Kapitel 6

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Ein kleines Mädchen, vielleicht drei oder vier Jahre, lief vor Hermine her. Ihr Lachen klang wundervoll und Hermine sah zu wie ihre blonden Locken auf und ab wippten während sie so vor ihr her lief. Als sich die Kleine zu Hermine drehte und ihr süßer Schmollmund sie breit lachend ansah, bildete sich auf Hermines Lippen ebenfalls ein Lächeln. Die großen braunen Kinderaugen leuchteten vor Freude und es wurde warm um Hermines Herz. Doch plötzlich erlosch dieses Wärme, das Leuchten und auch das Lachen von dem kleinen Blonden Mädchen. Sie ging weiter, aber Hermine konnte ihr nicht mehr folgen. Sie versuchte es, doch es klappte einfach nicht. Es war Einsamkeit die Hermine zu verschlucken drohte.


Schweißgebadet wachte sie auf und fuhr sich schwer atmend durch die Haare. Seit einigen Tagen wurde sie von diesem Traum geplagt. Es war die Angst, die Hermine hatte seit dem sie hier in diesem Haus war. Angst davor was passieren würde wenn Malfoy ihr wirklich das Kind wegnahm. Sie konnte das nicht zulassen. Es ging einfach nicht. Sie würde daran zerbrechen. Es machte es nicht gerade besser, dass sie entweder ständig sich anfauchten oder gar nicht miteinander redeten, wenn er mal hier war. Meistens war er nicht da, kam nur kurz hereingeschneit und verschwand dann wieder. Das hasste sie am meistens. Die Tatsache, dass er wusste was draußen vor sich ging, während sie hier festsaß und keine Ahnung hatte was in England passierte.

Sie umklammerte ihren Bauch, der jetzt langsam immer größer wurde. Meistens lief sie in Jogginghosen umher, weil sie ihre alten Hosen nicht mehr schließen konnte. Sie strich mit Bedacht über den kleinen Bauch und unterdrückte die Tränen, die nur darauf warteten geweint zu werden. Sie wollte ihr Kind nicht verlieren und es nicht hergeben. Es war seltsam, in ihren Vorstellungen war es immer ein Mädchen. Ein kleines blondes Mädchen. Vielleicht könnte man das Geschlecht schon bestimmen, wenn dieser idiotische Todesser Hermine wenigstens zur Untersuchung gehen lassen würde. Sie zuckte zusammen als sie unten ein Geräusch hörte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es gerade mal vier Uhr morgens war.

Sie ging leise hinunter und war verwundert, dass er tatsächlich gekommen war. Er hatte gesagt, dass er dieses Mal mindestens vier Tage wegbliebe. Sie schritt wortlos über die Schwelle in die Küche und er sah nur kurz auf, während er neue Lebensmittel in die Schränke einräumte. „Wieso bist du wach?" „Schlecht geträumt." erwiderte sie leise. Er nickte still bevor er auf den Küchentisch deutete: „Ich hab dir ein paar Klamotten besorgt." Sie runzelte die Stirn und er rollte leicht mit den Augen: „Schau nicht so. Du kannst ja schlecht bis zur Geburt mit deinen zwei Jogginghosen rumlaufen, oder?" Hermine ging zögerlich auf den Tisch zu und griff nach der Kleidung. Hosen und Oberteile lagen feinsäuberlich zusammengelegt da. An ihnen hangen noch Preisschilder, weshalb sie wusste, dass sie aus einem Muggelladen stammten.

Sie hob vorsichtig ein dunkelrotes Oberteil hoch und musterte es. „Wenn es nicht passt, können wir es umtauschen. Aber ich denke ich hab deine Größe ganz gut eingeschätzt." Sie nickte leicht und ließ das Oberteil sinken. „Was ist? Geht es dir nicht gut?" hakte Draco nach und Hermine schüttelte stumm den Kopf. Er räumte weiter die Sachen ein und Hermine zögerte bevor sie sprach. „Draco?" Es fühlte sich richtig an, ihn mit dem Vornamen anzusprechen, wenn sie darüber reden wollte. Über ihr gemeinsames Dilemma. Sie merkte wie er zögerte, bevor er fragte: „Was?" Sie holte tief Luft: „Bitte nimm es mir nicht weg." Er seufzte genervt: „Granger." Sie wandte sich zu ihm und er hielt immer noch eine Schachtel in der Hand. „Du kannst das nicht machen." „Ich diskutiere das nicht mit dir." sagte er schlicht und räumte weiter ein.

Sie ging auf ihn zu: „Aber das ist mein Kind. Ich spüre jeden Tag wie es wächst und..." Ihr Gehirn lief auf Hochtouren während Draco gestresst eine Schublade zuschob. „Ich verlasse das Land. Ich geh ganz weit weg und werde nie wieder kommen. Du musst nichts tun, mich nur gehen lassen." „Darum geht es nicht." äußerte er sich scharf. „Ich werde mich verstecken und England nie wieder betreten. Ich schwör..." Sie brach ab als er dicht bei ihr stehen blieb und ihr unters Kinn fasste: „Darum geht es nicht." betonte er langsam jedes Wort erneut. „Verstehst du das nicht. Es ist besser so. Für uns alle." Sie merkte wie einzelne Tränen ihr über die Wangen rollten. Draco musterte sie neugierig, beinahe fasziniert. Ähnlich wie damals in Hogwarts, in dieser einen Nacht. „Hör auf damit." hauchte er fast „Und mach es dir nicht unnötig schwer." fügte er hinzu, ließ sie los und verließ die Küche.

Sie sah ihm aufgebracht nach. Schwer machen? Er verstand es nicht was sie fühlte, was sie spürte. Jeden Tag. Sie nahm war wie das Kind in ihr wuchs. Wie dieses Leben in ihr größer wurde. Wie lange würde es wohl dauern, bis sie die Bewegungen des Kindes wahrnehmen konnte? Er hatte diese Bindung zu diesem Kind nicht und wollte sie auch nicht. Hermine war sich sicher, dass er die Nacht am liebsten rückgängig machen würde. Doch das konnte er ebenso wenig wie sie. Aber diese dumme Idee, dass das Kind bei wem anders sicherer wäre. Sie war die Mutter. Sie würde ihr Kind zu verteidigen wissen. Sie würde es beschützen und großziehen. Es lieben und pflegen. Sie zitterte, als sie ihre Mitte wieder umfasste „Ich lasse es nicht zu. Hörst du? Ich lasse es nicht zu, dass er dich mir wegnimmt." murmelte sie leise zu ihrem Baby.


Im Laufe des Tages, brachte Malfoy ihr einen Brief und ein kleines Päckchen. Hermine erkannte Ginnys Handschrift sofort und riss eilig den Brief auf, während der Blonde wieder den Raum verließ.

Hermine,
ich hoffe dir geht es den Umständen entsprechend gut und du bist in Sicherheit.
Scrimgeour war an Harrys Geburtstag da und hat das Testament von Dumbledore eröffnet. Er hat dir auch etwas vermacht. Ein Exemplar der Märchen von Beedle dem Barden. Ich kann dir leider nicht mehr schreiben und hoffe einfach das wir uns bald wieder sehen. Ich hoffe wirklich, dass es dir gut geht. Wir sind in Gedanken bei dir.
Liebe Grüße
Ginny

Verwirrt huschten Hermines Augen immer wieder über das Pergament. Den Umständen entsprechend.... Hermine bezweifelte das Ginny ihre Schwangerschaft meinte. Welche Umstände? Sie verstand es nicht. Nachdenklich legte sie den Brief zur Seite und öffnete die kleine Schachtel. Das kleine Buch sah uralt aus und der Einband hatte anscheinend schon bessere Tage erlebt. Doch mit wenigen Blicken wurde ihr klar, dass es sich hierbei um eine Erstausgabe handeln musste. Es war ein wertvolles Buch, wobei Hermine jedes Buch als wertvoll ansah. Sie drückte das Buch an ihre Brust und stutzte plötzlich. Hastig nahm sie den Brief wieder und las erneut. Scrimgeour war an Harrys Geburtstag da... Geburtstag?

Sie rannte regelrecht nach unten und passte Malfoy ab, bevor dieser wieder in seinen vermaledeiten Keller verschwand. Wie so häufig wenn er da war. Sie wollte gar nicht wissen was er da unten trieb. „Wie lange hast du den Brief schon?" „Was?" fragte er überrumpelt und Hermines Stimme bebte vor Wut: „Wie lange hast du den Brief von Ginny schon?" „Wieso ist das wichtig?" fuhr er sie an. „Du hattest ihn schon bevor wir hier her sind. Oder?" sagte sie ärgerlich und Malfoy sagte nichts. „Ist es nicht so Malfoy? Du hattest ihn schon bevor wir uns über den Weg gelaufen sind." „Was spielt es für eine Rolle?" Sie schnappte nach Luft: „Du kannst nicht einfach meine Post unterschlagen! Das ist verboten!" Er sah sie gelangweilt an und das brachte Hermine fast zum Platzen: „DU KANNST NICHT EINFACH TUN WAS DIR GEFÄLLT!"

„Falls es dir noch nicht aufgefallen ist Granger, mach ich das schon immer." erklärte er gelassen und Hermine boxte ihn: „Das darfst du nicht." „Ich tu's aber." spöttelte er. „Du klaust meine Post, du verschleppst mich und sperrst mich ein... das ist strafbar!" rief sie aufgebracht und er grinste schief: „Dann geh dich beschweren Granger. Ruf die Auroren oder noch besser geh ins Ministerium und stelle eine Anzeige." Hermine presste wütend die Lippen zusammen und Draco wirkte amüsiert: „Richtig das geht ja nicht. Blöd gelaufen Granger." „Du bist ein Arschloch!" „Ich sehe das anders." erwiderte er gelassen. „Ach ja?!" „Ja." „ ACH JA?!" „Du solltest mir danken. Ja ehrlich. Auf Knien solltest du mir danken."

Ihre Augen verengten sich: „DANKEN?! Was, hierfür?! Hierfür soll ich dir danken? Das du mich einsperrst wie ein dummes Tier. Völlig Isoliert. Dafür soll ich dir danken? Ich soll mich wahrscheinlich auch noch freuen, dass du mir mein Kind entreißen willst." „Unser Kind." unterbrach er sie. „NEIN! MEIN KIND MALFOY! MEINS GANZ ALLEIN!" schrie Hermine und ihr Hals brannte. „Mein Kind. Dir ist das alles egal. Hauptsache es ist weg und du musst dich damit nicht rumschlagen." „Granger!" „Nein. Ich sag das jetzt. Wenn es dir wichtig wäre... wenn dir wirklich etwas an dem Kind liegen würde, dann würdest du es nicht wegbringen, weiß der Kuckuck wohin." Er packte sie grob am Oberarm: „Gerade deshalb bring ich es weg. Ich hab dir schon einmal die Gründe dafür erklärt."

Sie befreite sich ruckartig von ihm und funkelte ihn weiterhin zornig an: „Das ist nur eine dumme Ausrede Malfoy. Nichts weiter." „Ich sag dir mal was Granger, wenn ich dich nicht an dem Tag aufgegabelt hätte, dann würdest du jetzt die Blumen von unten ansehen." Hermine schnaubte verächtlich. „Weil sie dich suchen. Weil du ganz oben auf ihrer Abschussliste stehst. Weil du Potters kleine Schlammblutfreundin bist." Sie wollte ausholen und ihm eine kleben, er umfasste mit festem Griff ihr Handgelenk und hielt sie davon ab. Tränen der Wut stiegen in ihre Augen und sie entriss ihm erneut ihre Hand. „Ist es nicht so?" fragte er kalt und sie drehte sich auf dem Absatz um und ging in ihr Zimmer.

Forced luckWo Geschichten leben. Entdecke jetzt