Kapitel 20

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Es war ein ungutes Gefühl das ihn erfasste, als er dem Haus näher kam und er kein Licht brennen sah. Als Draco die Veranda erkannte rannte er panisch darauf zu. Die Haustür war aus den Angeln gerissen. Sein Atem ging schnell. Wieso zum Teufel war es so still? Wieso war es so still? Er rannte angsterfüllt die unteren Zimmer ab und rief nach Hermine. Er bekam keine Antwort. Als er die Treppe nach oben lief, nahm er mehrere Stufen auf einmal. Sein Herz setzte aus, als er die kaputte Zimmertür von Scorpius sah. Das Zimmer war verwüstet, doch er sah seinen Sohn nirgends. Er fuhr sich hektisch durch die Haare und wollte schon wieder nach unten rennen um Hilfe zu holen, als eine leblose Hand in sein Blickfeld geriet. Er sprang über die umgestürzte Kommode. „Nein, nein, nein. Bitte." Er kam kniend bei Hermine an, sie bewegte sich nicht. Seine Hände zitterten, als er sie berührte. Sie wies keine äußerlichen Verletzungen auf. „Hermine, bitte..." Ihr Körper war kalt. „Bitte lass mich nicht alleine." Es konnte nicht so enden. Es durfte nicht so enden: „Hermine!"

Sein Herz raste immer noch, als er die Augen aufschlug und Draco hatte für wenige Sekunden keine Orientierung wo er war. Eine sanfte Hand berührte ihn an der Wange und warme braune Augen schoben sich in sein Blickfeld. „Du hast nur geträumt Draco. Du hast nur geträumt." sagte Hermine leise und Draco flüsterte ihren Namen bevor er nach ihrer Hand griff. Es war wirklich nur ein Traum. Ein böser Albtraum. Es ging ihr gut. Sie waren alle in Sicherheit. „Alles in Ordnung?" fragte Hermine besorgt und Draco fuhr sich kurz mit der Hand übers Gesicht: „Ja. Ja es war nur eine dumme Träumerei." Er zog sie vorsichtig in seine Arme und küsste sie leicht auf die Stirn.

Wieso musste er ausgerechnet heute so etwas träumen? Jetzt wo endlich alles besser wurde. Er endlich alles hatte was er wollte. Oder zumindest fast alles, auch wenn es nicht geplant war. Geplant war, dass er Scorpius nach seiner Geburt wegbrachte. Hermine versorgte und sich ihre Wege irgendwann wieder trennten. Doch jetzt war Scorpius bei ihm und Hermine auch. Sie waren eine Familie, hatten ein Haus und sogar schon viele neue Freunde gefunden. Es war definitiv nicht das Leben was sie sich vorgestellt hatten, keiner von ihnen, aber Draco mochte es. Liebte es mit jedem Tag ein wenig mehr.

Sein Vater würde im Dreieck umherspringen wenn er wüsste, dass er sich fast wie ein Muggel benahm und kaum Magie benutzte. Er würde ihn wahrscheinlich enterben wenn er rausfinden würde, was Draco seit einigen Wochen mit Hermine trieb und er würde tot umfallen wenn er von Scorpius erfahren würde. Seit dem Kuss nach ihrer Farbschlacht hatte sich ihr Verhältnis mehr als verändert. Sie gifteten sich hin und wieder noch an. Veräppelten sich an manchen Tagen und doch waren sie irgendwie zusammen. Ein Paar und irgendwie auch nicht. Es fehlte etwas. Etwas was Draco einfach nicht über die Lippen wollte. Er hatte es noch nie einem Mädchen gesagt und wusste trotzdem, wenn er es einmal aussprechen würde dann konnte man es nicht einfach zurücknehmen.

Also sagte er nichts. Hermine schien es nicht zu fordern. Als wüsste sie, dass er es nicht konnte. Als würde sie es verstehen. Draco strich ihr beruhigend über den Rücken, während ihr regelmäßiger Atem ganz sacht seinen Hals streifte. Er lächelte leicht in sich hinein. Das Gästezimmer hätten sie sich sparen können. Sie schliefen schon lange nicht mehr getrennt und würden es wohl auch so schnell nicht mehr. Zumindest hoffte er das. Er entspannte sich und schloss die Augen wieder. Er konnte noch ein wenig schlafen bis es morgen werden würde.

Der Morgen selbst brach wie üblich an. Während Scorpius noch ein oder vielleicht sogar zwei Stunden schlafen würde, machten er und Hermine Frühstück. Heute war Draco damit dran und während er nach Salz und Pfeffer griff, um die Rühreier zu würzen, griff Hermine zielsicher nach Besteck und Tellern, um sie auf den kleinen Küchentisch zu stellen. Das Esszimmer benutzten sie hierfür nie. Hermine sah ihm über die Ablage gelehnt beim Kochen zu und Draco grinste: „Was? Hast du immer noch Angst, ich könnte dich ausversehen vergiften?" „Nein, deine Eier sind wirklich deliziös." „Also das hat noch nie jemand zu meinen Eier gesagt. Aber ich nehme das Kompliment dankend an." erwiderte er und küsste Hermine leicht auf die Lippen, bevor er die Eier auf die Teller gab.

Sie sahen hoch, als es krachte und Hermine verdrehte die Augen. „Die Zeitung ist da." Draco lachte leise: „Also dieses Blatt sollte unbedingt über eine neue Eule nachdenken. Überleg mal wenn sie das bei jedem Haus so macht." „Das arme Ding hat bestimmt schon lauter Gehirnerschütterungen." antwortete Hermine und holte die Zeitung. Den Propheten konnte man zwar ins Ausland liefern lassen, doch beide waren sich einig, dass das einfach zu gefährlich war. Somit mussten sie sich mit dem hiesigen Zeitungsblatt zufrieden geben. Wobei Hermine schon mit dem Gedanken gespielt hatte, eine der regionalen Zeitungen anzufordern.

Draco griff nach dem Brot, während Hermine sich an der weißen Küchenzeile anlehnte und die Zeitung entfaltete. „Erst essen dann lesen. Ich dachte das wäre ausgemacht. Wenn ich das nicht darf, darfst du das auch nicht." „Ich will doch nur sehen, ob etwas über England drinnen steht." murmelte Hermine leise und Draco rollte mit den Augen: „Das gleiche habe ich vor drei Tagen auch gesagt." Er schreckte zusammen, als Hermine ein lautes „Du meine Güte." ausrief. „Was?" hakte Draco nach und sprang auf. „Er... Er ist tot." „Tot? Wer ist tot?" fragte Draco und war mit zwei Schritten bei Hermine. Die Schlagzeile lautete: Entscheidende Schlacht in Hogwarts, bringt Ende der Konflikte in England. Darunter war zu lesen: Viele Tote und Verletzte. Zahlen noch unklar. Hermine las laut vor, während Draco stumm mitlas.

Kingsley Shacklebolt einstweiliger ernannter Englischer Zaubereiminister, hat gestern Nachmittag nach Englischer Zeit, eine Pressekonferenz einberufen um der restlichen magischen Welt mitzuteilen, dass Du-weißt-schon-wer endgültig vernichtet wurde (Nähere Einzelheiten dazu, in der heutigen Abendausgabe). Dies sei Harry Potter, dem sogenannten Auserwählten zu verdanken, der bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Erklärung abgegeben hat. Shacklebolt äußerte sich zu diesem Thema nur kurz. „Wir bitten sie, Mr. Potter Zeit zum Verschnaufen zu lassen. Der junge Mann hat sich eine kleine Pause verdient." Vor allem ging es in der Erklärung an die Öffentlichkeit darum, dass einige Todesser noch auf der Flucht sind und mit verschiedenen staatlichen Organisationen verfolgt werden. Im Weiteren versicherte der neue Zaubereiminister, dass jeder Todesserfall aufs Genauste untersucht werden würde. Shacklebolt hofft das viele der Flüchtlinge wieder nach England zurückkehren, damit getrennte Familien und Freunde wieder zusammen finden. „Nur gemeinsam können wir wieder alles aufbauen und versuchen ein geordnetes Leben herzustellen."

Hermine sah auf und Draco atmete tief ein und aus. „Es ist vorbei Draco." „Scheint so." Hermine schüttelte leicht den Kopf: „Was sollen wir jetzt tun?" Draco überlegte. Es fühlte sich unwirklich an. Kaum realisierbar. „Ich würde sagen, schreib Potter. Schreib ihm wo du bist" Hermine nickte leicht: „Ja. Ja das ist eine gute Idee." Sie fuhr sich an die Stirn. „Meine Güte, es ist wirklich vorbei. Ich kann es nicht glauben." Er lächelte milde: „Du hast doch gesagt, dass Potter das hinbekommt. Schon vergessen?" Sie grinste zurück und Draco behielt seine Bedenken zurück. ...Jeder Todesserfall aufs Genauste untersucht werden würde... Nun, sein Fall würde wohl auch untersucht werden. Immerhin war er ein Todesser. Es würde keine Rolle spielen, dass er mit Hermine ein Kind hatte und so etwas wie eine Beziehung mit ihr führte. Es würde nur darum gehen, was er in seinem sechsten Schuljahr angestellt hatte.




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Harry legte den Brief neben sich aufs Bett, bevor er seufzte und müde sich durch die Haare fuhr. Es war vorbei. Sie hatten es geschafft. Er hatte endlich Ruhe, mehr oder weniger. Die Presse riss sich förmlich um ihn. Aber das war ihm gleichgültig. Es war Erleichterung die ihn durchströmte. Der ganze Albtraum war endlich vorbei und die Verluste hoch genug. Er war inzwischen mit der Familie Weasley in Sirius alten Haus untergekommen. Der Fuchsbau musste erst wieder in Ordnung gebracht werden.

Harry seufzte, als er aufstand und ganz langsam hinunter zur Küche ging. Viele bekannte Gesichter sahen ihn freundlich an. Strahlten direkt. Es war Zeit etwas loszuwerden. „Ihr solltet euch setzen." Es war Zeit über den Brief zu reden, der heute Morgen eingetrudelt war. „Was ist los?" fragte Ginny besorgt und Harry fuhr sich erneut durch die Haare: „Es geht um Hermine." Es war Zeit ihnen zu erzählen was in dem Brief stand, der jetzt oben auf seinem Bett lag.




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Lieber Harry,
ich habe heute in der Zeitung über deinen Sieg gegen Voldemort erfahren. Ich bin so stolz auf dich. Auf euch beide, dich und Ron. Ich hoffe es geht euch allen gut und unseren Freunden. Ich hab mich nicht getraut früher zu schreiben, das Risiko entdeckt zu werden erschien mir zu groß. Doch jetzt, nachdem endlich alles vorbei ist, schreibe ich umso lieber und doch mit ein wenig Angst. Denn ich habe euch nicht die ganze Wahrheit erzählt. Ich habe euch an dem Tag, an dem wir uns verabschiedet haben nicht die Wahrheit gesagt und weiß eigentlich auch nicht wo ich damit anfangen soll.

Weshalb ich es einfach kurz mache. Ich befinde mich momentan in Amerika, in dem Bundesstaat Vermont. Die genaue Adresse findest du auf der Rückseite des Briefes. Doch ich bin dort nicht alleine. Bei mir sind mein kleiner Sohn Scorpius und sein Vater. Dies ist der Punkt, wo es schwer wird. Doch ich bitte dich, dass du diesen Brief zuerst zu Ende liest, bevor du ihn vernichtest, wenn dir danach ist. Scorpius Vater ist Draco Malfoy. Es tut mir leid, dass ich es euch nicht von Anfang an gesagt habe, aber ich wusste nicht wie. Wie sollte ich etwas erklären, was ich selbst noch nicht verstand? Wie sollte ich erklären, dass ich von deinem still erklärten Feind ein Kind erwarte? Es war einfach zu verrückt.

Bevor du auf schlimme Gedanken kommst Harry, will ich dir versichern das nichts gegen meinen Willen geschehen ist. Im Weiteren verdankt mein Sohn und ich unsere Leben Draco. Er hat uns gerettet, beschützt und uns sicher aus dem Land gebracht. Er ist kein schlechter Mensch Harry. Du würdest es mir nicht glauben, wenn ich es dir schreiben würde. Du müsstest es mit eigenen Augen sehen. Und das ist der Grund weshalb ich dir auch schreibe. Wir wollen dieses Land nicht verlassen, wenn wir nicht absolut sicher sein können, dass es sicher ist. Vor allem für Scorpius.

Ich weiß, es ist eine Frechheit dich nach diesem Brief noch nach etwas zu bitten, besonders weil ich euch bei der Suche nach den Horkurxen so im Stich gelassen habe. Aber ich hoffe, dass unsere Freundschaft stark genug ist, um das zu überstehen und das du mir verzeihen kannst, dass ich dich belogen habe. Wartend auf Antwort verbleibe ich mit den besten Grüßen an dich und alle anderen.

Hermine

Forced luckWo Geschichten leben. Entdecke jetzt