauten uns an. Für einen Augenblick fühlte es sich so an, als würde die Zeit stehen bleiben. Limas grüne Augen sahen direkt in meine. Ein aufgeregtes Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus. Das war nicht gut. Das war alles andere als gut...
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A Letter for Christmas
Short StoryWeihnachten - die Zeit der Liebe, Freude und Magie. Nicht für Lizzy. Seit einem Vorfall letztes Jahr hasst sie diese Zeit. Für sie ist es die reinste Heuchelei und nichts weiter als Kommerz. Nach einem Besuch mit ihrer besten Freundin auf dem Weihna...