Türchen Nummer 22: Enttäuschung

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Vor mir stand niemand anderes als Liam.

„Lizzy?" Er war mindestens genauso verwirrt wie ich. Langsam erwachte ich aus meiner Schockstarre wieder.
„Liam."
„Schön dich zu sehen. Ich wusste nicht, dass du es heute schon erfahren würdest", sagte er und schien sich sehr zu freuen.
Was sollte ich erfahren? Was machte er hier? Bei meiner besten Freundin Zuhause? Mein Blick wanderte von Liam zu Ally, die mittlerweile direkt neben mir an der Tür stand.
Eine böse Ahnung kam mir in den Sinn. Enttäuschung machte sich in mir breit.

„Lizzy, ich kann dir das alles erklären. Es ist nicht so, wie du denkst", fing Ally an und wollte mir scheinbar alles erklären. Aber ich hatte genug von Ausflüchten. Das hatte ich mit Joshua zur Genüge gehabt.

„Es scheint nie so zu sein, wie ich denke. Aber weißt du was? Ich habe darauf keinen Bock mehr. Immer meinen alle es besser zu wissen, als ich. Ich bin kein dummes, kleines Kind, das jeder behandeln kann, wie es ihm gerade passt", meinte ich und bemerkte, wie sich Tränen in meinen Augen bildeten. Schnell schnappte ich mir meine Jacke und Tasche.

„Jetzt versteh ich gar nichts mehr. Ally meinte, du würdest dich ganz sicher darüber freuen", erwiderte Liam und sah mich leicht enttäuscht an.
„Darüber freuen?! Wie könnte ich mich darüber freuen?!", meinte ich.
Liam sah mich geschockt an. Im nächsten Moment senkte er traurig den Kopf.
„Ich verstehe", sagte er leise.

„Lass mich das alles erklären. Dann wirst du das verstehen", startete Ally einen neuen Versuch.
„Ally, ich bin es leid, immer alles scheinbar misszuverstehen und für dumm verkauft zu werden!", erwiderte ich und funkelte sie böse an.
„Das hätte ich niemals von dir gedacht", fügte ich hinzu.

Dann lief ich die Treppe hinunter.

„Lizzy, warte!", hörte ich noch die Stimme meiner besten Freundin, aber ich lief weiter. Die Enttäuschung war zu groß. Ich wollte nicht erklärt bekommen, wie sich die beiden kennengelernt hatten und ein Paar geworden sind. Hatte Liam mir die ganze Zeit etwas vorgemacht? Hatte er gewusst, wer ich bin? So viele Fragen schossen mir durch den Kopf, deren Antwort ich im Moment aber einfach nicht wissen wollte. Ally und Liam hatten mich hintergangen - genau wie es zuvor Joshua getan hatte.

In meiner Wohnung angekommen, sackte ich im Flur in mir zusammen. Den ganzen Weg hierher hatte ich mich zusammenreißen müssen, um nicht schon in der Bahn zusammenzubrechen. Jetzt konnte ich nicht mehr. Es war so, als wäre jegliche Kraft aus mir gewichen. Ich wurde daran erinnert, wie es sich anfühlte, hintergangen zu werden. Die Tränen liefen mir in Bächen übers Gesicht und verschleierten meine Sicht. Auf dem Teppich im Flur rollte ich mich zusammen. Ich wollte nichts und niemanden sehen. Genauso war es bei Joshuas Verrat auch gewesen und ich wusste nicht, wie ich aus diesem Loch jemals wieder raus kommen sollte.

So lag ich eine Weile da. Zwischendurch klingelte immer wieder mein Handy. Aber egal, wer anrief, ich wollte niemanden sprechen. Sollten Ally und Liam gemeinsam doch glücklich werden. Wieder rannten mir die Tränen über die Wangen. Es hatte gerade angefangen so gut zu laufen und jetzt war ich dort, wo ich vor einem guten Jahr schon einmal gewesen bin.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging, aber ich war zu nichts in der Lage. Immer wieder brannten Tränen in meinen Augen ehe sie sich dann den Weg über mein Gesicht bahnten. Mein Körper wurde immer wieder von Schluchzern erschüttert und meine Gedanken fuhren Achterbahn. Irgendwann wurden meine Augenlider schwer und ich schlief mitten in meinem Flur ein.

Das heftige Klopfen an meiner Tür riss mich aus meinem Schlaf.

„Lizzy! Mach auf!" Es dauerte eine Weile, bis ich mich orientiert hatte und wieder wusste, was passiert war. Aber wer war da an der Tür?
„Lizzy! Ich weiß, dass du da bist." Allys Stimme drang schließlich zu mir durch.

„Verschwinde! Ich will nichts mehr von dir wissen", antwortete ich und versetzte mir damit selbst einen Stich mitten ins Herz. Erinnerungen an gemeinsame Tage und Erlebnisse schossen mir durch den Kopf und die Erkenntnis, dass das nie wieder so sein würde, traf mich mit voller Wucht.

„Bitte öffne die Tür. Du bist es mir schuldig eine Chance zu geben alles zu erklären", sagte Ally und ich konnte ihren bittenden Blick vor mir sehen. Ich zögerte. Aber sie hatte Recht. Sie hatte mir immer zur Seite gestanden. Ich sollte ihr zumindest die Chance geben die Situation zu erklären.
Langsam stand ich auf und öffnete die Tür.

Habt ihr damit gerechnet, dass Liam vor Allys Tür steht? Was meint ihr, was Ally für eine Erklärung hat?

A Letter for ChristmasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt