Ally sah mich mit roten Augen an. Sie hatte geweint, das sah ich sofort.
„Lizzy, das tut mir alles so leid", fing sie an, aber ich wollte keine Entschuldigungen hören.
„Sag einfach, was du zu sagen hast", sagte ich und senkte dabei den Blick. Ich ging ins Wohnzimmer und setzte mich in meinen Sessel. Ally setzte sich mir gegenüber auf die Couch.„Liam ist der Briefeschreiber", platze sie heraus.
„WAS?" Geschockt sah ich sie an. Was hatte das zu bedeuten? Das ergab doch keinen Sinn. Liam hatte ich erst in Cullingfield kennengelernt und den Weihnachtself... Dann fiel es mir wieder ein. Auf dem Weihnachtsmarkt wurden wir von einem Jungen angerempelt und danach war der Brief aufgetaucht. In Cullingfield hatte ich Liam getroffen, der aber nur für ein paar Tage da gewesen ist. Der Weihnachtself war auch dort gewesen. Als der Weihnachtself nicht mehr da war, war auch Liam anscheinend schon abgereist, wenn er jetzt hier war. Das musste noch an dem Abend gewesen sein, als ich den Brief erhalten hatte und ebenfalls beschlossen hatte wieder zurückzukommen. Es passte alles zusammen. Aber ich verstand noch immer nicht, wie Ally in der ganzen Situation mit drin hing und wie die beiden sich kennengelernt hatten.
Fragend und verwirrt sah ich sie an.
„Liam und ich sind nicht zusammen, Lizzy. Du hast die ganze Situation falsch interpretiert. Nach der Sache mit Joshua kann ich das verstehen, aber ich hätte dir das ganze schon bei mir erklären können", fing sie an.„Ihr seid kein Paar?", hakte ich nach.
„Nein, im Gegenteil", antwortete sie.
„Was meinst du damit?", fragte ich.
„Also, ich fang ganz am Anfang an. Mit dem Brief hattest du völlig Recht. Er war eigentlich für mich bestimmt gewesen und Liam war es, der uns auf dem Weihnachtsmarkt angerempelt hat. Dabei hat er den Brief in deine Tasche geschmuggelt. Eigentlich sollte er in meiner landen, aber er hat aus Versehen deine erwischt", erzählte Ally.
„Ich habe es dir doch gesagt. Wer könnte mich auch schon mögen?", erwiderte ich und war wieder den Tränen nahe.
„Wart's ab", grinste sie verschwörerisch. Sie wusste definitiv etwas, was ich nicht wusste.„Du hast ihm geantwortet und er dachte, dass er mit mir schreibt. Er war so froh gewesen eine Antwort bekommen zu haben", fuhr sie fort.
„Das macht es nicht gerade besser", murmelte ich. Ally tat, als wenn sie es nicht gehört hatte und erzählte weiter.
„Als du dann in deinem Brief meintest, dass du hier weg musst, ist er dir nach Cullingfield gefolgt."Das ist ja auch gar nicht unheimlich oder grenzt an Stalking, dachte ich für mich. Und trotzdem fand ich das auf irgendeine komische Art auch ein bisschen süß. Was machte dieser Typ nur mit mir?
„Er wollte dir den Zauber der Weihnachtszeit zurück geben, aber dafür musstest du weiter seine Briefe bekommen. Es grenzt fast schon an ein Weihnachtswunder, dass du seine Briefe dort tatsächlich erhalten hast. Zumindest habt ihr euch weiter geschrieben und euch dann auch noch persönlich kennengelernt ohne zu wissen, dass ihr euch schon schreibt. Und..." Sie legte eine Pause ein.
„Er hat sich in Lizzy verliebt!", meinte sie.
Mir blieb der Mund offen stehen und ich starrte Ally an. Damit hatte ich nicht gerechnet. Woher wusste sie das alles? Von Liam?
„Woher weißt du das alles?", sprach ich die Frage aus.„Liam hat es mir erzählt. Er dachte ja, dass er mit mir schreibt. Als er bemerkt hat, dass er sich in dich verliebt hat, ist er aus Cullingfield abgereist, um mich in der Bahn direkt anzusprechen und sich als der Briefeschreiber erkennen zu geben. Er wollte mir sagen, dass es da jemanden gibt und wollte das mit den Briefen beenden. Heute Morgen hat er dann sein Vorhaben in die Tat umgesetzt und mich tatsächlich angesprochen, als ich auf dem Weg zur Arbeit war. Nur wusste ich anfangs gar nicht, wovon er redete. Als dann die Worte Briefe und Weihnachtself fielen, wusste ich, was er meinte und habe ihn aufgeklärt, dass nicht ich die Briefe verfasst habe, sondern meine beste Freundin. Leider musste ich dann an der nächsten Haltestelle raus. Deswegen habe ich ihm meine Adresse gegeben, damit er am Nachmittag zu mir kommt. Dann wollte ich ihm alles genau erklären. Aber du bist vor ihm bei mir aufgetaucht, hast ihm die Tür geöffnet und leider falsche Schlüsse gezogen", beendete sie ihre Erklärung. Zugegeben, die Erklärung war es wert gewesen. Das hatte ich nicht erwartet.
Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Aber es ergab Sinn, alles passte zusammen. Hätte ich Ally nur schon in ihrer Wohnung ausreden lassen... Doch das konnte ich jetzt nicht mehr ändern. Was musste Liam jetzt nur von mir denken?
„Ally, es tut mir leid, dass ich so ausgetickt bin. Aber als ich euch beide gesehen habe, da ist bei mir einfach eine Sicherung durchgebrannt. Es tut mir wirklich leid. Kannst du mir verzeihen?", entschuldigte ich mich.
„Ist doch schon längst passiert. Alles gut", lächelte meine beste Freundin, kam zu mir und umarmte mich.„Es gibt da nur ein kleines Problem", meinte sie plötzlich an.
Fragend sah ich sie an.„Liam denkt, dass du nichts mehr von ihm wissen willst", antwortete sie.
Habt ihr mit dieser Erklärung gerechnet? Was meint ihr, wie es weiter geht?
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A Letter for Christmas
Short StoryWeihnachten - die Zeit der Liebe, Freude und Magie. Nicht für Lizzy. Seit einem Vorfall letztes Jahr hasst sie diese Zeit. Für sie ist es die reinste Heuchelei und nichts weiter als Kommerz. Nach einem Besuch mit ihrer besten Freundin auf dem Weihna...