Kapitel 8

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Er wartete besorgt vor Hermines Zimmer. Seit einer halben Stunde versuchte er durchs Lauschen rauszubekommen wie es ihr ging. Vielleicht wäre ein Heiler doch besser gewesen, statt einen dieser Ärzte. Aber Draco befürchtete, dass ein Heiler sie verraten könnte. Man könnte Granger erkennen oder zumindest ihn und dann wäre der ganze Plan sinnlos gewesen. Also hatte Draco einen Arzt gerufen. Der einzige in der Umgebung war ein gewisser Dr. Nigel Smith. Ein großer alter Mann, mit weißem kurzen Haar und freundlichen hellen Augen. Mit einer drahtigen Brille auf seiner kurzen Nase, die er ständig hoch schob. Vielleicht hätte er doch im Zimmer bleiben sollen. Was wenn Granger nicht den Mund hielt? Sie könnte alles auffliegen lassen. Er fuhr sich fahrig über die Stirn. Was sollte er machen wenn der Arzt erfuhr, dass sie nicht freiwillig hier war? Sein Gedächtnis verändern?

Er schreckte auf als Smith aus dem Zimmer kam mit seiner Tasche in der einen Hand, während er mit der anderen Hand die Tür zuzog. „Und?" fragte Draco besorgt und der Arzt sah ihn ruhig an. „Oh es ist alles in Ordnung, keine Sorge." „Sicher?" hakte Draco nach und folgte ihm als der Arzt die Treppe nach unten ging. „Ja ganz sicher. Es war wohl ein wenig viel für sie von dem plötzlichen Tod ihrer Eltern zu hören." „Ja wahrscheinlich." sagte Draco langsam und der Arzt öffnete seine Tasche. „Ich hab ihr jetzt etwas zur Beruhigung gegeben und werde auch noch etwas dalassen. Nur für den Notfall. Allerdings wäre es besser, wenn sie sich die nächsten Tage nicht mehr so aufregt." Draco nickte stumm und nahm die kleine Schachtel entgegen.

„Stress sollte vermieden werden und sie sollte nicht so viel Grübeln oder alleine sein. Sonst könnte sie noch in eine Depression verfallen und das wäre nicht gerade vorteilhaft." erklärte Smith weiter. „Verstehe." Smith schloss seine Tasche und sah fragend auf: „Da fällt mir ein, haben sie sich schon entschieden wo sie hingehen werden wenn das Baby kommt?" „Ähm..." fing Draco überrumpelt an. „Ehrlich gesagt nein." Der Mann lächelte: „Nun das sollten sie aber." „Wie machen es den die Leute hier?" fragte Draco unsicher und Smiths Stimme war amüsiert. „Die meisten bekommen ihre Kinder zuhause, wobei es einige gibt die Wochen vorher ins Krankenhaus fahren. Es ist halt schwer zu erreichen und deshalb kommt es in dieser Gegend sehr häufig zu Hausgeburten." „Waren sie schon bei so etwas dabei?"

Der Mann gluckste. „Oh ja. Ich bin hier seit über dreißig Jahren der einzige Arzt in der Umgebung. Ich kann zwar nicht mit modernen Schnickschnack angeben, aber ich denke meine Arbeit ist ganz passabel." Draco nickte wieder und Smith ging zur Haustür. „Wenn noch etwas sein sollte, rufen sie ruhig wieder an. Jederzeit. Ansonsten komme ich nochmal in drei Tagen und sehe nach, ob alles in Ordnung ist mit Mutter und Kind." „Danke." erwiderte Draco und blieb in der Tür stehen. Smith wank mit der Hand ab, während er zu seinem Wagen ging. „Kein Thema. Immer wieder gerne."

Draco schloss nachdenklich die Haustür und lehnte sich einige Sekunden dagegen. Daran hatte er gar nicht gedacht. Wieso hatte er daran nicht gedacht? Er hatte alles geplant. Jedes kleinste Detail. Nur die Geburt hatte er total außeracht gelassen. Wie konnte er so dumm sein und das vergessen? Er fuhr sich über die Stirn, bevor er entschlossen die Treppe nach oben ging und vorsichtig Grangers Zimmer betrat. Sie schlief tief eingekuschelt in ihre Kissen. Er stellte das Medikament auf ihr Nachtkästchen und setzte sich selbst in den Sessel. Er hätte den verdammten Keller besser absichern müssen. Er hätte ihn magisch verriegeln sollen.

Draco schüttelte innerlich den Kopf. Nein, er hätte es ihr nur erzählen müssen. Wenn er es vorsichtig erklärt hätte, dann hätte sie sich nicht so aufgeregt. Dann wäre es nicht heute zu diesem Drama gekommen. Es war wirklich blanke Angst gewesen die ihn gefasst hatte, als sie zusammenbrach. Angst und Panik um das Baby, aber auch um Granger. Er wusste nicht einmal wieso. Irgendetwas hatte sich verändert. Bereits in dieser verdammten Nacht, hatte sie mit ihm irgendetwas angestellt. Als er dann endlich kapiert hatte was mit ihr los war, schien sein Leben komplett zerstört zu sein. Er war wütend gewesen. Wütend auf Granger, der er alle Schuld am Anfang gegeben hatte. Wütend auf sich selbst, dass er so dumm gewesen war und ein Schlammblut geschwängert hatte.

Aber gleichzeitig wurde ihm auch bewusst, dass er nicht zulassen konnte, dass diesem Kind etwas passierte. Er wollte kein Blut an seinen Händen haben. Nicht einmal das eines ungeborenen Kindes. Deshalb dieser Plan. Deshalb das ständige überwachen von Granger. In seiner Überlegung kam er wieder auf den Tod ihrer Eltern. Wann hätte er es ihr denn sagen sollen? Bevor er sie hierher gebracht hatte? Nein, auf gar keinen Fall. In den letzten Wochen hatten sie sich ständig angefaucht, gestritten und ignoriert. Hätte er nebenbei erwähnen sollen, dass ihre Eltern bereits nicht mehr unter den Lebenden weilten? Spottend einwerfen sollen, während sie das für und wider debattierten? Es gab wohlmöglich nie einen passenden Zeitpunkt.

Er lehnte sich erschöpft in dem Sessel zurück und seufzte schwerfällig. Wo zum Geier war er da nur hineingeraten? Wann hatte das Schicksal entschieden ihn so auf die Probe zu stellen? Er würde es wohl nie erfahren. Müde döste er vor sich hin und wachte erst am späten Nachmittag auf als Hermine im Schlaf unruhig wurde. Besorgt setzte er sich zu ihr aufs Bett und strich ihr beruhigend über die Arme und die Wangen. Tränende braune Augen sahen zu ihm auf und Dracos Stimme war leise: „Ruhig. Du bist in Sicherheit. Du hast nur geträumt." Sie schüttelte leicht den Kopf: „Nein. Nein es war kein Traum." Draco presste stumm die Lippen zusammen. Was sollte er dazu sagen? Er konnte mit so etwas nicht umgehen. Er war unfähig in solchen Dingen.

Er räusperte sich: „Der Arzt hat etwas dagelassen zur Beruhigung." Fahrig griff er nach dem Mittel, um es wie zum Beweis zu zeigen. „Er sagt es ist alles in Ordnung und kommt nochmal um nach dir... ähm euch zu sehen." Granger setzte sich etwas im Bett auf und nickte leicht. „Ja ich weiß. Er hat davon gesprochen. Er scheint recht nett zu sein." Er stellte das Mittel zurück: „Ja das ist er... für einen Muggel." Sie schwiegen eine ganze Weile bis Hermine leise fragte: „Wieso hast du es mir nicht gesagt?" Draco atmete tief ein: „Ich weiß es nicht. Ich wusste nicht wie und... ich hielt es so für das Beste." „Wo sind sie jetzt?" fragte die Brünette der Decke zu gewandt. Draco schüttelte stumm den Kopf und Hermine sah ihn an schweigsam fragend an. „Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Die Todesser lassen ziemlich schnell die..." Er brach ab und räusperte sich erneut „Sie lassen die Opfer schnell verschwinden."

„Verstehe." hauchte Hermine und Draco sah sich unschlüssig im Zimmer um. „Ich glaube ich werde dir was zum Trinken holen und..." fing er an zu erklären und wollte aufstehen als sie nach seiner Hand griff. Die beiden sahen sich kurz in die Augen, bevor Granger ihren Blick senkte und ihre Hand so schnell sie sie nach ihm ausgestreckt hat, wieder eilig zurückzog. Ihre Stimme war brüchig. „Ich will jetzt nicht alleine sein. Bitte..." Sie holte Luft und sah auf: „Kannst du hierbleiben, bei mir? Bitte." „Okay." „Okay?" wiederholte Hermine unsicher und er nickte: „Ja okay. Ich bleib bei dir." erwiderte Draco.

Sie rutschte etwas zur Seite und Draco setzte sich neben sie. Er zögerte bevor er sie sacht in seine Arme zog und ihr leicht über den Rücken fuhr. Er merkte, dass sie sich anspannte. Das sie beinahe unbeholfen wirkte und seine Stimme war sanft: „Du kannst ruhig weinen Granger. Ich werde es auch keinen erzählen, wenn du es wünscht." Sie schluchzte erstickt. Es klang fast wie ein halbes Lachen. Es würde eine halbe Stunde dauern bis sie wirklich weinte und Draco beruhigend auf sie einreden würde. Und eine weitere Stunde würde vergehen bis sie aus Erschöpfung wieder einschlief.

Draco wich ihr nicht von der Seite. Keinen Zentimeter. Kein Auge konnte er zumachen, während sie so neben ihn lag und ruhig und gleichmäßig atmete. Irgendetwas hatte sie damals bei ihm verändert und er konnte bis heute nicht sagen was es war. Er musterte sie aufmerksam und seine grauen Augen blieben an ihrem Bauch hängen. Eigentlich war es immer noch unvorstellbar, dass das da sein Kind war. Da drinnen seine Tochter oder sein Sohn heranwuchs. Das war verrückt. Verrückt und gefährlich zugleich. Er hatte es gemieden darüber nachzudenken. Die beste Lösung war das Kind soweit wie möglich aus der magischen Welt wegzubringen. Es würde in Sicherheit sein und wenn es alt genug war die Einladung aus Hogwarts bekommen. Irgendwann... Zumindest wenn der Krieg zu Ende war und Potter siegte. Vielleicht würde er es dann irgendwann wieder sehen.

In der Zwischenzeit würde es in einer normalen intakten Familie aufwachsen. Einer Muggelfamilie, der einzige Dorn in Dracos Plan. Aber immerhin hätte es die Chance auf ein normales Leben. Eine glückliche und sichere Kindheit. So schlecht konnten Muggeleltern nicht sein, immerhin hatte sich ja Granger auch gut entwickelt. Draco zögerte als er merkte das sich seine Hand beinahe wie von selbst regte. Er hatte so nahen Kontakt zu Granger gemieden bis heute im Keller. Es trat das hatte sie selbst erzählt. Es war schon komisch sich vorzustellen, dass dort Leben heranwuchs, obwohl man es deutlich sah. Aber es zu spüren musste unbeschreiblich sein. Draco hielt kurz die Luft an als er vorsichtig seine Hand auf Hermines Bauch legte.

Er konzentrierte sich darauf und wollte seine Hand zurückziehen als er eine leichte Bewegung wahrnahm. Doch Grangers Hand legte sich augenblicklich auf seine und verhinderte, dass er sie wegzog. „Nicht. Es spürt es. Kannst du es fühlen?" Ihre Stimme war so leise, weshalb Draco auch flüsterte: „Ja ich fühl es." Sie legte seine Hand etwas anders auf ihren gewölbten Bauch und er konnte deutlich die Bewegung fühlen. Er lachte kurz auf: „Ich fühl es. Ich fühl es deutlich. Es scheint alles in Ordnung zu sein. Es geht dem Kind gut." „Natürlich. Du sorgst doch dafür."

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